Staatskassenverwaltung. 751
C. vom 1. Juli 1852 und vom 13. Juni 1858 die Haute cour de justice; das
Prinzip der politischen Spezialgerichtshöfe war, in Uebereinstimmung mit der Praxis
der Französischen Revolutionsperiode, durch die StrafP O. von 1808 gewahrt worden.
(Ueber die Bestimmungen des älteren Französischen Verfahrens sf. Held, Art. S.
im Staatslex. XIII. S. 594.) Die neuere staatsrechtliche und prozessualische Doktrin
bekämpft den Bestand des S., soweit als es sich nicht etwa um Aburtheilung von
Ministeranklagen handelt, und erkennt eine Ausnahmejustiz über Verbrechen der
Unterthanen nur im Kriegs= und Belagerungszustande als gerechtfertigt an.
Lit.: Ilse, Gesch. der polit. Untersuchungen, welche durch die neben der Bundesver-
sammlung errichteten Kommissionen zu Mainz und zu Frankfurt 1819—27 und 1833—42
eführt worden sind, 1860. — Buchner, Das Französische Revolutionstribunal und das
Peschworenengericht, 1854. — Béranger, De la répression pénale, I. 82 ss. (1855). —
Gneist, Heutiges Engl. Verfassungs= und Verwaltungsrecht, I. 486. — Kaltenborn, Die
Volksvertretung und die Heseßung der Gerichte, besonders des S., 1864. — Außerdem die
von Ministerverantwortlichkeit handelnden Schriften. v. Holtzendorff.
Staatskassenverwaltung. Das Kassen= und Rechnungswesen des Staates
umfaßt hauptsächlich diejenigen Einrichtungen und Grundsätze, welche die Erhebung,
Aufbewahrung und Verausgabung der Staatsgelder regeln. Die Zielpunkte desselben
find: Ordnung, Sicherheit, Klarheit, — um dem Leiter der Finanzverwaltung sowol,
wie dem Volke und dessen Vertretung die Uebersicht über seine Mittel und die
Möglichkeit zu gewähren, zwischen den natürlichen Hülfsquellen und den Ausgaben
die Harmonie aufrecht zu erhalten und um die richtige Erhebung und Verwendung
der Gelder zu kontroliren. — Bei der Betrachtung des Kassen= und Rechnungs-
wesens des Staates thut man wohl, sich diese allgemeinen Prinzipien, denen dasselbe
dient, von Anfang an vor Augen zu halten. Die bei den Juristen und den Ver-
waltungsbeamten gleich wenig beliebte Beschäftigung mit dem Detail desselben hat
allerdings beim Beginn für die Meisten etwas Abstoßendes, und die Anwendung
seiner Formen und Regeln im täglichen Geschäftsverkehr wird vielfach als etwas
Hemmendes und Belästigendes empfunden. Und dennoch bildet die strenge Hand-
habung desselben die erste und in einem entwickelten Staatswesen die nothwendigste
Bedingung der Verwaltung und eines gesunden Staatslebens überhaupt. Manches
Auffallende in der seit 1870 tiefbewegten Verwaltung Frankreichs wird sich aus
seinem etwas komplizirten und formalistischen, im Ganzen aber musterhaft eingerich-
teten Rechnungswesen (comptabilité) erklären lassen.
Die S. (im engeren Sinne), deren Grundzüge hier kurz dargestellt werden
sollen, bildet nur ein bestimmtes Glied in dem gesammten staatlichen Rechnungswesen.
Vergegenwärtigt man sich die Formen, in denen sich die Finanzwirthschaft des
modernen Staates bewegt, so ergeben sich für dieselbe drei wesentlich zu unterschei-
dende Stufen: erstens, die Aufstellung und gesetzliche Feststellung des Etats, d. h.
des Generalplanes, nach welchem die Finanzwirthschaft zu führen ist; zweitens,
die Ausführung des Etats und die Rechnungslegung über dieselbe; drittens, die
Prüfung und Feststellung, ob der Etat richtig und in Uebereinstimmung mit den
Gesetzen und Verwaltungsvorschriften geführt worden ist (Rechnungskontrole, Dechar-
girung). Die maßgebenden und mitwirkenden Organe sind auf der ersten Stufe die
legislativen Faktoren, auf der zweiten die exekutive Staatsverwaltung, vorzugsweise das
Finanzministerium, auf der dritten bestimmte Behörden (oberste Rechnungsbehörden),
welche theils selbständig zu entscheiden, theils die Verfügungen und Entscheidungen des
Staatsoberhauptes beziehentlich die Beschlüsse der Landesvertretung vorzubereiten haben.
Im Vorliegenden fassen wir vorzugsweise die zweite Stufe ins Auge, und zwar
nur denjenigen Zweig derselben, welcher die Geschäftsthätigkeit der „Kassen“ (technisch:
die Gebarung) zum Gegenstand hat. Zum Verständniß desselben gehören aber ge-
wisse Grundsätze, welche für das gesammte Staatsrechnungswesen von Bedeutung sind.
Andererseits hängt das Rechnungswesen und damit auch die Organisation und Ver-
waltung der Kassen auf das Innigste mit der jeweiligen Gestaltung der staats= und