Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Vorstand. 1187 
Fusion (Art. 247 Z. 3). Bei eingetretener Verminderung des Grundkapitals muß 
der V. einer unverzüglich zu berufenden Generalversammlung hiervon Anzeige machen, 
eine vorhandene Ueberschuldung aber hat er sofort dem Gericht behufs Eröffnung 
des Konkurses anzuzeigen (Art. 240). Zu dem Antrag auf Konkurseröffnung ist 
sowol in diesem Falle als im Falle der Zahlungsunfähigkeit schon ein einzelnes 
Vorstandsmitglied berechtigt (K O. §§ 193 und 194). Endlich ist der V. im Zweifel 
zur Liquidation befugt und verpflichtet (Art. 244 und 245). 
Das individualrechtliche Verhältniß zwischen den Mitgliedern des 
V. und der Aktiengesellschaft beruht auf der vertragsmäßigen Uebernahme einer 
korporativen Amtsfunktion. In dieser Hinsicht stehen Gesellschaft und Vemitglied 
einander nicht wie das Ganze und sein Organ, sondern wie zwei individuelle Rechts- 
subjekte gegenüber. Die daraus entspringenden gegenseitigen Ansprüche sind im Wege 
des ordentlichen Civilprozesses verfolgbar, soweit nicht durch das Statut eine schieds- 
richterliche Instanz dafür eingesetzt oder ein zunächst statutarisch vorgesehener Weg 
korporativer Erledigung des Streites noch nicht erschöpft ist (uvgl. Erk. des ROP. 
vom 2. Juni 1874, Entsch. XIV. Nr. 35 S. 82 ff. und die hier analog anwend- 
bare Begründung in dem Erk. vom 7. März 1877, Entsch. XXII. Nr. 24 S. 105—108). 
Bei einem solchen Prozeß bedarf es einer außerordentlichen Vertretung der Gesell- 
schaft ad hoc, worüber das HG#. besondere Bestimmungen enthält (Art. 226 mit 
Art. 194 und 195). In gleicher Weise wird die Bestellung einer befonderen Ver- 
tretung der Gesellschaft als solcher gegen den V. erforderlich, wenn zwischen beiden 
ein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden soll oder wenn sonst der V. durch Interessen- 
kollision an der Vertretung behindert ist, falls nicht etwa ein von der Kollision 
nicht betroffener und für sich allein vertretungsbefugter Vorstandstheil vorhanden ist 
(vgl. über die Mängel der Statuten in dieser Hinsicht Löwenfeld, S. 236 ff.). 
Der Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen der Aktiengesellschaft und ihren Vor- 
standsmitgliedern ist in einzelnen Punkten in zwingender Weise und in anderen 
subsidiär durch das Gesetz normirt. Sodann kann das Statut allgemeine Vor- 
schriften über die gegenseitigen Rechte und Pflichten aufstellen. Im Uebrigen ent- 
scheidet der mit dem einzelnen Mitgliede etwa abgeschlossene Anstellungsvertrag. In 
Ermangelung aller ausdrücklichen Fixirungen müssen die Grundsätze des Mandates 
Platz greifen. Dagegen können durchaus nicht die gesetzlichen Vorschriften über das 
Dienstverhältniß der Handlungsgehülfen hier herangezogen werden, da das V mit- 
glied, wie sehr es auch nach innen abhängig und auf die Thätigkeit eines Gehülfen 
beschränkt sein mag, immer nach außen die Stellung eines Prinzipals einnimmt 
(Entsch. des ROH-#G. XIII. Nr. 64 S. 179; XIX. Nr. 18 S. 58 und Nr. 19 
S. 61; XXI. Nr. 121 S. 375). 
Was zunächst die Rechte gegen die Aktiengesellschaft angeht, so hat kein V. mit- 
glied jemals ein Recht auf sein Amt. Ein solches Recht ist durch das Prinzip der 
unabänderlichen Widerruflichkeit der V. bestellung (vgl. oben) ausgeschlossen. Es 
giebt daher keine Klage gegen die Gesellschaft auf Einsetzung oder Wiedereinsetzung 
in die V.mitgliedschaft (Erk. des ROS. vom 2. Juni 1874, Entsch. XIV. Nr. 35 
S. 82 ff.; dagegen hat das ROPG. in dem Erk. vom 27. April 1875, Entsch. XVII. 
Nr. 28 S. 107—114 eine solche Klage gegen den V. für zulässig erklärt, wenn. 
dieser ein rite gewähltes Mitglied nicht anerkennt und einberuft). Wol aber hat 
jedes V. mitglied einen klagbaren Anspruch auf die aus seiner Amtsführung nach 
den allgemeinen Grundsätzen des Mandats ihm von der Gesellschaft geschuldeten 
Ersatzleistungen und auf alle ihm versprochenen besonderen Vermögensleistungen (Ge- 
halt, Tantiemen, Präsenzgelder, Amtswohnung, freie Fahrt u. f. w.). In dieser 
Hinsicht ist bei der Auslegung der Vertragsabreden die eigenthümliche Natur des 
Anstellungsvertrages zu berücksichtigen (so hat das ROPG.; Entsch. XIX. Nr. 19 S. 61, 
den Anspruch auf Fortbezug des ganzen Gehalts während einer unverschuldeten 
Krankheit für begründet erklärt). Die vermögensrechtlichen Ansprüche eines V.mit- 
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