Unterschlagung. 943
doch kann sie nach Lage der Umstände die Bedeutung eines Zueignungsaktes haben.
Ein solcher kann ferner in der Beiseiteschaffung der Sache oder in der Verbindung
derselben mit eigenen Sachen gegeben sein. Ferner in der von Erfolg begleiteten
Ableugnung, wenn der Thäter sich noch im Besitze der Sache und bereits im Ge-
nusse derselben befindet. — Die Zueignung muß rechtswidrig sein. Die Befugniß
zur Vornahme des betreffenden Zueignungsaktes schließt daher das Verbrechen aus.
Auch dann, wenn an diesen Akt eine Verpflichtung zur Herausgabe des Werthes
oder zu anderweitigen Leistungen geknüpft ist und dieser Verpflichtung nicht ent-
sprochen wird. Die U. ist daher überall ausgeschlossen, wo der Empfänger einer
Sache nur zur Erstattung in genere verpflichtet ist. Bei Fungibilien, speziell bei-
Geld, ist dies häufig auch dann der Fall, wenn es nicht ausdrücklich vereinbart oder
durch die Natur des Geschäfts außer Zweifel gestellt ist. Ueberall nämlich dort,
wo eine entgegenstehende Willensäußerung bei der Uebergabe des Geldes 2c. nicht
erfolgt ist und es zugleich nach Lage der Umstände in diesem Momente als gleich-
gültig für die Interessen des Berechtigten erscheinen mußte, ob eine Erstattung in
genere oder in specie erfolge. — Die U. ist ferner ausgeschlossen beim ästimatorischen
Vertrag. Ferner bei Demjenigen, der einen Rechtsanspruch auf die Erlangung der
Sache hat. Geht dieser Anspruch dagegen auf die Erlangung einer anderen als der
zugeeigneten Sache, so ist die U. nach dem RStraf GB. nicht ausgeschlossen. — Die
Rechtswidrigkeit der Zueignung entfällt endlich dort, wo die Zustimmung des
dispositionsbefugten Eigenthümers vorliegt, mag sie auch dem Thäter unbekannt sein.
J) Hinsichtlich des inneren Thatbestandes die Absicht, dem Eigenthümer
die Sache zu entziehen und sie den eigenen Interessen dienstbar zu machen, sowie
das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit der Handlung. Daher die irrige An-
nahme eines Eigenthumsrechts an der Sache oder einer Einwilligung seitens des
Eigenthümers, oder eines Forderungsrechts, welches auf die Erlangung der Sache
geht, die U. ausschließt. In Betreff des Motivs der Gewinnsucht gilt hier, was
beim Diebstahle.
Die Art, wie der Gewahrsam erlangt wurde, ist zwar in Betreff des Begriffes,
nicht aber auch in Betreff des Strafmaßes gleichgültig. Unter sonst gleichen
Voraussetzungen ist die U. des Gefundenen am gelindesten, die des Anvertrauten
am strengsten zu behandeln. Das Rötraf G. stellt für die letztere ein höheres
Strafmaximum auf. Als anvertraut ist die Sache zu betrachten, wenn sie auf
Grund einer geschäftlichen, nicht aus einem Irrthum entsprungenen, Uebergabe und
mit der Verpflichtung zur Ablieferung, Rückgabe oder Veräußerung der Sache er-
langt war. — Freiwillige Zurückgabe oder Ersatzleistung schließen die Strafe nach
dem Rötraf GB. nicht aus. Anders nach dem Oesterreichischen (früher nach dem
Württembergischen und Braunschweigischen) StrafB. — Die U. wird meist um
Etwas gelinder bestraft als der Diebstahl. Der Grund liegt in der geringeren Be-
deutung dieser Form der Vermögensbeeinträchtigung für die in Betracht kommenden
Interessen. Nach dem RStraf GB. kann auf bloße Geldstrafe herabgegangen werden.
Für die Gefängnißstrafe, die Normalstrafe, ist ein geringeres Maximum aufgestellt
als beim Diebstahle. — Die Verfolgung tritt nach dem RötrafG B. von Amts-
wegen ein, abgesehen von der gegen Angehörige, Vormünder, Erzieher oder solche
Personen, zu welchen der Schuldige im Lehrlingsverhältnisse oder in deren häus-
licher Gemeinschaft er als Gesinde sich befindet, vorausgesetzt, daß es sich bei diesem
Lehrlings= oder Gesindediebstahl um Sachen von unbedeutendem Werthe handelt.
Eine gegen den Ehegatten oder einen Descendenten begangene U. ist straflos. Hin-
sichtlich dieser beiden privilegirten Unterschlagungsarten gilt das Nämliche wie hin-
sichtlich der entsprechenden Arten des Diebstahls.
Die Bestimmungen über U. finden eine Ergänzung in denjenigen über Un-
treue, s. den betr. Art. — Bayern und Mürttemberg hatten der rechtswidrigen
Zueignung des Gefundenen die des Schatzes an die Seite gestellt.