Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1018 Vereinsrecht. 
Im Jahre 1848 trat aber ein Umschwung ein. Mit den übrigen Ausnahme- 
gesetzen wurden auch die angeführten Bundesbeschlüsse von der Bundesversammlung 
durch den Beschluß vom 2. April 1848 aufgehoben. Darauf wurde in den 
Grundrechten des Deutschen Volks (Art. 8) der Satz aufgestellt: „Die Deutschen 
haben das Recht, Vereine zu bilden. Dieses Recht soll durch keine vorbengende 
Maßregel beschränkt werden.“ Dieses Pringip wurde auch in einigen Deutschen 
Verf. Urk., wenn auch fast in allen mit gewissen Beschränkungen, wiederholt. So 
bestimmt die Preuß. Verf.Urk. (Art. 30): „Alle Preußen haben das Recht, sich 
zu solchen Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften 
zu vereinigen.“ „Politische Vereine können Beschränkungen und vorübergehenden 
Verboten im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.“ Es wurden nun, zum 
Theil in Ausführung der Verfassungsbestimmungen, in mehreren Deutschen Staaten 
besondere Gesetze über das Vereinswesen erlassen, in denen den politischen Vereinen 
gewisse Schranken gezogen wurden. So namentlich in Oesterreich (Ges. vom 17. März 
1849; — das Ges. vom 2. Novbr. 1852 verbot die politischen Vereine überhaupt, 
dagegen stellte das Staatsgrundges. vom 21. Dezbr. 1867 das Vereins= und Ver- 
sammlungsrecht wieder her. — Ges. vom 15. Novbr. 1867), in Bayern (Ges. vom 
26. Febr. 1850), in Preußen (Ges. vom 11. März 1850), im Königr. Sachsen 
(Verordn. vom 3. Juni 1850). Die Grundzüge dieser Gesetze sind folgende. Jeder 
politische Verein muß Statuten haben. Diese, sowie das Verzeichniß der Mitglieder, 
find von dem Vorsteher desselben der Polizeibehörde mitzutheilen, wie diese auch 
von allen Aenderungen, welche in der einen und der anderen Hinsicht eintreten, in 
Kenntniß zu setzen ist. Frauen, Schüler und Lehrlinge (so in Preußen), oder auch 
überhaupt Minderjährige dürfen nicht als Mitglieder ausgenommen werden, auch 
gar nicht den Versammlungen derartiger Vereine beiwohnen. Kein politischer Verein 
darf mit anderen Vereinen derselben Art zu gemeinsamen Zwecken in Verbindung 
treten. Speziell die Versammlungen dieser Vereine anlangend, so müssen dieselben 
jedesmal (wenn nicht solche zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten durch 
die Statuten angeordnet sind) vorher der Obrigkeit angezeigt werden. Diese ist 
befugt, der Mrsammlung einen oder zwei Polizeibeamte oder andere Personen als 
ihre Abgeordnete beiwohnen zu lassen. Die Beamten haben von den gehaltenen 
Reden und stattfindenden Erörterungen, zum Zweck eines etwa gegen das eine oder 
andere Mitglied einzuleitenden Strafverfahrens, Kenntniß zu nehmen, zu welchem 
Behuf der Vorsitzende der Versammlung denselben Ausfschlüsse über die Person der 
auftretenden Redner geben muß. Sie haben aber auch das Recht, die Versamm- 
lung sofort aufzulösen, einmal wenn die vom Gesetz für dieselbe gegebenen formellen 
Vorschriften, wozu auch die Ausschließung von Bewaffneten gehört, nicht beobachtet 
sind, und dann, wenn in der Versammlung Anträge oder Vorschläge erörtert werden, 
welche Aufforderungen oder Anregungen zu strafbaren Handlungen enthalten. Hat 
der Beamte die Versammlung für ausgelöst erklärt, so haben alle Anwesenden sich 
zu entfernen, widrigenfalls nicht nur mit Strafen gegen die, welche nicht Folge 
leisten, vorgegangen wird, sondern auch ein Einschreiten der bewaffneten Macht 
gerechtfertigt ist. Nichtpolitische Vereine sind diesen Beschränkungen nicht unter- 
worfen. Doch ist hierbei zu beachten, daß jeder Verein in dem Augenblick, wo er 
sich mit öffentlichen Angelegenheiten beschäftigt,, als ein politischer behandelt wird. 
Die von den neueren Verf. Urk. gewährleistete Vereinsfreiheit findet eine fernere Ein- 
schränkung bei Militärpersonen. Schon die Deutschen Grundrechte (Art. 8) hatten 
ihre Bestimmungen über das Vereinswesen auf das Heer und die Flotte nur soweit 
für anwendbar erklärt, als nicht die militärischen Disziplinarvorschriften entgegen- 
stünden. Die Preuß. Verf.Urk. hat einmal diese Bestimmung ausgenommen (Art. 39) 
und dann noch im Besonderen angeordnet, daß die bewaffnete Macht weder in noch 
außer dem Dienst berathschlagen oder sich anders, als auf Befehl versammeln dürfe; 
auch hat sie Versammlungen, wie Vereine der Landwehr zur Berathung militärischer
	        
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