Transmissionsfälle. 901
II. Die T. führt zum Eigenthumserwerb, wenn sie in der übereinstim-
menden Absicht erfolgt, Eigenthum zu geben bzw. zu empfangen, und wenn der
Uebergebende zur Uebertragung und der Empfänger zum Erwerb des Eigenthums
befähigt ist. Der Uebereignungswille wird erkannt aus dem der Uebergabe zu
Grunde liegenden Geschäft (causa traditionis, z. B. Kauf, Schenkung, Vermächtniß).
Nach Gemeinem Recht und nach den Deutschen Partikularrechten (im Gegensatz
zum Code civil) bewirkt der Uebereignungsvertrag nur in Verbindung mit der
T. der Sache den Eigenthumsübergang; es genügt aber jede Art der T., die, wie
unter I. besprochen, zum Besitzerwerb geeignet ist, also auch die traditio brevi
manu und das constitutum possessorium. Andererseits vermag die T. den Eigen-
thumserwerb nicht herbeizuführen, wenn und so lange der hierauf gerichtete Wille
nicht vorhanden ist, z. B. in Folge eines gesetzlichen oder vertragsmäßigen Eigen-
thumsvorbehalts. Für die freiwillige Veräußerung von Grundstücken knüpfen neuere
Gesetzgebungen (Sächs. BGB. § 276; Preuß. Gesetz vom 5. Mai 1872 u. a.) den
Eigenthumserwerb an die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch (Svgl. die
Art. Auflassung, Grundbuchamt).
Quellen: Inst. 146 rer. div. 2, 1 §§# 40 sq. — Dig. de adq. rer. dom. 41, 1; de adq.
vel. amitt. poss- 41, 2. — Cod. de’ adquirenda et retinenda possessione 7, 32. — Preuß.
Albgem. LR. I. 7. — BG#B. §§ 426 ff. — Sächs. BGB. 8§ 194, 198—204, 253—256,
Lit.: v. Savigny, Besitz, 88 13—28. — Leist, Manzipetion u. Eigenthumstradition,
(1865). — Randa, Der Besitz nach Oesterr. Recht (1. Aufl. 1865, 3. Aufl. 1879), § 14. —
Exner, Die Lehre vom Rechtserwerb durch Tradition (1867). — Goldschmidt, Handbuch
des ges. Handelerechts, §§ 79, 80 (1868). — Brinz, (2. Aufl.) §§ 137—140, 130, 151. —
Windscheid, 88 153 J3, 171, 172. — Förster, Theorie, 88 160, 178. — Dernburg,
Preuß. Privatrecht, 1 . 88 151—134, 238—243. F. Negelsden
Transmissionsfälle (Bruns, Thl. I. S. 464 ff.) definirt Puchta als
Fälle, „wo, gegen die Regel, Jemand das Erbrecht erwerben, also Erbe werden
kann, dem es nicht deferirt ist, indem er in die Stelle des Delaten eintritt". Zu
ihnen zählt er die T. ex capite in jure cessionis, ex jure patris, in integrum
restitutionis, der Notherbfolge, die Iustinianeische und die Theodosische Transmission,
verwirft dagegen die T. ex jure suitatis, weil Sui ipso jure Erben würden, mithin
ein erworbenes Erbrecht transmittirten. Gerade im Gegentheil aber bezeichnen die
OQuellen die Transmission der sui heredes ausdrücklich als Transmission, die in jure
cessio nirgends. Sodann ergiebt eine Vergleichung der T. unter einander, daß es
sich bei ihnen durchgehends um T. eines Erblassers auf seine Erben, dagegen bei
der in jure cessio und bei der T. ex jure patris in dem Falle, wo der Vater die
vom Sohne ausgeschlagene Erbschaft erwirbt, um lebende Personen als Transmit-
tenten und Transmissare handelt; es sind daher, weil wissenschaftlich die Ueber-
tragung von Rechten unter Lebenden und durch Erbgang geschieden werden, auch
die letztgedachten T. auszusondern. Hält man für die übrigen an dem gemeinsamen
Merkmal der Vererbung fest, so werden als Gegenstand derselben bald Erbschaft und
Erbrecht, bald Vermächtnisse und einzelne Klagen genannt. Die Mehrzahl jener T.
hat nun Erbschaft und Erbrecht zum Gegenstande, dagegen stellt sich die Trans-
mission der Notherbfolge direkt als Transmission einer einzelnen, wenigstens bis zur
Zustellung gediehenen, Klage dar, und die T. Theodosiana befaßt neben der Trans-
mission des Erbrechts auch eine solche der Vermächtnisse. Scheiden wir darum auch
diese Verhältnisse aus, so bedeutet Transmission Vererbung der Erbschaft und des Erb-
rechts, und zwar ist hierunter die Vererbung einer fest erworbenen Erbschaft und fest
erworbener Erbrechte zu verstehen, weil die Quellen den Begriff der Transmission
durchweg nur von der Uebertragung erworbener Rechte gebrauchen. Da nun auch
Justinian anführt, daß eine Erbschaft, nisi fuerit adita, nach hergebrachtem Rechte
nicht transmittirt werde, und da er seine wie die Theodosische Transmission als
Ausnahmen dieses Grundsatzes bezeichnet, was neuerdings übersehen zu werden scheint,