Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Versicherungsvertrag. 1083 
Zweifel als äußerste Grenze der Ersatzpflicht auf (Erk. vom 18. Febr. 1872). Mit 
dem Verbot der Ueberversicherung hängt das der mehrfachen Versicherung (Doppel- 
versicherung) zusammen, welch letztere bei nur theilweiser erster Versicherung der 
Sache als Versicherung des noch nicht versicherten Werththeils zulässig ist. Ueber 
Rückversicherung f. diesen Art. 
Der Inhalt des V. ergiebt sich im Einzelnen aus der Vereinbarung, dem 
wahren Willen der Parteien; dies gilt auch dann, wenn eine Polize ausgestellt ist 
oder gedruckte oder sonst generelle „Vertragsbedingungen“ vorhanden sind (Entsch. 
d. ROG. Bd. I. S. 125); die „Bedingungen“ sind nach Ansicht des ROS G. (Entsch. 
Bd. IV. S. 64; Bd. II. S. 183, 184) nicht rigoristisch auszulegen, und es tritt 
deshalb nicht ohne Weiteres bei jeder Nichterfüllung einer Bedingung der Verlust 
des ganzen Rechtes aus dem V. ein. Sind die generellen Versicherungsbedingungen 
(„Statuten“ u. dgl.) oder die Versicherungspolizen ungenau redigirt, so sind sie 
präsumptiv gegen ihren Verfasser, im Zweifel also gegen den Versicherer auszulegen 
(Entsch. d. ROHG. Bd. IV. S. 59; Bd. V. S. 243; vgl. aber Entsch. des Reichsger. 
Bd. II. S. 123—127). Die aus dem V. entspringende Verpflichtung des Ver- 
sicherungsnehmers besteht vor Allen in der Verbindlichkeit zur Zahlung der Prämie 
(nach Malß und der Praxis sehr vieler Gesellschaften, vgl. Erk. d. ROG. 
v. 11. März u. 4. April 1873): eine Holschuld (dette quérable); generell läßt 
sich die Frage, ob die Prämienzahlung eine Bringschuld (dette portable) oder eine 
Holschuld sei, nicht entscheiden; das ROSG. hat in dieser Hinsicht erwogen, daß 
der Versicherungsnehmer, wenn aus den ihm bekannten Umständen hervorgeht, die 
Jahresprämie werde bei dem Versicherten abgeholt werden, so lange nicht zu zahlen 
brauche, als ihm nicht das Gegentheil unzweideutig erklärt wird; hat er in der 
durch die Umstände begründeten Erwartung, die Jahresprämien würden unter Präsen- 
tation des Prämienscheins ihm abgefordert werden, die Zahlung zur Verfallzeit 
unterlassen, so verwirkt er durch letztere Unterlassung seinen Anspruch aus dem V. 
nicht; denn es läßt sich, wenn nicht die Versicherungsbedingungen eine ganz un- 
zweideutige Bestimmung enthalten, schwerlich annehmen, daß, entgegen den allgemeinen 
Grundsätzen des bürgerlichen Rechts (im konkreten Falle: Bad. Landrecht, Satz 1230, 
1139), sowie denen des Versicherungsrechts insbesondere, an das bloße Faktum der 
Nichtzahlung zur Verfallzeit schon der Verlust des Versicherungsanspruches habe 
geknüpft werden sollen (Entsch. des ROHG. Bd. IX. S. 375, 387 und die dort 
citirten Entsch.). Der Pflicht der Prämienzahlung entspricht bei Versicherungen auf 
Gegenseitigkeit die Verpflichtung zur Zahlung des entsprechenden, mitunter — un- 
eigentlich — auch Prämie genannten Beitrags (vgl. auch Entsch. des ROG. Bd. I. 
S. 196—198); über „Nachfristen“, „Respekttage“ s. Malß in d. Zeitschr. f. 
H. R. Bd. XIII. S. 97 ff. Ferner obliegt dem Versicherungsnehmer die Pflicht, 
die Lage des Versicherers nicht gegen die Voraussetzungen des V. zu verschlimmern 
(dies gilt z. B. auch bei der Kreditassekuranz: es verliert der Versicherte den An- 
spruch aus dem V., wenn er durch willkürliche Dispositionen, wie Verlängerung 
der Kreditirung, die Kreditgefahr erhöht; vgl. Entsch. d. RO G. Bd. V. S. 351 ff.) 
und endlich dem Versicherer die nöthigen Anzeigen und Mittheilungen zu machen 
(über die Anzeigepflicht f. Urtheil des Engl. Gerichtshofs Queen's Bench Court v. 
Juni 1867 in Goldschmidt's Zeitschr. f. H. R. Bd. XII. S. 198, andere Erk. 
ebenda S. 200 ff. und Malß ebenda Bd. XIII. S. 101 ff.). Die beiden letzteren 
Verpflichtungen obliegen auch dem Versicherten, welcher nicht Versicherungsnehmer 
ist. Ueber den Beweis der Erfüllung der Versicherungsbedingungen f. Entsch. d. 
Reichsgerichts Bd. I. S. 303, 304. Den Versicherer verpflichtet der V. zur Ueber- 
nahme der Gefahr in ihrer vollen, durch den Vertrag näher bestimmten Ausdehnung 
(die z. B. bei der Transportversicherung im Zweifel nicht blos bis zur Ankunft, 
sondern bis zur Auslieferung des Gutes reicht — Entsch. d. ROHG. Bd. II. S. 264) 
und folgeweise zur Zahlung der Versicherungsfumme nach Maßgabe des eingetretenen 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.