898 Tödtungsverbrechen.
dung knüpfen zu sollen glaubte. Speziell erscheint die Geschichte der fraglichen
Unterscheidung als ein Korrelat zur Geschichte der Todesstrafe. Ihre Entwickelungs-
stadien entsprechen in der Hauptsache den Stationen der Rückzugslinie, zuerst der
qualifizirten, nun der einfachen Todesstrafe. Mit dem Verschwinden der ersteren
verlor die Unterscheidung von gqualifizirten und einfachen T. im Wesentlichen ihre
Bedeutung; mit der Einschränkung in der Anwendung der letzteren hängt die Ver-
engerung des Mordbegriffs und die Unterscheidung zweier Grade des Mordes zu-
sammen, und die gänzliche Beseitigung der Todesstrafe würde die der subjektiven
Seite angehörigen Speziesmerkmale des Todtschlages und des Kindesmordes in die
Reihe der allgemeinen Milderungsgründe zurücktreten lassen.
c) Als eine besondere Spezies ist die Tödtung des Einwilligenden zu
betrachten (RStraf GB. § 216). Die Einwilligung ist nicht wie der Affekt ein bloßer
Milderungsgrund, giebt vielmehr der That einen dem Wesen nach anderen Charakter. —
Dies ist jedoch in den Strafgesetzbüchern von Oesterreich, Frankreich, Belgien (vgl.
Bayern und Preußen) nicht anerkannt. S. hierüber die Art. Mord und Körper-
verletzung. — Der Tödtung des Einwilligenden steht am nächsten die Tödtung.
im Duell, worüber d. Art. Zweikampf. GEleich dieser fällt die vorsätzliche Tödtung,
welche zugleich die Merkmale eines Staatsverbrechens hat, unter besondere Bestim-
mungen (Rötraf GB. §8 80, 81, 102). —
Auch die fahrlässige Tödtung (bhomicide involontaire) wird allgemein mit
Strafe bedroht. Hierbei findet sich in Betreff der Fahrlässigkeit meist nichts, Be-
sonderes bestimmt. Vgl. indessen die Umschreibungen derselben im Oesterreichischen
und Württembergischen StrafSB. Im letzteren fanden sich auch (vgl. das Badische
und Hessische) verschiedene Grade der Culpa unterschieden. Was die übrigen Voraus-
setzungen betrifft, so gilt das Nämliche wie bei den vorsätzlichen T. So auch hin-
sichtlich des Kausalzusammenhanges und der Frage, inwiefern derselbe durch Unter-
lassungen hergestellt werden könne.
Die besonderen Strafbestimmungen, welche sich auf die fahrlässige Tödtung
beziehen, zeichnen sich meist durch verhältnißmäßige Milde aus. Das RStrafGB.
droht Gefängniß bis zu 3 Jahren, für den Fall aber, wo der Thäter eine, durch
Amt, Beruf oder Gewerbe begründete Verpflichtung zu besonderer Aufmerksamkeit ver-
letzte, Gefängniß bis zu 5 Jahren. In Betreff dieses Schärfungsgrundes, zu dem
sich ein Analogon bei der Körperverletzung findet, val. d. Art. über die letztere.
Ueber andere qualifizirte Fälle vgl. RStraf GB. §§ 309, 314, 16. Bayern und
Württemberg drohten für geringere Fälle Geldstrafe; Belgien und Frankreich kumuliren
Freiheits= und Geldstrafe. — Aus dem Oesterreichischen StrafG# B. gehören hierher
die Vorschriften über die „Vergehen und Uebertretungen gegen die Sicherheit des.
Lebens“ (§8 335 ff.).
Steht die fahrlässige Tödtung im Kausalzusammenhang mit einem vorsätzlich
begangenen Verbrechen, so haben die Grundsätze über Konkurrenz Platz zu greifen,
insofern eine betreffende Verbindung nicht eine besondere Berücksichtigung in den
Gesetzen findet. Letzteres aber ist meist der Fall (vgl. RStraf GB. 8§ 154, 178, 226,
227, 229, 239, 251, 307, 312, 315, 321, 322, 323). Und zwar wird der fahr-
läfsig herbeigeführte Tod in der Regel (anders im Englisch-Amerikanischen Recht)
als wichtigster Auszeichnungsgrund bei den betreffenden vorsätzlichen Verbrechen be-
handelt. Nur die mit vorsätzlicher Körperverletzung konkurrirende fahrlässige Tödtung
findet sich in mehreren Deutschen Gesetzen (nicht im RStraf GB.) den T. eingereiht
(vgl. d. Art. Körperverletzung).— Hinsichtlich dieser Verbindung wird mehrfach von
der Voraussetzung der Zurechenbarkeit des eingetretenen Todes ganz abgesehen, so
daß wir strenggenommen der vorsätzlichen und fahrlässigen Tödtung die kasuelle als.
eine dritte Hauptform strafrechtlich verantwortlich machender Lebensberaubung an die
Seite zu stellen hätten! Vgl. das Rötraf GB. §§ 229, 307 Nr. 1, 309 rc.