Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Waldgenossenschaften. 1233 
Zur Beseitigung dieser neuerdings schwer empfundenen Mißstände waren zwei Wege 
offen. Der eine leitete zur Wiederherstellung einer genossenschaftlichen Organisation 
der Wirthschaft in den gemeinen Holzungen, und mußte dahin führen, daß aus der 
losen Gemeinschaft der Miteigenthümer unter Erlassung von Satzungen eine öffentlich- 
rechtliche W. gebildet würde, welche durch ihre Organe unter der allgemeinen Auf- 
sicht der Staatsverwaltungs= und Forstbehörden und unter bestimmten, durch das 
öffentliche Interesse der Walderhaltung gebotenen Beschränkungen die forstmäßige 
Bewirthschaftung und Nutzung für die betheiligten Besitzer würde zu besorgen haben. 
Das Betreten dieses Wegs bot freilich vielfache Schwierigkeiten, indem die Schaffung 
solcher lebenskräftigen Genossenschaften ein verständnißvolles Mitwirken der Be- 
theiligten voraussetzt, indem ferner die Erlassung und Bestätigung einer großen 
Anzahl von Genossenschaftssatzungen und die Beaussichtigung der genossenschaftlichen 
Thätigkeit für die Staatsbehörden eine mühsame und wegen des nur partiellen und 
zeitweisen Eingreifens den Erfolg nicht ausreichend sichernde Aufgabe geschaffen 
hätte. Es wurde daher durch das Preuß. Gesetz vom 14. März 1881 ein zweiter, 
einfacherer Weg beschritten und bestimmt, daß die gemeinen Holzungen, welche sich 
nach ihrer Beschaffenheit und ihrem Umfange zu einer forstmäßigen Bewirthschaftung 
eignen, hinsichtlich des Forstbetriebs und der Benutzung der Aussicht des Staats 
nach Maßgabe der für die Forsten der Gemeinden geltenden Bestimmungen unter- 
liegen sollen. Wo daher nach der Gesetzgebung der einzelnen Landestheile die Ge- 
meindewaldungen durch die Staatsbehörden beförstert werden, übernehmen die letzteren 
nunmehr auch die Bewirthschaftung der gemeinen Holzungen, wo die nach dem Gesetz 
vom 14. August 1876 bestimmte Staatsaufsicht über die Gemeindewaldungen Platz 
greift, sind die gemeinen Holzungen auf Grund des staatlich genehmigten Betriebs- 
plans nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit und unter eingreifender staatlicher Kon- 
trole durch die Beauftragten der Gemeinschaft zu verwalten und zu nutzen. Dagegen 
sind die Miteigenthümer nicht zu einer Genossenschaft organisirt und zur Erlassung 
von Statuten nicht gehalten; sie sind. nur verpflichtet, wo ihre Zahl mehr als fünf 
beträgt, Bevollmächtigte zu ernennen, welche die Gemeinschaft gegenüber der Auf- 
sichtsbehörde zu vertreten und alle von letzterer erlassenen Verfügungen auszuführen 
haben. Endlich ist auch die Theilung der gemeinen Holzungen erschwert worden, 
indem der § 6 des Gesetzes die Naturaltheilung für die Regel ausschließt und nur 
dann zuläßt, wenn landes= oder forstpolizeiliche Interessen nicht entgegenstehen und 
entweder die Holzung zu einer forstmäßigen Benutzung nicht geeignet ist oder der 
Grund und Boden zu anderen als forstlichen Zwecken dauernd mit erheblich größerem 
Vortheil benützt werden kann. 
Während in den bisher betrachteten Fällen nur Anklänge an waldgenossenschaft- 
liche Organisationen zu finden sind, so bestehen auch jetzt noch in Deutschland 
eigentliche W. in zwei Hauptformen, die einen auf der privatrechtlichen 
Grundlage korporativen Waldeigenthums, meist in Anknüpfung an das Rechtsver- 
hältniß der Markgenossenschaft, als noch lebenskräftige Ueberbleibsel früherer Rechts- 
gestaltungen; die anderen lediglich auf der öffentlich-rechtlichen Grundlage moderner 
Forstverwaltungsgesetzgebung, ohne das Band gemeinsamen dinglichen Rechts am 
Genossenschaftswalde, als die erst noch der Bewährung bedürftige Versuchsstation für 
künftige Entwickelungen. 
Was die erstere Gattung der W. angeht, so haben sie sich in einer Anzahl 
Deutscher Staaten in den als besondere Korporationen neben der politischen Gemeinde 
aufrecht erhaltenen Realgemeinden, Alt= oder Nutzungsgemeinden, Märkergenossen- 
schaften, Interessentenforsten erhalten, so in den Preuß. Provinzen Hannover und 
Hessen-Nassau, im Königreich Sachsen, Württemberg, Großh. Hessen, Braunschweig 
und mehreren Deutschen Kleinstaaten und Schweizerischen Kantonen. Die diesen 
Realgemeinden gehörigen Waldungen werden durch besondere Genossenschaftsorgane 
verwaltet und unterstehen hinsichtlich ihrer Bewirthschaftung und Theilung in der 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.