Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Urkundenfälschung. 975 
urkunden ehedem im Bayerischen Straf G.) als ein selbständiges Delikt behandelt. 
Dabei werden die Grenzen desselben, im Zusammenhange mit der geschichtlichen Ent- 
wickelung der Fälschungslehre, meist zu weit ausgedehnt oder zu unbestimmt gelassen. 
Beides insbesondere gegenüber dem Verbrechen des Betrugs. — Als allgemeine 
Erfordernisse bei den verschiedenen Arten der U. sind die folgenden aufzustellen: 
1) Eine wirkliche, jedoch verfälschte, oder eine blos scheinbare Urkunde als In- 
strument des Verbrechens. Unter Urkunden aber sind Zeichen zu verstehen, welche 
dazu bestimmt und zugleich dienlich sind, Rechtsverhältnisse oder rechtlich er- 
hebliche Thatsachen zu beweisen. An den Beweis im Prozeß ist hierbei nicht aus- 
schließlich zu denken. Das Rtraf GB. enthält keine nähere Bestimmung dieses 
Begriffs. Die hier gegebene entspricht dem juristischen Sprachgebrauche. Auf 
Schriftstücke ist der Begriff danach nicht beschränkt. Preußen hatte nur diese hier- 
hergezogen. — Das Rötraf G. unterscheidet öffentliche und Privaturkunden. Unter 
jenen sind solche Urkunden zu verstehen, welche nach Maßgabe der Gesetze ihres 
Entstehungsortes auf „öffentlichen Glauben“ — diese Worte im engeren, technischen 
Sinne genommen — Anspruch haben. Auch zu den Privaturkunden sind nur solche 
Beweismittel zu zählen, deren Beweiskraft sich auf allgemeine, an die Form der 
Dokumente anknüpfende Normen (nicht etwa auf bloße Vereinbarungen zwischen den 
Betheiligten) gründet, und welche daher für Alle besteht und für Alle erkennbar ist. 
Wesentlich ist dagegen nicht, daß die Urkunde für sich allein einen rechtlich erheb- 
lichen Thatbestand erweise. — Bei der Privaturkunde muß der (angebliche) Aus- 
steller als durch sie verpflichtet erscheinen. Nur insofern dies der Fall ist, besteht 
für sie die Beweiskraft, um deren Wahrung es sich handelt. — Frankreich und 
Belgien stellen den öffentlichen und Privaturkunden als eine selbständige Kategorie 
die Handelspapiere zur Seite. — Die Urkunde muß, abgesehen von dem durch die 
Fälschung begründeten Mangel, als eine beweiskräftige erscheinen. Auch muß die 
Fälschung dem betreffenden Instrumente den Schein der Echtheit lassen und bzw. 
geben. Wesentlich ist, daß Derjenige, von dessen Willensäußerung sie ihre rechtliche 
Bedeutung ableitet, in irgend einer Weise erkennbar sei. 
2) Die Handlung muß darauf gerichtet sein, in Bezug auf rechtlich erhebliche 
Thatsachen zu täuschen und zwar dadurch zu täuschen, daß diese Thatsachen als 
urkundenmäßig beglaubigt dargestellt werden. 
3) Die Handlung muß eine Richtung haben gegen Rechte Dritter, sei es Pri- 
vater, sei es des Staates. 
Im Uebrigen ist die U. im engeren Sinne von der sog. intellektuellen U. 
und verwandten Delikten zu unterscheiden. 
Die U. im engeren Sinne kann nach dem Rötraf G. in dreierlei Weise be- 
gangen werden, nämlich a) durch fälschliche Anfertigung von Urkunden in Verbin- 
dung mit deren rechtswidriger Anwendung. Die Urkunde hat hier einen anderen 
Urheber, als auf welchen sie selbst hinweist. Die Beurkundung simulirter Geschäfte 
zum Zweck der Täuschung Dritter gehört daher nicht hierher. Ferner nicht die Ver- 
anlassung der Unterzeichnung einer Urkunde durch die Täuschung des Unterzeich- 
nenden über die Tragweite seiner Handlung (anderer Meinung: Oppenhoffs). 
Ferner nicht die unbefugte Ausfüllung eines Blankets. Dieselbe ist aber im § 269 
der fälschlichen Anfertigung einer Urkunde gleichgestellt worden. Ferner sind hier 
ausgeschlossen unrichtige Eintragungen in die Handelsbücher (anderer Meinung die 
Meisten). Streitig ist, ob die Ausstellung einer Urkunde auf den Namen einer gar 
nicht existirenden Person, bzw. einer nicht existirenden Behörde U. begründen könne. 
Die Frage dürfte zu verneinen sein. Die Preußische Praxis bejahte sie. d) Durch 
Verfälschung einer echten Urkunde mit nachfolgendem Gebrauche derselben. Die 
Aenderung muß einen wesentlichen Bestandtheil der Urkunde betreffen, sie muß That- 
sachen, zu deren Beweis die Urkunde bestimmt ist, in irgend welchem Umfange an- 
ders erscheinen lassen, als die ungeänderte Urkunde. Die Aenderung muß ferner eine
	        
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