1056 Vernehmung.
zu Grunde liegt, in der mündlichen Verhandlung. Hier kann die V. in folgenden,
verschiedenen Arten sich vollziehen:
1) In Form des Geständnisses der Klaggründe, und zwar a) unter gleich-
zeitiger Anerkennung des Klagerechts; b) unter Widerspruch des Klagerechts:
a) wegen rechtlicher Unschlüssigkeit der Klaggründe; §) wegen Erhebung von Ein-
reden (Erzeptionen) oder Behauptung von Thatsachen, welche die Befriedigung des
ursprünglich vorhandenen Klageanspruchs enthalten (Zahlungseinrede).
2) In Form der Negation der klagebegründenden Thatsachen.
3) In Form der eventuellen Verbindung von Negation und Geständniß der
klagebegründenden Thatsachen unter Widerspruch des Klagerechts.
Alle diese Formen der V. sind zulässig bis zum Schlusse der mündlichen Ver-
handlung, auf die das Urtheil ergeht (CPO. § 251), sofern nicht der Widerruf
eines bereits abgelegten Geständnisses versucht wird (CPO. § 263). Die den Ge-
meinen Prozeß beherrschende Eventualmaxime, wonach alle Rechtsbehelfe gleichzeitig
wenigstens in eventueller Reihenfolge geltend zu machen waren, gilt im gegen-
wärtigen Verfahren wie überhaupt, so auch für die V. regelmäßig nicht. Aus-
nahmsweise ist dieselbe angenommen worden für die V., welche sich nicht auf die
eigentliche Streitsache, sondern nur auf gewisse Prozeßvoraussetzungen bezieht.
Die CPO. nennt die hierauf basirten Vorbringen „prozeßhindernde Einreden“
(CPO. 8§ 247). Diese müssen gleichzeitig und vor der Verhandlung des Beklagten
zur Hauptsache vorgebracht werden, sofern sie nicht, wie z. B. die der Unzulässigkeit
des Rechtswegs dem Verzichte der Parteien entzogen sind, oder glaubhaft gemacht
wird, daß die frühere Geltendmachung ohne Verschulden des Beklagten unmöglich
war (CPO. § 247 Abf. 3). In der Regel ist über die prozeßhindernden Ein-
reden gesondert zu verhandeln und durch Urtheil zu entscheiden, wenn der Be-
klagte dies beantragt (CPO. 8§ 248). Abweichungen finden insbesondere im Partei-
und Urkundenprozeß statt (CPO. 88 465 Abs. 1 und 3; 557). Die Verweigerung
der Einlassung gilt als Ungehorsam und zieht die Fiktion des Geständnisses nach
sich (CPO. §§ 129, 296). Nur in Ehesachen und Entmündigungssachen findet
eine Ausnahme statt (CPO. 8§ 577, 611, 624 Abs. 4, 626 Abs. 4). Die Ein-
lassung in der Hauptsache kann aber ohne Nachtheil außer den Fällen der
prozeßhindernden Einreden im Falle der laudatio auctoris (CPO. § 73) und nach
§ 106 des GVG. verweigert werden.
Lit.: Die Kommentare zur CPO. — Fitting, Der Reichscivilprozeß, § 39.
Hellmann.
Vernehmung (Ilnterrogatoire): Mittel der gerichtlichen Beweiserhebung.
Vernommen werden zunächst Zeugen und Sachverständige ((. diese Art.).
Die Regeln der V., die theils eine eidliche, theils eine nicht eidliche sein kann, sind
für den Civil= und Kriminalprozeß in den wesentlichen Stücken übereinstimmend,
vornehmlich auch darin, daß, um die Uebereinstimmung der Aussagen zu kontroliren,
Zeugen einzeln, d. h. in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen vernommen
werden müssen, vorbehaltlich der Gegenüberstellung in Fällen des Widerspruchs.
Die Parteien werden im Civilprozeß — abweichend von dem Engl. Prozeß — nicht
vernommen. Die V. geschieht, von Ausnahmen abgesehen, vor dem erkennenden
Prozeßgerichte in Gegenwart der Parteien, die theils zulässig, theils (wie im
Kriminalverfahren) nothwendig ist. Nur der Richter hat im Civilprozeß das Recht
der V. Im Strafprozeß dagegen hat auch die Staatsanwaltschaft die Befugniß
zur Vorbereitung des Anklagebeweises, zumal im Ermittelungsverfahren Zeugen zu
vernehmen, ingleichen deren Hülfsbeamte. Doch gilt dies nicht für bewei skräftige,
eidliche V. Der V. unterliegt außerdem der Beschuldigte und Angeklagte.
Dieselbe kommt in verschiedenen Prozeßstadien des Strafprozesses vor. Zunächst 1)