Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1000 Urtheilsverkündigung — Usance. 
Urtheilsverkündigung. Das Urtheil ist entweder in dem Termine, in welchem die 
mündliche Verhandlung abgeschlossen wird, oder in einem späteren Termine, welcher sofort 
und zwar nicht über eine Woche hinaus anguberaumen ist, zu verkünden. Die Verkündung 
erfolgt durch den Vorsitzenden und es ist dabei die Anwesenheit der Richter, welche das Ur- 
theil beschlossen haben, nicht nothwendig. Sie geschieht durch Verlesung der Urtheilsformel 
(sj. d. Art. Urtheil), welche also vorher schriftlich abzufassen ist. Nur Versäumniß- 
urtheile können auch ohne eine solche vorherige schriftliche Abfassung verkündet werden. 
Die Entscheidungsgründe brauchen nicht mit verkündet zu werden. Wird es für 
angemessen erachtet, so kann dies durch ihre Verlesung oder auch durch mündliche 
Mittheilung ihres wesentlichen Inhaltes geschehen. Die Anwesenheit der Parteien 
bei der Verkündung ist nicht nothwendig. Mit der Verkündung gewinnt das Urtheil 
nach außen hin, also namentlich für die Parteien, seine Eristenz und Wirksamkeit. 
Einer Zustellung desselben an den Gegner bedarf es nicht, um davon Gebrauch machen zu 
können. Ausnahmsweise ist diese aber erforderlich, damit die Nothfristen für die 
Rechtsmittel und den Einspruch zu laufen beginnen, sowie die Zwangsvollstreckung 
und eine Ergänzung und Berichtigung des Urtheils erfolgen kann. Die zu diesem 
Behufe erforderlichen Ausfertigungen, ebenso wie Auszüge und Abschriften des Urtheils 
dürfen erst von dem Gerichtsschreiber ertheilt werden, wenn das Urtheil verkündet und 
von den Richtern unterschrieben worden ist. Um dies den Parteien kund zu thun, 
hat der Gerichtsschreiber die verkündeten und unterschriebenen Urtheile in ein Ver- 
zeichniß zu bringen, und dieses ist an bestimmten, von dem Vorsitzenden im Voraus 
festzusetzenden Wochentagen mindestens für die Dauer einer Woche auszuhängen. 
Quellen: Deutsche CO. §s§ 127, 281—283, 287, 288, 304, 477, 514, 540, 292, 671. 
P. Hinschius. 
Usance (handelsrechtlich). Das Wort „U.“ (Handelsgewohnheit, Handelsgebrauch) 
hat innerhalb der Terminologie des H.R. verschiedene Funktionen. 1) U.— Handels- 
gewohnheitsrecht. Für dasselbe gelten dieselben Prinzipien, wie für das Gewohn- 
heitsrecht überhaupt. Seine Erfordernisse richten sich, wo Gemeines Recht anzuwenden 
ist, nach diesem; sonst nach Partikularrecht. In seinen Wirkungen gilt es als 
Rechtsnorm gleich dem Gesetze; nur ist es insoweit beschränkt, als es den Vor- 
schriften des H#G#B. (nicht der übrigen Reichshandelsgesetze) nicht zu derogiren ver- 
mag, während es andererseits dem bürgerlichen Recht unbedingt vorgeht (Art. 1 
des HGB.). Nur bei den zur Entscheidung der Konsuln oder Konfulargerichte 
gelangenden Handelssachen gilt es als prinzipale Rechtsquelle vor dem HGB. (RGes. 
vom 10. Juli 1879 § 3). Da es objektives Recht ist, begründet seine Verletzung, 
sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, die Revision nach § 541 ff. der CPO. 
Auch liegt demjenigen, welcher sich im Prozeß auf Handelsgewohnheitsrecht beruft, 
der Beweis nur dann ob, wenn der betreffende Rechtssatz dem Gericht unbekannt ist 
E 265 der CPO.). 
2) U. = Verkehrsfitte (Goldschmidt), d. h. jede im Handel thatsächlich 
übliche Geschäftsweise, welche nicht Handelsgewohnheitsrecht ist. Sie ist nicht objektives 
Recht, sondern dient bald zur Interpretation von Willenserklärungen (Handlungen und 
Unterlassungen), welche dem Handelsverkehr angehören, bald ergänzt sie diefelben als 
tacita lex contractus (Art. 279 des HGB.). Voraussetzung ihrer Anwendbarkeit im 
konkreten Fall ist daher die Kenntniß der Kontrahenten von dem Geschäftsgebrauch 
oder die Absicht, sich auch dem unbekannten Geschäftsgebrauch zu unterwerfen. Ihre 
rechtliche Wirksamkeit ist davon abhängig, daß sie nicht einem zwingenden Rechtssatz 
widerspricht, mithin auch nicht gegen Treu und Glauben verstößt. Wenn z. B. sogar 
in einem Kommentar zum HG#B. Art. 372 als angebliche Handelsgewohnheit registrirt 
wird, daß der Kommissionär nicht selten den gestellten Preis ohne Rücksicht auf seinen 
Einkauf berechnet, so darf ein solcher Mißbrauch nicht berücksichtigt werden. Dispo- 
sitiven Rechtssätzen gegenüber, mögen dieselben handels= oder civilrechtlichen Inhalts.
	        
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