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zwischen U. und ususfructus zu verschwinden und die Selbständigkeit des U. in
Frage gestellt scheinen. In der That ist die Scheidung von U. und ususkructus
eines der Probleme der Rechtswissenschaft. Bis auf Thibaut hielt man den U.
für einen nur in seinem Maße, nämlich auf die Nothdurft des Berechtigten be-
schränkten Nießbrauch; seitdem ist die am meisten vertheidigte Definition des U. die
oben Eingangs gegebene, und man erklärt die erwähnten Weiterungen der Quellen
für Ausnahmen, welche sich durch die nachgiebige Interpretation letztwilliger Ver-
fügungen rechtfertigten (Arndts, Seuffert, Windscheid). Die letztere An-
sicht sieht also von einem feststehenden Begriffe des U. ab und läßt es auf den ein-
zelnen Fall, d. h. auf den Sinn des Begründungsaktes ankommen. Puchta sah
das Charakteristische des U. in dem Mangel des Rechts, die Ausübung einem An-
deren zu überlassen, und in der Beschränkung auf die Bedürfnisse des Berechtigten
(Instit. 5 252, i ff., § 255, b ff.; Pand. § 180, b), Bechmann darin, daß
der Usuar bezüglich der Früchte nur ein Recht auf Konsumtion, nicht, wie der Nieß-
braucher, auf Eigenthumserwerb durch Perzeption habe, und Scheurl ist Bech-
mann in dieser Hinsicht beigetreten (Krit. Vierteljahrsschr. III. 298—309). Von
diesen Erklärungen allen hat eigentlich keine etwas recht Befriedigendes; der Versuch
einer neuen Distinktion ließe sich vielleicht von dem Gesichtspunkt aus machen, daß
beim Nießbrauch die Absicht des Berechtigten sich auf möglichste Ausnutzung der
Fruchtbarkeit des Objekts richten darf und richten wird, während der Usuar einer-
seits nicht neue Früchte erzielen darf, andererseits von Früchten nur das nehmen
darf, was nicht schon ein Anderer gemäß der wirthschaftlichen Bestimmung der Sache
oder in Folge besonders begründeter Rechte in Anspruch nimmt. Bemerkenswerth
ist dabei, daß die Römer sich den U. als einen unentbehrlichen Bestandtheil des
Fruchtziehungsrechts vorstellten, so daß sie zwar einen U. sine fructu, aber
keinen Freius sine usu für regelmäßig zulässig hielten (darüber s. v. Vangerow
a. a. O.).
Der U. wird von den Römern als ein höchstpersönliches Recht aufgefaßt, daher
kann der Usuar den Gebrauch nicht, wie der Usufruktuar, einem Anderen überlassen
(68 1—3 I. 2, 5; fr. 8 pr., fr. 12 §86 D. 7, 8; fr. 10 §10D. 10, 3) abgesehen
von einem theilweise erfolgenden Gebrauch, soweit der Usuar die Sache nicht selbst
benützen kann (fr. 4 pr. ib.). Außerdem führt man als eine Besonderheit des U.
an, daß er untheilbar sei (fr. 19 D. 7, 8; f(. aber fr. 14 § 2 D. 7, 8; Wind-
scheid, § 207, 12); dieser Mangel einer Eigenschaft macht daher z. B. beim com-
muni dividundo judicium (fr. 10 § 1 cit.) besondere Manipulation nöthig. Im
Uebrigen aber steht der U. in rechtlicher Behandlung dem Nießbrauch gleich, was
in den Ouellen bezüglich der Begründungs= und Endigungsarten (pr. I. 2, 5) —
obwol die Quellen fast überall nur den letztwillig begründeten U. im Auge haben —
bezüglich der Kautionspflicht (fr- 5 § 1, fr. 11 D. 7, 9), bezüglich der Berech-
tigungen des Eigenthümers (fr. 15 § 1 D. 7, 8) und der Verpflichtung des Usuars
zur Tragung der Lasten besonders ausgesprochen ist, nur daß die letztere Verpflich-
tung, da der Usuar den Nutzen des Objekts nur theilweise hat, auch blos eine ver-
hältnißmäßige ist (kr. 18 D. 7 8; dazu Elvers, Die Römische Servitutenlehre
9§9 23; Brinz, Notamina ad usumfr., 15—21).
Gegenstand des U. kann Alles sein, was auch Objekt des ususfructus sein kann;:
man unterscheidet den U. an verbrauchbaren Sachen nicht als eine besondere Art des
U., etwa als Quasi-U. Für eine Eigenthümlichkeit ist der U. in den Fällen an-
gesehen worden, in welchen sich sein Inhalt mit dem einer Prädialservitut deckt,
z. B. der U. eines Grundstücks zu Weidezwecken (fr. 4 D. 8, 3), der U. aquae
(fr. 37 ib., fr. 14 § 3 D. 34, 1), das Durchgangsrecht (fr. 6 D. 33, 3), wenn
diese Rechte als Personalservituten verliehen werden; man nahm hier sog. irreguläre
Realservituten an, indessen mit Unrecht, denn es kann für den Begriff der Personal=
servitut bei der Mannigfaltigkeit der Gebrauchsarten nicht darauf ankommen, welche