Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Waffenstillstandsverträge — Wahlgesetze. 1213 
Waffenstillstandsverträge (pacta induciarum, traités d’armistice) werden 
von im Kriegsstande befindlichen Mächten geschlossen, um gegenseitige, zeitweilige 
Einstellung der Feindseligkeiten vertragsmäßig sicher zu stellen; sei es, daß es sich 
handle um die Vorbereitungen zur Herbeiführung des Friedensstandes, zur Fest- 
stellung eines bestimmten kriegerischen Erfolges (z. B. Kapitulation); sei es, daß 
nur eine Pause der Kriegsoperationen beabsichtigt werde. Man unterscheidet all- 
gemeine W. (treves) für die kriegführenden Mächte in ihrem gesammten Umfange, 
auch die Alliirten mit eingeschlossen, und besondere (partielle, speziale) für bloße 
Theile der kämpfenden Parteien, einzelne Operationslinien, Rayons des Kriegsfeldes, 
Arten von Feindseligkeiten. Die ersteren sind Staatsakte; sie werden nur von den 
anerkannten Häuptern der Kriegsparteien, insbesondere den Souveränen oder ihren 
Bevollmächtigten, abgeschlossen. Die letzteren tragen den Charakter militärischer 
Maßregeln. Zu ihrem Abschluß gilt völkerrechtlich jeder militärische Befehlshaber 
soweit befugt, als sein Kommando (z. B. Festungskommando) reicht, auch ohne 
Ratifikation des Kriegsherrn. Gingen die von einem solchen übernommenen Ver- 
pflichtungen weiter, so wären sie als bloße Sponsionen zu betrachten. 
W. heben nicht den Kriegsstand unter den Parteien auf, sondern suspendiren 
nur alle weiteren kriegerischen Maßregeln. Demnach ist jedem Waffenstillstande die 
Klausel der Erhaltung des räumlichen Statusquo immanent. Eine Ausdehnung 
des Operationsfeldes gegen den Feind darf nicht unternommen, eine Oeffnung der 
feindlichen Linien nicht gefordert werden. Innerhalb seines Gebietes kann aber 
jeder Theil (z. B. die belagerte Festung) zu Befestigung, Sicherung, Ausbesserung 
seiner Positionen thun, was ihm gut dünkt (so schon H. Groot, III. 21, 7; 
Pufendorf, De jure nat., VIII. 7, 9, und neuerdings vornehmlich Heffter, 
dagegen sehr entschieden Vattel, §§ 246 ff. und ihm nach Wheaton, auch 
Bluntschli, Mod. Völkerrecht, § 691). Um jeden Zweifel zu beseitigen, werden 
häufig Demarkationslinien vereinbart. Mit der Suspension der militärischen Maß- 
regeln wird im Allgemeinen ein unschädlicher Privatverkehr der im Kriegsstande be- 
findlichen Personen für vereinbar erachtet. 
W. werden bald auf bestimmte, bald auf unbestimmte Zeit geschlossen. Im 
ersteren Falle unterscheiden sie sich, wenn die Frist auf Jahre bemessen wird — 
so oftmals im Mittelalter, in der Neuzeit noch bei W. der Türkei, des treves à longues 
années —, vom Friedensstande nur dadurch, daß der Kriegsgrund perpetuirt wird. 
Im letzteren Falle wird zur Aupfhebung derselben vorherige Aufkündigung verlangt. 
Die Verbindlichkeit der W. beginnt für die kontrahirenden Theile mit dem verab- 
redeten Anfangspunkt, für die Truppen mit der Kenntnißnahme; für den Schaden, 
der durch verzögerte Kenntnißgabe geschieht, ist die Staatsgewalt selbst verantwortlich. 
In Bezug auf Form, Bestärkung, Interpretation, Aufhebung unterliegen die 
W. den gewöhnlichen völkerrechtlichen Regeln. Einen ganz formlos, auf kürzeste 
Zeit geschlossenen, örtlich beschränkten Waffenstillstand nennt man Waffenruhe 
(cessation, suspension d’armes). 
Quellen: Actes de la conférence de Bruzelles, 1874. Projet d'une déclaration 
internationale art. 47—52. F. v. Martitz. 
Wahlgesetze sind diejenigen Gesetze, durch welche die Berechtigung zu wählen, 
die sog. aktive Wahlfähigkeit, die Fähigkeit gewählt zu werden, die sog. passive 
Wahlfähigkeit, und die Art und Weise, in welcher die Wahl vollzogen wird, der 
Wahlmodus oder das Wahlverfahren, hinsichtlich aller durch Wahl zu besetzender 
Plätze in den Volksvertretungen der einzelnen Länder bestimmt werden. Regelmäßig 
enthalten die Deutschen Verfassungsurkunden mehr oder weniger ausführliche Be- 
stimmungen über die Wahlen der Ständemitglieder, haben jedoch meistens die ein- 
gehende Normirung der Wahlberechtigung, der Wählbarkeit und des Wahlverfahrens 
besonderen Gesetzen überlassen. Diese sind hin und wieder, z. B. in Bayern, in
	        
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