Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

914 Trunkenheit. 
eine versteckte Lohnkürzung des sozial überlegenen Theils am Arbeitsvertrage. Der 
Ursprung dieser Unsitte scheint in England zu suchen zu sein, denn das Wort truck 
stammt aus dem Englischen und bedeutet soviel wie Tausch. Die Deutsche Gew. O. 
von 1869 hatte diese Art der Bezahlung wenigstens für alle Fabrikinhaber schlecht- 
hin ausgeschlossen. Erst die Novelle vom 17. Juli 1878 hat diesen Grundsatz 
wieder etwas geschwächt, wenn auch in Bezug auf den Umfang derjenigen, welche 
diesem Verbote unterworfen sind, eine erfreuliche Erweiterung gleichzeitig nicht unter- 
lassen wurde. Letztere geht dahin, daß jetzt alle Gewerbetreibenden schlechthin zur 
Befolgung dieses Verbots angehalten sind; dahin zählen speziell auch die Bauunter- 
nehmer, eine Verschlechterung hat unseres Ermessens das Gesetz aber erhalten, insofern 
die Gestattung der Verabfolgung von Lebensmitteln an die Arbeiter zu einem die An- 
schaffungskosten nicht übersteigenden Preise ein Loch in das bisherige Prinzip ge- 
macht hat. Man hat dabei bewußt oder unbewußt den örtlichen Konsumvereinen die 
Existenz erheblich erschwert. Im Einzelnen stellt das Gesetz an die Spitze den 
Kardinalsatz: Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet die Löhne ihrer Arbeiter baar 
in Reichswährung auszubezahlen. Also auch nicht Solawechsel sind daher gestattet, 
wie das in den Steinbrüchen des Niederrheins vorgekommen sein soll. Die Gewerbe- 
treibenden dürfen daher auch den Arbeitern keine Waaren kreditiren. Ausnahmen 
bestehen einmal, wie schon gesagt, insofern Lebensmittel an die Arbeiter verabfolgt 
werden dürfen, wenn das zu einem, die Anschaffungskosten nicht übersteigenden Preise 
geschieht; auch können den Arbeitern Wohnung, Feuerung, Landbenutzung, regelmäßige 
Beköstigung, Arznei und ärztliche Hülfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen 
übertragenen Arbeiten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung verabfolgt werden. 
Die Konsequenzen, welche die Gew.O. an die Zuwiderhandlung gegen diese Bestim- 
mung knüpft, sind sehr streng. Arbeiter, deren Forderungen in einer diesem Ver- 
bote zuwiderlaufenden Weise berichtet worden sind, können jederzeit Zahlung ver- 
langen, ohne daß ihnen der Arbeitgeber Einreden aus dem an Zahlungsstatt 
Gegebenen entgegensetzen könnte. Vielmehr fällt das an Lohnesstatt Gegebene, soweit 
es noch beim Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, den zur Unter- 
stützung von Arbeitern bestehenden einschlägigen örtlichen Kassen zu. Aber auch 
Verträge, die gegen jenes Verbot geschlossen werden, sind nichtig. Das Gleiche 
gilt von Verabredungen zwischen den Gewerbetreibenden und den von ihnen beschäf- 
tigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse aus gewissen Verkaufsstellen, 
sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen 
Zweck als zur Betheiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter 
oder ihrer Familien. Letzteres wäre etwa der Fall bei den neuestens von 
v. Malarce so sehr empfohlenen und in Französischen Staatsindustrieanstalten ein- 
geführten Fabriksparkassen. Endlich können Forderungen für Waaren, die dem 
Verbot zuwider kreditirt sind, nicht eingeklagt oder rechtlich geltend gemacht werden. 
Auch diese Forderungen fallen den genannten Arbeiterkassen zu. Den Gewerbe- 
treibenden sind dabei gleichgeachtet deren Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte, 
Geschäftsführer, Aufseher, Faktoren, sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft 
eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar betheiligt ist. An- 
dererseits ist auch der Begriff des Arbeiters im weitesten Sinne gefaßt, d. h. auch 
diejenigen Personen sind darunter verstanden, welche für bestimmte Gewerbetreibende 
außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeug- 
nisse beschäftigt sind. Landgraf. 
Trunkenheit (und ebenso jede nicht durch die Einwirkung geistiger Getränke 
hervorgerufene Berauschung) kommt im Strafrecht zunächst 1) wegen ihres 
Einflusses auf die Zurechnung in Betracht (vgl. Thl. I. S. 708). Man kann in 
dieser Hinsicht die sog. zufällige, die verschuldete („kulpose“) und die „do- 
lose“ T. unterscheiden. Verschuldete T. ist der gewöhnlichste Fall, zufällige
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.