Staatsschulden. 765
der Oberrechnungskammer in öffentlicher Sitzung des Oberverwaltungsgerichts (früher
des Obertribunals) unter Hinweisung auf seinen Amtseid, auf Erfüllung ihrer
besonderen Obliegenheiten verpflichtet; die Kommission wählt aus ihrer Mitte einen
Vorsitzenden und einen Stellvertreter, zur Beschlußfähigkeit gehört die Anwesenheit
von wenigstens vier Mitgliedern. Die Staatsschuldenkommission erhält von der
Hauptverwaltung der S. die Monats- und Jahresabschlüsse, und hat, so oft sie es
für angemessen erachtet, wenigstens aber einmal halbjährlich, außerordentliche Revisionen
vorzunehmen; sie ist befugt, über Alles, was den Bestand, die Verzinsung und
Tilgung der Staatsschuld betrifft, von der Hauptverwaltung Auskunft zu erfordern
und derselben ihre Bemerkungen und Ansichten zur Beschlußnahme mitzutheilen.
Bei dem regelmäßigen jährlichen Zusammentritt des Landtags erstattet die Staats-
schuldenkommission den beiden Häusern Bericht über ihre Thätigkeit, sowie über die
Ergebnisse der unter ihre Aufsicht gestellten Verwaltung des Staatsschuldenwesens
in dem verflossenen Jahre; mit diesem Berichte sind auch die Rechnungen der Staats-
schuldentilgungskasse, nachdem sie von der Oberrechnungskammer revidirt und fest-
gestellt, von der Staatsschuldenkommmission geprüft sind, zu überreichen. Die ein-
gelösten verzinslichen Staatsschuldendokumente werden jährlich nach erfolgtem Rechnungs-
abschlusse von der Staatsschuldenkommission und von der Hauptverwaltung der S.
in gemeinschaftlichen Verschluß genommen und nach ihren Littern, Nummern und
Geldbeträgen zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Sobald dann die betreffenden
Rechnungen von dem Landtage dechargirt sind, werden die eingelösten verzinslichen
Staatsschuldendokumente von Kommissarien der Staatsschuldenkommission und der
Hauptverwaltung der S. durch Feuer vernichtet. — 2) Was sodann die Verwaltung
des Bundes= resp. Reichsschuldenwesens betrifft, so war bereits vor Emanation des
Gesetzes vom 9. Novbr. 1867, durch welches die erste Bundesanleihe zu Marine=
und Küstenvertheidigungszwecken bewilligt wurde, dem Reichstag ein Gesetzentwurf
über die Verwaltung des Bundesschuldenwesens vorgelegt, darauf berechnet, für die
Verwaltung aller vom Bunde etwa aufzunehmenden Anleihen im Allgemeinen Vor-
sorge zu treffen, seinem Inhalte nach dem Preuß. Gesetze vom 24. Febr. 1850
durchaus nachgebildet. Die vom Reichstage neu hinzugefügte Bestimmung in Be-
treff der Verantwortlichkeit der Beamten der Bundesschuldenverwaltung, dahin lautend:
„Erheben sich gegen die Dechargirung Anstände oder finden sich sonst Mängel in
der Verwaltung des Bundesschuldenwesens, so können die daraus hergeleiteten An-
sprüche sowol vom Reichstage als auch vom Bundesrathe gegen die verantwortlichen
Beamten selbständig verfolgt werden. Der Reichstag kann nöthigenfalls mit der
gerichtlichen Geltendmachung die von ihm gewählten Mitglieder der Bundesschulden-
kommission beauftragen.“ — fand nicht die Zustimmung des Bundesraths, „deun
so gewiß jeder Beamte für die Erfüllung seiner Dienstpflicht verantwortlich und
durch Nachlässigkeit oder Treulosigkeit zur Entschädigung verpflichtet ist, so ist, wenn
der Entschädigungsanspruch dem Fiskus zusteht — und nur in solchen Fällen wird
von einem durch Bundesorgane zu verfolgenden Anspruche die Rede sein —, das
Klagerecht wie bei jeder andern dem Fiskus zustehenden Forderung allein von dem
verfassungsmäßigen Vertreter des Fiskus, also im vorliegenden Falle auf Grund
des Art. 17 der Bundesverfassung von dem Bundeskanzler, auszuüben.“ Diese
Differenz hat die Folge gehabt, daß es vorläufig zu einer allgemeinen gesetzlichen
Regelung des Bundesschuldenwesens nicht gelommen ist. Zur Ermöglichung der
inzwischen genehmigten Bundesanleihe ist das Gesetz vom 19. Juni 1868, betr. die
Verwaltung der nach Maßgabe des Gesetzes vom 9. Novbr. 1867 aufzunehmenden
Bundesanleihe, ergangen. Danach ist die Verwaltung dieser speziellen Anleihe bis
zum Erlaß eines definitiven Gesetzes über die Bundesschuldenverwaltung der Preußischen
Hauptverwaltung der S. nach Maßgabe des Gesetzes vom 24. Februar 1850 über-
tragen; die Verantwortlichkeit erstreckt sich — wie auch in den neueren Preuß.
Anleihegesetzen ausdrücklich gesagt ist — auch darauf, daß eine Konvertirung der