Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Verfangenschaftsrecht. 1023 
können jedoch bei im Auslande zahlbaren Wechseln vom Wechselschuldner, auch wenn 
dieser ein Inländer ist, geltend gemacht werden. 
Der Ablauf der V., welche nicht zur Präsentation behufs Zahlung benutzt 
wurde, ermächtigt den Acceptanten ohne Weiteres zur amtlichen Deponirung der 
Wechselsumme, auf Gefahr und Kosten des Wechselinhabers, vorausgesetzt, daß auch 
die zur Erhebung des Protestes Mangels Zahlung bestimmte Frist unbenutzt verstrich 
(vgl. Entsch. des ROHG. Bd. V. S. 375). 
Die Bewilligung eines Zahlungsaufschubs (Prolongation des Wechsels) 
kann an der im Wechsel stehenden V. Nichts ändern, sondern nur eine Einrede gegen 
den den Aufschub bewilligenden einzelnen Gläubiger (auf Grund des besonderen Pro- 
longationsvertrages) erzeugen. Würde der Inhaber eines Wechsels einseitig die V. 
des Wechsels korrigiren, so wäre hierdurch die Wechfelkraft vernichtet; der Acceptant 
des Wechsels mit angegebenem V. würde dann, wenn durch eine vom Inhaber eigen- 
mächtig vorgenommene Korrektur der V. getilgt und ein anderer eingeschrieben wor- 
den, aus einem früheren Accept nicht mehr haften, denn der veränderte Wechsel ist 
von ihm nicht acceptirt, und der ursprüngliche Wechsel existirt nicht mehr (Entsch. 
des ROH-G. Bd. XIII. S. 155). Ueber das Verhältniß der wechselrechtlichen Regeln. 
vom V. (insbesondere die Nürnberger Novelle VII., in Oesterreich Nr. IV.) zu den 
handelsrechtlichen (vgl. z. B. Art. 329 d. Allg. Deutschen HGB. mit Art. 92 der 
Wechselordnung) s. Makower, a. a. O. S. 347, Anm. 6 und v. Hahn, Kom- 
mentar zum HG#., 2. Aufl. Bd. II. S. 224—226. 
Ueber Aufschub des V., insbesondere durch Moratorien und dergleichen, f. d. 
Art. Prolongationsgeschäft, Bd. III. S. 192 und 198, sowie auch d. Art. 
Vis major a. E. 
Quellen: Allgem. Deutsches HGB. Art. 326—334. — Allgem. Deutsche W. Art. 4 
Ziff. 4, Art. 5 mit Nor. III. (in Oesterreich Nov. I.), Art. 30 mit Nov. VII. (in Oesterreich 
Nov. 1.), t.— 31—35. — Code civil franç. art. 1138, 1139, 1205, 1228. — Code de comm. 
art. 130—135 
Lit.: Windscheid, Pandelten, 5. Aufl., §§ 273, 274, 278. — Stobbe, Deutsches 
Privatrecht, Bd. III. 1878 S. 182 Ziff. 2, und die bei Beiden angeführte Lit. — Thöl, 
H.RN., 6. Aufl., 5 2. auch a — Matower Agem. Deutsches HG., 8. Aufl. 1880, 
S. 346—350. — Thöl, W. R., 4. Aufl. *“# 5 87 und die dort cit. Lit. — 
. v. Wächter, Encyklop. des W.R., S. 948—965. — Fuchsberger, Entcch. d. ROHG., 
handelsrechtliche (1881) S. 438, 439; Dercb elbe, wechselrechtliche (1881), S. 60, 64, 143 bis 
— Entscheid. des Reichsger. Bd. 1 Gareis. 
Verfangenschaftsrecht (ius devolutionis). Die schon zur Zeit der Volks- 
rechte weit verbreitete Uebung, durch Ehevertrag dem überlebenden Ehegatten die 
Leibzucht an dem Immobiliarnachlaß des verstorbenen einzuräumen, beschränkte sich 
bei den Franken auf den Fall der kinderlosen Ehe. Bei beerbter Ehe war eine 
derartige Zuwendung ursprünglich nur zu Gunsten der Frau in Gestalt des Wit- 
thums (dos, dotalitium) zulässig, und zwar mit der eigenthümlichen Wirkung, daß 
die Witthumsgüter nicht blos bei dem Vorabsterben des Mannes, sondern auch bei 
dem Vorabsterben der Frau sofort in das Eigenthum der Kinder übergingen und 
dem überlebenden Ehegatten, der Frau sowol wie dem Manne, von dem sie her- 
rührten, nur zu Leibzuchtsrecht zustanden. Erst im Laufe der Zeit wurden auch 
entsprechende Zuwendungen der Frau an den Mann mit der gleichen Wirkung zu 
Gunsten der Kinder (als Gegenwitthum) üblich. Bei den Austrasischen Franken 
bürgerten sich diese das ganze Immobiliarvermögen der Ehegatten umfassenden Leib- 
zuchts= und Witthumsverträge allmählich so ein, daß sie als selbstverständlich überall. 
vorausgesetzt wurden, wo kein anderweitiger Ehevertrag, insbesondere kein spezieller 
Witthumsvertrag vorlag. So entstand, als gewohnheitsrechtlicher Niederschlag der 
Eheverträge, das gesetzliche Leibzuchtsrecht des überlebenden Ehegatten bei kinderloser, 
das gesetzliche V. bei beerbter Ehe. Beide bedingen einander, doch erhielt sich das. 
V. vielfach auch dort, wo das gesetzliche Leibzuchtsrecht zu einem gegenseitigen Allein-
	        
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