Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

902 Transmissionssälle. 
so haben wir Transmission als Vererbung einer erworbenen Erbschaft bzw. Erbrechts 
zu definiren, T. aber als außerordentliche Fälle, in welchen eine Erbschaft, obwol 
sie vom Delaten nicht definitiv erworben ist, dennoch auf seine Erben übergeht. 
Solche Fälle ergeben: I. die Transmission der sui heredes. Sui erwarben 
nach Civilrecht die Erbschaft ipso jure, also ohne daß auf ihren Willen zu erwerben 
oder ihr Wissen vom Anfall etwas angekommen wäre. Später bot ihnen das prä- 
torische Recht die Möglichkeit, extraneis gleich sich der Erbschaft zu entschlagen (. 
d. Art. Beneficium abstinendi); starben sie aber, ohne dieselbe benutzt zu 
haben, so blieb die Erbschaft erworben und ward als solche auf ihre Sui weiter 
transmittirt, die entweder auf väterliche und großväterliche Erbschaft beide verzichten 
oder beide behalten mußten. Dies änderte sich, als in der Kaiserzeit Jurisprudenz 
und Gesetzgebung dem suus nepos von der großväterlichen Erbschaft allein zu ab- 
stiniren gestatteten. Nunmehr stand dem suus nepos bezüglich dieser dasselbe arbi- 
trium über Ausschlagen oder Behalten zu, wie seinem Vater, die Erbschaft war 
daher, wenn letzterer sich nicht entschieden hatte, nicht definitiv erworben, und somit 
ergiebt sich ein außerordentlicher T., wie deren Wesen oben bestimmt wurde. Diese 
Transmission der Sui ist nun aber II. in die T. Justinianea, die erheblichste 
der hier erörterten Transmissionen, aufgegangen. Das Gesetz, durch welches Ju- 
stinian seine Transmission anordnete, beginnt mit der Anführung: „invenimus üllos- 
familias paternam hereditatem deliberantes posse et in suam posteritatem trans- 
mittere“; dann heißt es weiter: „eam deliberationem et in omnes successores 
duximus esse protelandam“"“, und hierauf wird verfügt: ein Testaments= oder Intestat- 
erbe, wenn er entweder eine Deliberationsfrist erhalten oder wenigstens nicht auf die 
Erbschaft verzichtet hat, „ut ex hac causa deliberare videatur“, jedoch wiederum 
auch nicht die Erbschaft angetreten oder sich immiscirt hat, soll sein „praedictum 
arbitrium auf seine Erben transmittiren, diese Transmission aber auf die Dauer 
eines Jahres beschränkt sein. Stellen wir a) die Beziehung dieser Trans- 
mission zur Transmission der Sui fest, so spricht der Kaiser unter Hinweis 
auf die Transmission deliberirender Haussöhne die Absicht aus, „eam deliberationem“ 
auf alle Erben erstrecken zu wollen, und läßt demgemäß jeden Erben ohne Unter- 
schied „praedictum arbitrium“ auf seine Erben transmittiren. Sind unter den 
Transmittenten mithin Sui wie Extranei einbegriffen, so kann daran, daß gerade 
der unter I. entwickelte T. in die Justinianeische Transmission aufgegangen ist, um 
so weniger ein Zweifel sein, als die Deliberation der Sui durch die Abstinenzmög- 
lichkeit bedingt ist und daher, wenn der Transmittent „praedictum arbitrium“ auf 
den Transmissar übertragen soll, der Kaiser nicht weniger die Abstinenzberechtigung 
des suus nepos, wie die des suus filius in Betracht gezogen haben muß. Handelt 
es sich dann weiter um das Verhältniß der Transmission der Sui zu der Justinia- 
neischen, so hat der Kaiser erklärt, erstere auf alle Erben erstrecken (protelandam) zu 
wollen. Die bloße Erstreckung, deren Wesen Windscheid von der Vorstellung des 
„Kopirens“ nicht zu trennen vermag, schließt eine Abänderung der Transmission der 
Sui aus, soweit eine solche nicht bestimmt nachweisbar ist, in welcher Beziehung nur 
die Beschränkung der Justinianeischen Transmission auf die Dauer eines Jahres in 
Betracht kommt. Daraus folgt: was für die Transmission der Sui Rechtens gewesen 
das bleibt es auch für die Sui bei der Justinianeischen Transmission. Hinsichtlich der 
Extranei bedeutet Erstreckung Uebertragung des Rechts der Sui auf fie, weshalb 
das Recht der Transmission der Sui für die Justinianeische Transmission überhaupt 
maßgebend erscheinen muß. Göring hat an dieser Uebertragung die echte, histo- 
rische Fiktion vermißt, obschon er selbst hervorhebt, daß sie (an anderem Orte) auf 
die Fiktion civilen Erwerbes der Erbschaft durch den Transmittenten und ebenso auf 
die Fiktion demselben zuständiger Abstinenzmöglichkeit gegründet worden, Göring 
auch selbst die erstere Fiktion fordert und dieser den Charakter einer echten vindizirt. 
Dabei scheint Göring entgangen zu sein, daß die Fiktion des civilen Erwerbes der
	        
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