1078 Versetzung.
haben. Das Preuß. Landesrecht, welches die Versetzung im dienstlichen Interesse im
Abschnitt VIII. des Disziplinargesetzes für nichtrichterliche Beamte vom 21. Juli
1852 behandelt, statuirt eine Ausnahme zu Gunsten der in Folge ihrer Ansässigkeit
im Kreise gewählten und auf Grund dieser Wahl ernannten Landräthe. Sie sollen,
solange sie den für ihre Wahl maßgebend gewesenen Grundbesitz nicht aufgegeben
haben, wider ihren Willen nicht versetzt werden dürfen.
Es kann aber auch die Versetzung als eine Disziplinarstrafe durch richterliches
Urtheil ausgesprochen werden, weil der Beamte die Pflichten seines Amtes verletzt
hat. Allerdings wird nur dann von diesem Strafmittel ein zutreffender Gebrauch
gemacht werden, wenn die Art der Pflichtverletzung einer ferneren gedeihlichen Ent-
wickelung amtlicher Thätigkeit an dem Orte der That hindernd entgegensteht, die
Entfernung des Beamten daher ein Erforderniß des dienstlichen Interesses wird.
Ist aber auf Versetzung rechtskräftig erkannt, so liegt der Staatsgewalt die Aus-
führung des Urtheils ob, und darf sie nicht vorher noch erst die Prüfung eintreten
lassen, ob die Voraussetzungen einer Versetzung vorliegen. Um jedoch diese Art der
Versetzung von der aus dienstlichen Rücksichten zu unterscheiden und ihr den Charakter
einer Strafe zu geben, schreibt sowol das Reichsgesetz, wie das Preuß. Disziplinar-
gesetz vor, daß sie mit einer Vermögensstrafe verbunden werden soll, die nach dem
letzteren in einer Verminderung des Diensteinkommens, oder in dem Verlust des
Anspruchs auf Umzugskosten, oder in beiden Nachtheilen zugleich, nach dem ersteren
nur in dem erstgedachten Nachtheile bestehen kann, an dessen Stelle jedoch eine Geld-
buße gesetzt werden darf.
2) Bei den richterlichen Beamten war in Preußen schon nach den Art. 86,
87 der Verfassungsurkunde und ist jetzt in ganz Deutschland nach dem G. § 8
die Versetzung eine freiwillige oder eine unfreiwillige, letztere als Folge eines gegen
den Beamten ergangenen Disziplinarurtheils. Somit gilt als Regel, daß der Richter
nur auf seinen Antrag bzw. mit seiner ausdrücklichen Einwilligung versetzt werden
kann. Von ihr gestattet der § 8 nur eine Ausnahme für den Fall einer Organi-
sation der Gerichte oder einer Aenderung der Gerichtsbezirke, eine Ausnahme, die
nicht sowol durch das dienstliche Interesse, als vielmehr durch die Nothwendigkeit
geboten ist. Es soll also sowol bei allgemeinen Aenderungen der gerichtlichen
Behörden, wie bei Lokalveränderungen, z. B. der Aufhebung eines Amtsgerichts oder
der Verkleinerung des Bezirks eines solchen, der Staat befugt sein, auch gegen den
Richter von seinem Versetzungsrechte unbeschränkten Gebrauch zu machen. Zu dieser
Ausnahme tritt in Preußen noch eine zweite, welche der § 52 des Gesetzes vom
7. Mai 1851 vorschreibt. Wenn sich nämlich zwischen zweien an demselben Gericht
angestellten richterlichen Beamten ein Schwägerschaftsverhältniß bis inklusive dritten
Grades bildet, so ist derjenige Richter, durch dessen Verheirathung dieses Verhältniß
bedingt wird, verbunden, sich eine Versetzung in eine andere Stelle gefallen zu
lassen. —
Die unfreiwillige Versetzung kann nur auf Grund eines im Disziplinarverfahren
rechtskräftig ausgesprochenen Urtheils erfolgen. In Preußen ist dieses Mittel als
zweitschwerste Disziplinarstrafe durch den § 1 des Gesetzes vom 26. März 1856 —
Ges. Samml. S. 201 — eingeführt worden und ruht auf der Erwägung, daß die
Beschaffenheit und Schwere der Amtspflichtverletzung der erfolgreichen ferneren Wirk-
samkeit des Richters an der bisherigen Stelle hindernd entgegentritt. Die Strafe
wird bald allein erkannt, bald in Verbindung mit vermögensrechtlichen Nebenstrafen.
In Preußen tritt der letztere Fall ein. Sie soll verschärft werden entweder durch
Verminderung des Diensteinkommens, an deren Stelle auch eine den dritten Theil
des Jahreseinkommens nicht übersteigende Geldbuße festgesetzt werden kann, oder
durch den Verlust des Anspruchs auf Umzugzkosten, oder durch beide Nachtheile zu-
gleich. Das rechtskräftige Urtheil hat, soweit es die Versetzung betrifft, die Staats-
gewalt ohne weitere Prüfung zur Ausführung zu bringen.