Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1076 Versetzung. 
werden. Was die bestehende Ehe eines Verschollenen anlangt, so läßt das Oester- 
reichische, Französische und Sächsische Recht dieselbe fortbestehen, das Französische 
jedoch nur im Prinzip. Eine von dem zurückgebliebenen Gatten eingegangene neue 
Ehe kann nur auf Antrag des zurückgekehrten Verschollenen für nichtig erklärt 
werden. In Sachsen kann auf Grund der V. und eines Eides des zurückgebliebenen 
Gatten über nicht erhaltene Nachricht die Beendigung der Ehe vom Ehegericht aus- 
gesprochen werden. Die Ehe gilt trotzdem als fortbestehend, wenn der Verschollene 
vor Abschluß einer neuen Ehe zurückkehrt. Die inzwischen geschlossene Ehe ist im 
Preußischen Recht unanfechtbar, im Sächsischen kann der doppelt verheirathete Gatte 
sie binnen 6 Monaten nach der Rückkehr anfechten. — Von der V. abgesehen und 
wenn es sich darum handelt, ob Jemand den Anfall eines Rechts erlebt hat, wird 
in Preußen präsumirt, daß ein Verschollener 70 Jahre alt geworden sei, aber nicht 
älter: in Sachsen entscheidet ebenso das 90. Jahr. 
Lit. u. Gsgb.: Bruns, Die Verschollenheit. — Bekker in Muther's Jahrbb., I. 
S. 90. — Harder, Zur Lehre von der V., in Zeitschr. für Civ.-Recht u. Proz., Neue Folee 
XIX. 293. — Steinberger in Weiske's Rechtslex., XII. 693. — Preuß. Allg. LR. II. 1 
§§ 665 ff., 692; II. 18 SS 19—27, 821—855; Geset vom 21. Febr. 1851. — Oesterr. BGB. 
§ 24, 277, 278, 112, 113. — Code cCiv. art. I12—140. — Sächs. B#B. §§ 37—45, 
1708—11. — Gesetz betr. die Todeserkl. von Personen, welche an dem Kriege von 1870/71 
Theil genommen haben, v. 2. April 1872. Eccius. 
Versetzung (Thl. I. S. 660, 684) eines kirchlichen Beamten von seiner 
bisherigen Stelle auf ein anderes Amt (translatio) kann für die Regel nur mit 
dem Willen desselben erfolgen. Ohne Zustimmung des Betreffenden ist sie aber 
bei Bischöfen und den mit einer der bischöflichen ähnlichen Jurisdiktion versehenen 
Prälaten allein aus sehr wichtigen Ursachen zulässig und steht ausschließlich in der 
Hand des Papstes. Dieser muß indessen selbstverständlich die Rechte der bei der 
Besetzung der neuen Stelle interessirten Personen (also die des wahlberechtigten 
Kapitels und des das jus nominationis besitzenden Landesherrn) berücksichtigen. Hin- 
sichtlich der übrigen Benefiziaten kommt dem Bischof die Befugniß zur Translation 
zu. Während er diese letztere aber bei nicht festangestellten Geistlichen vollkommen frei 
vornehmen kann, darf er die kanonisch auf ein bestimmtes Benefizium instituirten 
Geistlichen wider deren Willen ebenfalls nur aus einem wichtigen Grunde versetzen. 
Ob er dabei den Rath des Kapitels einholen muß, ist streitig. In der Freiheit, 
solche Versetzungen zu verfügen, wird der Bischof indessen durch die vielfach be- 
stehenden Patronatsrechte beschränkt. Mitunter wird die V. auch als Strafmittel 
angewendet, indem dem Benefiziaten seine bisherige Pfründe entzogen und ihm eine 
schlechtere gegeben wird. Das evangelische Kirchenrecht hat dieselben Grundsätze, 
nur ist für die Regel das Konsistorium die für die Translation der Pfarrgeistlichen 
kompetente Behörde. Die Strafversetzung, deren Angemessenheit erheblichen Bedenken 
unterliegt, weil sie nicht nur den schuldigen Geistlichen, sondern auch die Gemeinde 
mit trifft, ist deshalb auch in einzelnen evangelischen Kirchen, so in der Sächsischen 
und Württembergischen, ausdrücklich abgeschafft worden, während anderwärts, z. B. 
in Altpreußen, statt derselben die sog. Strafemeritirung, d. h. Versetzung des Geist- 
lichen in den Ruhestand mit einem geringeren, als dem ihm fonst zukommenden 
Emeritengehalt oder Pensionsbetrage, ausgesprochen werden kann. 
Quellen: Tit. X. de translatione I. 7. — P. Hinschius, Kirchenrecht, Bd. III. S. 
305 ff. — Preuß. Allg. LR. II. 11 § 531 und die Ergänzungen dazu in Vogt, Kirchenrecht 
in den Preuß. Staaten, I. 408. 
Lit.: Küster in Moser, Allg. Kirchenblatt, II. 536 ff. 
  
P. Hinschius. 
Versetzung der Staatsbeamten ist derjenige Akt der Staatsgewalt, durch 
welchen den Beamten ein anderer, als der bisherige Ort zur Ausübung und Ent- 
faltung ihrer amtlichen Thätigkeit angewiesen wird. Durch seine Ernennung tritt
	        
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