Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

836 Euspension. 
die Anordnung der vorläufigen Amtsverwaltung bei Pfarrvakanzen, die Regulirung 
der Verhältnisse zwischen den früheren Amtsinhabern, resp. den Erben der letzteren 
und den Nachfolgern, die Leitung der Pfarrwahlen, die Einführung der neuan- 
gestellten Geistlichen, das Präsidium auf den Kreis= (Diözesan= 2c.) Synoden, endlich 
die Ausübung des Dispensationsrechtes für minder wichtige Fälle. Ferner sind sie 
die Aufsichtsorgane für die einzelnen Pfarrkreise, welche persönlich Kenntniß von 
allen dieselben betreffenden kirchlichen Verhältnissen zu nehmen haben. Sie haben 
also die unmittelbare Aufsicht über die Lehre, die Amtsverwaltung und den Wandel 
der Geistlichen, über die sittlichen und religiösen Verhältnisse der Gemeinden, über 
die denselben gehörigen Anstalten christlicher Liebesthätigkeit und die Administration 
des kirchlichen Vermögens zu führen. Mit der jetzt in Deutschland fast überall 
eingetretenen Beseitigung der kirchlichen Jurisdiktion in Ehesachen ist die ihnen 
früher an der Eherechtspflege zustehende Betheiligung fortgefallen. Die Ernennung 
ist meistens, freilich nicht immer, Reservatrecht des Landesherrn, und der Praxis 
nach werden dazu Pfarrer, welche sich in ihrer Amtsführung bewährt haben und 
ihr früheres Pfarramt behalten oder ein anderes übernehmen, ausgewählt. — Eben- 
falls schon seit dem 16. Jahrh. kommt es vor, daß als höheres Aufsichtsorgan den 
S. eines bestimmten Landes oder einer bestimmten Provinz ein sog. General- 
a uperintendent (mitunter auch im Gegensatz zu den Metropolitanen, so in Kur- 
hessen, und im Gegensatz zu den Pröpsten, z. B. in Mecklenburg, blos S. genannt) 
vorgesetzt ist, eine Einrichtung, welche noch heute, z. B. in Altpreußen, Schleswig, 
Holstein, Kurhessen, im Großherzogthum Hessen, besteht. Sie haben die Aussicht 
über die S. zu führen und sind die Organe der oberen Kirchenbehörden, deren 
Mitglieder sie gewöhnlich sind, um diese in unmittelbarer Beziehung zu den ihnen 
untergeordneten kirchlichen Kreisen zu erhalten. 
Lit.: Ziegler, Superintendens, Viteb. 1687 u. ö. — Lehmann, De officio superin- 
tendentis, Chemn. 1725. — Schmidt, Der Wirkungskreis 2c. des Subsrinteidenien in der 
evangel. Kirche Preußens, Quedlinb. 1837. P. Hinschius. 
Suspension (Th. I. S. 662, 686), d. h. in der katholischen Kirche die 
Entziehung der Ausübung, resp. des Genusses der aus dem geistlichen Amte her- 
fließenden Rechte auf unbestimmte oder bestimmte Zeit. Im ersteren Falle hat die 
S. den Charakter der censura, im letzteren den der Strafe im engeren Sinne 
(poena vindicativa, s. d. Art. Cenfuren u. Th. I. S. 153). Endlich kann die S. auch 
noch die Natur einer provisorischen oder Sicherungsmaßregel haben, um die Kirche 
gegen mögliche Nachtheile zu sichern (z. B. wenn ein Geistlicher zur Kriminal- 
untersuchung gezogen wird). Sowol als Censur wie als Strafe kann die S. a 
jure oder a bomine verhängt, d. h. schon als Folge gewisser Handlungen vom 
Gesetz festgesetzt sein oder erst als angemessenes Censur= oder Strafmittel für einen 
bestimmten Fall vom kirchlichen Oberen ausgesprochen werden, ferner kommt sie auch 
in ihren beiden Arten als s. latae sententiae oder s. ferendae sententiae vor, 
d. h. sie tritt ohne Weiteres mit der Begehung der bedrohten Handlung oder erst 
in Folge besondern Erkenntnisses des geistlichen Oberen ein. Berechtigt zur Ver- 
hängung sind die Inhaber der ordentlichen Jurisdiktion, also der Papst, die Erz- 
bischöfe (diese aber nur in sehr beschränkter Weise), die Bischöfe über die ihnen 
untergebenen Personen, sowie die Klosteroberen über ihre Regularen. Ebenso haben 
dieselben Beamten für die Regel das Recht zur Aufhebung (absolutio) der S. Die 
Verhängung der s. ferendae sententiae setzt übrigens ein schwereres Vergehen, frucht- 
lose Mahnung, vorgängige Androhung, förmliche Untersuchung und einen darauf 
gegründeten, dem Angeklagten publizirten Urtheilsspruch voraus. Ihrer Wirkung 
nach kann die S. sein eine plena oder generalis, d. h. gleichzeitig eine s. ab ordine, 
ab officio und a beneticio, sie entzieht dann dem davon Betroffenen die Ausübung 
der Weiherechte, der aus der Regierungsgewalt (iurisdictio) herfließenden Befugnisse
	        
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