Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1200 Voruntersuchung. 
2) Die Person, gegen welche die öffentliche Klage erhoben wird (der An- 
geschuldigte nach der Terminologie der Deutschen Strafp O.; der Beschuldigte 
nach der der Oesterreichischen). Daß es eine solche Person sein müsse, gegen welche 
die Strafklage überhaupt erhoben werden kann, versteht sich eben so von selbst, als 
daß die Erörterung dieser wesentlich materiellrechtlichen und jedenfalls nicht auf 
die V. beschränkten Frage nicht hier Platz finden kann. Wohl aber muß bemerkt 
werden, daß für die Begrenzung der Aufgabe der V. die Bezeichnung der Person, 
gegen welche sie zu führen ist, genau dieselbe Bedeutung hat, wie die Bezeichnung 
der That und daher das meiste darüber oben (unter 1) Gesagte auch hier Anwendung 
findet. Speziell hervorzuheben ist hier nur noch: Die Nachforschung nach der Schuld 
einer bestimmten Person wird in vielen Fällen unvermeidlich dahin führen, daß der 
gegen andere Personen wegen der gleichen That erhobene Verdacht ins Auge gefaßt 
und in den Bereich der Untersuchung gezogen wird; es ist daher die Pflicht des 
Untersuchungsrichters, Alles, was sich darauf bezieht, ans Licht zu setzen und ma- 
teriell die V. auch auf andere Personen auszudehnen, formell aber (durch Ver- 
haftung oder durch Vernehmung als Angeschuldigten) darf er dies ohne Antrag 
der Staatsanwaltschaft nicht. Inwiesern solche Komplikationen dahin führen 
können, daß die Staatsanwaltschaft in den Fall kommen kann, zwei oder mehrere 
öffentliche Klagen zu erheben, die mit einander nicht vereinbar sind, — das 
zu erörtern überschreitet die Grenzen, die hier eingehalten werden müssen; hier muß 
die Bemerkung genügen, daß der Ausdruck „Erhebung der öffentlichen Klage“ nicht 
über den unmittelbaren Zweck, welcher hier auf bloße Untersuchung gerichtet ist, 
irre machen darf. — Eine ähnliche Frage ergiebt sich in Fällen, wo die Person 
des Thäters nicht mit voller Bestimmtheit bezeichnet werden kann. Zwar muß 
der Antrag immer gegen eine bestimmte Person gerichtet sein, sonst kann von der 
Erhebung der öffentlichen Klage und von Eröffnung der V. nicht gesprochen werden; 
allein es wird Fälle geben, wo der Name und was sonst gewöhnlich zur Identifizirung 
einer Person gebraucht wird, nicht angegeben werden kann; z. B. wenn der auf frischer 
That Betretene jeden Aufschluß darüber verweigert, wenn der Verdacht eine Person 
trifft, die nuch bestimmten, ihre spätere Identifizirung sichernden Merkmalen, aber 
auch nur nach diesen bezeichnet werden kann. Wo mehr nach Lage des Falles 
nicht geboten werden kann, muß dies genügen. 
3) Eine ausdrückliche Begründung der erhobenen Anschuldigung, Darthuung 
von Verdachtsgründen u. s. w. in dem Antrage ist nicht erforderlich; wohl aber 
schreibt die Oesterr. Strafp O. (5 92 Abf. 2) vor: „Beantragt der Staatsanwalt 
die Einleitung einer V., so hat er die Anzeige, sowie die zu seiner Kenntniß ge- 
langten Beweismittel und die Ergebnisse der etwa veranstalteten Vorerhebungen dem 
Untersuchungsrichter mitzutheilen“, und man ist darüber einig, daß das Gleiche auch 
im Sinne der Deutschen StrafP O liegt, wenngleich die Stellung des Untersuchungs- 
richters zur Beweisfrage hier anders geordnet ist. 
II. Prüfung des Antrages und Verfügung über denselben durch den Unter- 
suchungsrichter. Die Oesterr. Straf O. ordnet darüber (§ 92 Abs. 3) an: 
„Findet der Untersuchungsrichter Bedenken, einem Antrage auf Einleitung der V. 
beizutreten, so ist darüber der Beschluß der Rathslammer einzuholen.“ Das Recht 
der Prüfung der Statthaftigkeit des Antrages ist hier dem Untersuchungsrichter in 
vollem Umfange eingeräumt; er kann also auch prüfen, ob der Verdacht, welcher 
den Staatsanwalt zur Stellung seines Antrages bestimmte, objektive Anhaltspunkte 
habe, welche die Einleitung der Voruntersuchung rechtfertigen; dabei wird allerdings 
vorausgesetzt, daß er sich völlig die Lage der Sache klar mache und seine Anfor- 
derungen bezüglich der Schwere des Verdachts werden geringere sein, wenn noch 
keine Vorerhebungen vorausgegangen sind, zu deren Veranlassung der Staatsanwalt 
berechtigt, aber nicht verpflichtet ist; der Untersuchungsrichter kann auch, ehe er 
seinen Beschluß faßt, selbst einzelne Erhebungen vornehmen (vgl. S. Mayer, Hand-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.