Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1072 Versäumnittverfahren. 
Schwurpflichtigen im Schwurtermin durch den Antrag des Gegners aus Abgabe 
eines Versäumnißurtheils oder Versäumnißzwischenurtheils veranlaßt wird. Dem 
Ausbleiben steht das gänzliche Nichtverhandeln zur Sache, also über die Gegenstände 
der Verhandlung, gleich, welches durch Stellung eines Vertagungsantrages nicht 
ausgeschlossen wird. Auch kommt nichts darauf an, ob das Nichtverhandeln die 
Folge eigenen Entschlusses oder unfreiwilliger Entfernung, wiederholter Untersagung 
des Vortrags oder wiederholter Zurückweisung von Bevollmächtigten und Beiständen 
ist. Von einer Versäumniß kann keine Rede sein, wo in einem Termine der münd- 
lichen Verhandlung beide Parteien zugleich ausgeblieben sind, in welchem Falle kein 
Theil dem anderen eine Versäumniß vorwerfen kann und das Verfahren daher bis auf 
erneute Ladung einer Partei auf sich beruht. Ist dagegen in der mündlichen Verhand- 
lung, und wenn diese sich über mehrere Termine erstreckt, auch nur in einem derselben 
eine Partei bzw. im Anwaltsprozeß deren Anwalt nicht erschienen, so ist die andere 
Partei bzw. deren Anwalt berechtigt, den Antrag auf Versäumnißurtheil, in Zwischen- 
streitigkeiten und bei Ausbleiben des Schwurpflichtigen im Schwurtermin auf Versäumniß- 
Zwischenurtheil zu stellen; und wenn sie dies nicht thut, wird die Verhandlung zu 
schließen und, wie vorhin, erneute Ladung abzuwarten sein. Das Gericht kann den An- 
trag vertagen, wenn es dafür hält, daß die Einlassungs= oder Ladungsfrist zu kurz 
bemessen gewesen oder die säumige Partei bzw. deren Anwalt durch Naturereignisse 
oder andere unabwendbare Zufälle am Erscheinen verhindert sei, und in diesen Fällen 
muß die säumige Partei zu einem neuen Termin geladen werden. Der Antrag ist 
zurückzuweisen, wenn die erschienene Partei Umstände, welche vom Gerichte von Amts- 
wegen zu berücksichtigen sind, nicht nachzuweisen vermag, wenn die säumige Partei 
nicht ordnungsmäßig, insbesondere nicht rechtzeitig geladen, wenn der säumigen 
Partei ein thatsächliches mündliches Vorbringen oder ein Antrag nicht rechtzeitig 
durch Schriftsatz mitgetheilt war. Die Zurückweisung ist durch sofortige Beschwerde 
anfechtbar, und wenn der Beschwerdeführer siegt, das Versäumnißurtheil in einem 
neuen Termin, zu welchem der Säumige weder zu laden noch zuzulassen ist, abzugeben. 
Trägt die erschienene Partei dagegen auf Vertagung an, z. B. um die erforderlichen 
Nachweise noch zu beschaffen, so ist auch die säumige zum neuen Termine zu laden 
und darf in demselben das Versäumte nachholen, wie ihr solches bis zum Schluß 
der Verhandlung über den Antrag, auf welche das V uurtheil ergeht, überhaupt 
zuständig ist, den erwähnten Fall der Beschwerde ausgenommen. Das ## rurtheil 
lautet, wenn der Kläger bzw. sein Anwalt der säumige Theil ist, auf definitive Ab- 
weisung der Klage; bleibt der Beklagte bzw. sein Anwalt aus, so ist das that- 
sächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzunehmen, und wenn 
danach der Klagantrag, soweit er nicht schon durch Theilurtheil erledigt sein sollte, 
gerechtfertigt erscheint, der Beklagte, der dabei der bisher durch Geständnisse oder 
Zwischenurtheile 2c. erlangten Vortheile verlustig geht, zu verurtheilen, wenn der 
Antrag der Klage dagegen nicht gerechtfertigt ist, wobei für den Urkunden= und 
Wechselprozeß auch dessen besondere Erfordernisse in Betracht kommen, die Klage 
abzuweisen. Bei Zwischenstreitigkeiten, in welchen für das V. die Grundsätze des V. 
über die Hauptsache entsprechende Anwendung finden, beschränkt sich das Versäumniß- 
urtheil auf den Gegenstand des Zwischenstreites. Im Berufungsverfahren wird bei 
Ausbleiben des Berufungsklägers das Rechtsmittel verworfen, bei Ausbleiben des 
Berufungsbeklagten, soweit das festgestellte Sachverhältniß nicht entgegensteht, das 
thatsächliche mündliche Vorbringen des Berufungsklägers für zugestanden und eine 
beantragte Beweisaufnahme, soweit sie zulässig erscheint, als den in Aussicht gestellten 
Beweis ergebend angenommen und danach erkannt. Im Revisionsverfahren wird ebenso 
das Rechtsmittel verworfen, wenn der Revident ausbleibt, dagegen bei Ausbleiben 
des Revisen das thatsächliche mündliche Vorbringen, soweit ein solches in dieser 
Instanz noch zulässig ist, für zugestanden angenommen und soweit dadurch das im 
angefochtenen Urtheil festgestellte Sachverhältniß nicht alterirt wird, demgemäß
	        
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