1200 Voruntersuchung.
2) Die Person, gegen welche die öffentliche Klage erhoben wird (der An-
geschuldigte nach der Terminologie der Deutschen Strafp O.; der Beschuldigte
nach der der Oesterreichischen). Daß es eine solche Person sein müsse, gegen welche
die Strafklage überhaupt erhoben werden kann, versteht sich eben so von selbst, als
daß die Erörterung dieser wesentlich materiellrechtlichen und jedenfalls nicht auf
die V. beschränkten Frage nicht hier Platz finden kann. Wohl aber muß bemerkt
werden, daß für die Begrenzung der Aufgabe der V. die Bezeichnung der Person,
gegen welche sie zu führen ist, genau dieselbe Bedeutung hat, wie die Bezeichnung
der That und daher das meiste darüber oben (unter 1) Gesagte auch hier Anwendung
findet. Speziell hervorzuheben ist hier nur noch: Die Nachforschung nach der Schuld
einer bestimmten Person wird in vielen Fällen unvermeidlich dahin führen, daß der
gegen andere Personen wegen der gleichen That erhobene Verdacht ins Auge gefaßt
und in den Bereich der Untersuchung gezogen wird; es ist daher die Pflicht des
Untersuchungsrichters, Alles, was sich darauf bezieht, ans Licht zu setzen und ma-
teriell die V. auch auf andere Personen auszudehnen, formell aber (durch Ver-
haftung oder durch Vernehmung als Angeschuldigten) darf er dies ohne Antrag
der Staatsanwaltschaft nicht. Inwiesern solche Komplikationen dahin führen
können, daß die Staatsanwaltschaft in den Fall kommen kann, zwei oder mehrere
öffentliche Klagen zu erheben, die mit einander nicht vereinbar sind, — das
zu erörtern überschreitet die Grenzen, die hier eingehalten werden müssen; hier muß
die Bemerkung genügen, daß der Ausdruck „Erhebung der öffentlichen Klage“ nicht
über den unmittelbaren Zweck, welcher hier auf bloße Untersuchung gerichtet ist,
irre machen darf. — Eine ähnliche Frage ergiebt sich in Fällen, wo die Person
des Thäters nicht mit voller Bestimmtheit bezeichnet werden kann. Zwar muß
der Antrag immer gegen eine bestimmte Person gerichtet sein, sonst kann von der
Erhebung der öffentlichen Klage und von Eröffnung der V. nicht gesprochen werden;
allein es wird Fälle geben, wo der Name und was sonst gewöhnlich zur Identifizirung
einer Person gebraucht wird, nicht angegeben werden kann; z. B. wenn der auf frischer
That Betretene jeden Aufschluß darüber verweigert, wenn der Verdacht eine Person
trifft, die nuch bestimmten, ihre spätere Identifizirung sichernden Merkmalen, aber
auch nur nach diesen bezeichnet werden kann. Wo mehr nach Lage des Falles
nicht geboten werden kann, muß dies genügen.
3) Eine ausdrückliche Begründung der erhobenen Anschuldigung, Darthuung
von Verdachtsgründen u. s. w. in dem Antrage ist nicht erforderlich; wohl aber
schreibt die Oesterr. Strafp O. (5 92 Abf. 2) vor: „Beantragt der Staatsanwalt
die Einleitung einer V., so hat er die Anzeige, sowie die zu seiner Kenntniß ge-
langten Beweismittel und die Ergebnisse der etwa veranstalteten Vorerhebungen dem
Untersuchungsrichter mitzutheilen“, und man ist darüber einig, daß das Gleiche auch
im Sinne der Deutschen StrafP O liegt, wenngleich die Stellung des Untersuchungs-
richters zur Beweisfrage hier anders geordnet ist.
II. Prüfung des Antrages und Verfügung über denselben durch den Unter-
suchungsrichter. Die Oesterr. Straf O. ordnet darüber (§ 92 Abs. 3) an:
„Findet der Untersuchungsrichter Bedenken, einem Antrage auf Einleitung der V.
beizutreten, so ist darüber der Beschluß der Rathslammer einzuholen.“ Das Recht
der Prüfung der Statthaftigkeit des Antrages ist hier dem Untersuchungsrichter in
vollem Umfange eingeräumt; er kann also auch prüfen, ob der Verdacht, welcher
den Staatsanwalt zur Stellung seines Antrages bestimmte, objektive Anhaltspunkte
habe, welche die Einleitung der Voruntersuchung rechtfertigen; dabei wird allerdings
vorausgesetzt, daß er sich völlig die Lage der Sache klar mache und seine Anfor-
derungen bezüglich der Schwere des Verdachts werden geringere sein, wenn noch
keine Vorerhebungen vorausgegangen sind, zu deren Veranlassung der Staatsanwalt
berechtigt, aber nicht verpflichtet ist; der Untersuchungsrichter kann auch, ehe er
seinen Beschluß faßt, selbst einzelne Erhebungen vornehmen (vgl. S. Mayer, Hand-