Union. 927
Anhänger verschiedener vereinigter Konfessionen geübt wird. Es muß jedenfalls ein
Mehr von gemeinsamen Rechten bestehen, als die bloße Vereinigung des sog. landes-
herrlichen Kirchenregiments in der Hand desselben Staatsoberhauptes, weshalb
auch Niemand von einer U. der Altpreußischen Landeskirche, der Hannoverschen,
Schleswig-Holsteinischen und der Lauenburgischen Kirche spricht, obwol alle unter
dem Regiment des Königs von Preußen stehen. Dagegen ist da, wo die Anhänger
der einen Kirche, z. B. der reformirten, unter einem lutherischen Konsistorium, oder
der obersten lutherischen Kirchenbehörde, als leitendem höchsten Organe stehen —
solche Verhältnisse kommen in Hannover und Sachsen vor — im rechtlichen Sinne
schon das geringste Maß von U. vorhanden. Den Gegensatz zu dieser Art der U.
bildet diejenige, wo beide Konfessionen in allen Beziehungen zu einer rechtlichen
Gemeinschaft sich verschmolzen haben, so daß also nicht nur die leitenden Behörden,
sondern alle anderen kirchlichen Organe gemeinsam sind, und die Lutheraner und
Reformirten ohne Unterschied in dieser Kirche die vollen Gemeinde= und anderen
kirchlichen Rechte erlangen können.
Einen solchen Charakter hat die U. z. B. in Baden, Rheinbayern und in der
Rheinisch-Westfälischen Provinzialkirche. Während bei dieser Art der Vereinigung auch
von besonderen Vermögens= oder sonstigen eigenthümlichen Rechten der Anhänger der
einen oder anderen Konfession nicht die Rede sein kann, kommt aber auch eine U.
vor, welche zwar auf der Gemeinschaft des Regiments und der unterschiedslosen
Bewilligung der kirchlichen Gemeinderechte beruht, aber doch in Bezug auf den
eben hervorgehobenen Punkt Verschiedenheit gestattet. Ein Beispiel dafür bietet die
Altpreußische Landeskirche. Die denkwürdige Ordre Friedrich Wilhelm's III. vom
27. Septbr. 1817 setzte offenbar eine Vereinigung in all, und jeder Beziehung
voraus, wenn sie diese als eine solche charakterisirt, in welcher die reformirte nicht
zur lutherischen und diese nicht zu jener übergeht, sondern beide eine neu belebte,
evangelisch-christliche Kirche im Geiste ihres heiligen Stifters werden. In Folge
der Opposition gegen die U. wurde aber der frühere Standpunkt insofern verlassen,
als in der Ordre vom 28. Februar 1834 als das zur U. nothwendige Minimum
nur die Gestattung der äußeren kirchlichen Gemeinschaft unter Aufrechthaltung des.
besonderen Bekenntnißstandes der der U. beitretenden Gemeinden hingestellt wurde.
Da eine Reihe von Gemeinden nur unter Wahrung ihrer Konfession der unirten
Kirche beigetreten sind, so haben sie auch die damit zusammenhängenden Rechte
behalten und demgemäß besitzen sie z. B. einen Anspruch darauf, daß sich zwar zur
U. haltende, aber immer ihrem Bekenntnißstande angehörige Geistliche für sie an-
gestellt werden und daß, wo zwei Gemeinden verschiedener Konfession sich vereinigt
haben, die jeder derselben zustehenden, an das Bekenntniß gebundenen Stiftungen
ausschließlich erhalten bleiben. Denn die U. dieser Art kann nicht als Konfessions-
wechsel betrachtet werden. Wenn in Preußen die hergebrachte und offizielle Termi-
nologie nur die Gemeinden, welche in der erstgedachten Art und in der eben be-
sprochenen sich vereinigt haben, als unirte — und das eben mit Rücksicht auf den
dogmatischen Standpunkt — bezeichnet, so giebt es doch endlich in der Altpreußischen
Landeskirche noch Gemeinden, welche in dem erwähnten Sinne nicht, aber wol in
der zu Anfang dieser Erörterung hingestellten juristischen Bedeutung als unirte
charakterisirt werden können, nämlich solche, welche zwar rein lutherisch oder rein
reformirt geblieben sind, und nur den Angehörigen der anderen Konfession in Gemäß-
heit des § 39 Tit. 11 Thl. II. des Allg. LR., d. h. mangels einer eigenen Kirchen-
anstalt der letzteren, die Theilnahme an ihren eigenthümlichen Religionshand=
lungen gastweise gestatten, sich aber doch der Gemeinsamkeit des Kirchenregiments
gefügt haben.
Ueber die U. der Kirchenämter und die verschiedenen Arten derselben vgl. für
vas katholische Kirchenrecht Thl. I. S. 656 und für das protestantische a. a. O.
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