944 Unterstützungswohnsitz — Untersuchungshaft.
Gsgb.: Rötraf GB. s§5 246—248.— Oesterreich §#§S 181—189, 461—466. — Ungarn
§S 855—359, 365—807.
Lit.: Lällchner. System, II. — Köstlin, Abhandl. — Walther, Ueber Funddieb-
stahl, München 1848. — Scholl III., Bemerk., das Vergehen der U. betr., Altenb. 1841.—
v. Holtendorff, Handbuch, III. S. 689—714 (Merkel). — v. Stemann, Das Ver-
pehen der U. und Untreue, 1870. — Huber, Die U., 1875. — Pezold, Strafrechtspraxis,
. 304—349; II. (Zimmerle) 359—880. - A. Merkel.
Unterstützungswohnsitz, s. Freigügigkeit.
Untersuchungshaft. Den Gegensatz zur Strabhaft, die für ihre verschieden-
artige Gestaltungen in der Zuchthaus-, Gefängnißstrafe u. s. w. ein rechtskräftiges
Strafurtheil voraussetzt, bildet die U. Ihre prozessualische Rechtsgrundlage ist nie-
mals ein rechtskräftiges Endurtheil, sondern ein richterlicher Haftbefehl (s. diesen
Art.), außerdem vorläufige Festnahme und Kollusionshaft. Der Zweck
der U. ist ein vorbereitender, die Vollstreckung eines Strafurtheils sichernder. Daraus
ergiebt sich als wesentliches Merkmal der Unterscheidung der U. von der Strafhaft,
daß jene ihrer Dauer nach unbestimmt, diese dagegen bestimmt ist. Nur für den
vor Erhebung der öffentlichen Klage erlassenen Haftbefehl und die daraus hervor-
gegangene U. ist eine Maximaldauer von einer Woche vorgeschrieben.
U. ist ein nothwendiges, unvermeidliches Uebel, ohne dessen Zulassung der
Zweck des Strafverfahrens in den schwersten Verbrechensfällen nicht erreichbar sein
würde. In der Beschränkung dieses Uebelstandes auf das schlechthin Nothwendige,
in der Bestimmung ausreichender gesetzlicher Verantwortlichkeit für Fälle unnöthiger
Anordnung der U. oder ungebührlicher Verlängerung derselben zeigt sich eine erheb-
liche Verschiedenheit nicht nur des älteren Anklageprozesses, der der persönlichen
Freiheit des Beschuldigten weitaus günstiger war, als der Inquisitionsprozeß, sondern
auch der modernen Gesetzgebungen im Vergleich zu einander. Abgesehen von den
formellen Garantien, die sich auf den Erlaß des Haftbefehls und seine Dauer be-
ziehen, kommt vornehmlich in Betracht, daß Untersuchungsgefängnisse und Straf-
gefängnisse durchaus verschieden gehalten werden müssen. Der Zweck jener ist ein
rein präventiver. Nur darauf kommt es an, daß die Flucht des Verhafteten
verhindert, die der Untersuchung möglicherweise schädliche Verbindung des Angeschul-
digten mit der Außenwelt abgeschnitten und für die im Interesse der Anstalts-
verwaltungen nothwendige Ordnung im Innern der Gefängnisse gesorgt werde.
Wenngleich der Staat sicherlich verpflichtet erscheint, dafür zu sorgen, daß
Gelegenheiten sittlichen Verderbens aus den Untersuchungsgefängnissen fern gehalten
werden und aus diesem Grunde die herrschende Meinung mit Recht die Durchführung
des Einzelhaftsystems für Untersuchungsgefängnisse fordert, erscheint es zweifellos, daß
Untersuchungsgefangene weder unmittelbar, noch mittelbar zum Gegenstand einer
sog. bessernden Behandlung gemacht werden dürfen.
Ueber den Vollzug der U. bestehen in Deutschland keine allgemein geltenden
Gesetzesnormen; die Verwaltungsvorschriften sind in den einzelnen Staaten ver-
schiedene. Schon in den Ressortverhältnissen zeigen sich erhebliche Abweichungen,
je nachdem die Gefängnisse den Justizministerien (wie in Bayern) oder den Ministerien
des Innern oder konkurrirend beiden Ministerien nebeneinander unterstellt sind (wie in
Preußen, wo in dem Verwaltungsjahr 1879 bis 1880 (April) 16 382 Unter-
suchungsgefangene durch die vom Ministerium des Innern abhängende Minderzahl
von Untersuchungsgefängnissen hindurchgingen).
Von Reichswegen sind in der Deutschen StrasP O. nur gewisse Normativ-
bestimmungen über die U. gegeben, die für die Einzelstaaten bei der Ordnung der
Gefängnisse verpflichtend bleiben, bis ein umfassenderes Gesetz das Gefängnißwesen
einheitlich geregelt haben wird.
Die reichsrechtlichen Vorschriften (Strafp# O. § 116) beziehen sich auf folgende
Punkte: 1) Thunlichste Sonderung der Strafgefangenen von den Untersuchungs-