92 Portalis — Portopflichtigkeit.
Rechte noch angehört, mit der Modifikation jedoch, daß heutzutage anstatt der nach
Röm. Rechte jenen Schutz begründenden Eigenschaft eines Bürgers die eines Rechts-
subjektes genügt.
In England, wo der StrafPrz. auf dem Begriffe des allgemeinen Anklage-
rechtes beruht, können auch im Wege des Civ. Prz. durch jeden Bürger Geldstrafen
eingefordert werden, deren Betrag aber nur zum Theil als Belohnung dem Kläger
zufällt, so daß derselbe als Vertreter des Staates auftritt; die eigentlichen prätorischen
P. kehren dagegen in keinem modernen Rechte wieder.
Quellen: Lit. D. de popularibus actionib us 47, 23.
Lit.: Th. Mommsen, Die Stadtrechte der lttirischen Gemeinden Salpensa und
Malaca in der Provinz Bätica, in d. Abh. d. k. Sächs. Ges. d. W., 1855, S. 461 ff. —
Bruns, Ztschr. für Rechtsgeschichte, III. S. 841—415 (diese Arbeit ist insbesondere epoche-
machend für die Scheidung der jedem Bürger für sich zustehenden Popularklagen und der dem
einzelnen Bürger anvertrauten Einforderung einer dem populus geschuldeten Strafel —
Brinz, Pandekten, 2. Aufl., § 86. Hölder
Portalis, Jean Etienne Marie, 5 1. IV. 1746 zu Bausset im Departe-
ment Var, wurde 1765 Advokat zu Aix, ging nach Paris, wo er nach Ausbruch
der Revolution verhaftet und bis zum Sturz der Schreckensherrschaft in ein Deten-
tionshaus eingesperrt wurde. Dann trat er in Paris als Advokat auf, wurde Ab-
geordneter, nach der Revolution vom 18. Fructidor zur Deportation nach Guiana
verurtheilt, der er sich durch Flucht nach Deutschland entzog. Nachdem er nach
Frankreich zurückgekehrt, wurde er von Napoleon in die Kommission zur Abfassung
eines Civilgesetzbuches gewählt, erhielt 1801 Sitz im Staatsrathe, wurde 1803
Senator, 1804 Kultusminister, fast ganz erblindet 25. VIII. 1807 und wurde
im Pantheon beigesetzt.
Schriften: Discours, rapports et travaux inédits sur le code civil par vicomte
Frédér. Portalis, Par. 1844. — Sur le concordat de 1801, Par. 1845. — Sur la distinction
des deux puissances, 1771. — Consultation sur la validité des mariages des protestants
de France, 1771. — De FPusage et de Fabus de T’esprit philosophique durant le 18 me
Siecle, Par. 1820, 3. Aufl. 1833.
Lit.: Schloff er, Geschichte des 18. und as. Jahrh., 5. Aufl. 1865, Bd. VI. S. 379,
380. — St obbe, Rechtsquellen, II. 436 N. — Savigny, Beruf unserer Zeit, S. 61
bis 78. — Aubepin in der Revue bist. 15 p. 180—193. — Boullée, Essai sur la
vie, le caractère et les ouvrages de P., Par. 1859. — Fregier, Portalis philosophe
chrétien, 1861. — Eloge de J. E. M. Portalis par L. Lallement mém. Cour., Par.
1861. — Rodieère, Les grands jurisconsultes, 1874, p. 406, 408. — Schulte- Gepichte
III. a S. 655. — Friedberg, Grenzen, S. 516; Derselbe, Eheschließung, S
Mignet, Eloges historiques (2) 1864, p. 225—278 über den Sohn, comte oschle ##
Portalis 11778—18581. — Ebenso Le tribunal et la Cour de Cassation, 1829 144—147.
eichmann.
Portopflichtigkeit. 1) Der Begriff der P. ist einmal abzugrenzen gegenüber
dem Begriff der Portofreiheit, andererseits entgegenzustellen der Postpflichtigkeit (Post-
zwang) und dem Frankirungszwang. Unter Postpflichtigkeit ist diejenige Be-
schränkung der Handlungs= und Gewerbefreiheit zu verstehen, in Folge deren es ver-
boten, zur Beförderung gewisser Gegenstände — heute nur noch verschlossener Briefe
und öfter als einmal wöchentlich erscheinender politischer Zeitungen — sich einer an-
deren Gelegenheit als der Post zu bedienen (s. d. Art. Post); wer daher derartige
Gegenstände, abgesehen von außerordentlichen, in § 15 des Postgesetzes vorgesehenen
Fällen, anders als mit der Post befördert, macht sich einer Postdefraudation schuldig
(Postgesetz, § 27; s. d. Art. Poststrafrecht). Während die Postpflichtigkeit ein
im Gesetze, ist die Frankirungspflichtigkeit ein im Reglement ruhender
Begriff. Der Frankirungszwang besteht nach Deutschem Postrechte im inländischen
Verkehr für Postkarten, Drucksachen, Waarenproben, Postanweisungen, Postaufträge
und Cstafettesendungen. Hat die Verletzung der Postpflichtigkeit Strafe, so hat die
Nichtbeachtung des Frankirungszwanges lediglich Nichtbeförderung, bzw. Nicht-
annahme zur Folge. (Die häufigste Nichtbeachtung des Frankirungszwanges, die
schon zu vielen Unzuträglichkeiten Anlaß gegeben, ist die Benutzung Deutscher