Waldgenoffenschaften. 1235
zweckmäßige Wege, abgehen, daß der Kleinbesitzer zur Durchführung größerer Beschützungs-
und Kulturmaßregeln im Walde materiell nicht hinlänglich leistungsfähig ist, daß endlich
die Nutzungen beim kleinen Waldbesitz, sofern nicht ganz systemlos gewirthschaftet wird,
nur in längeren Perioden nach Unterbrechungen von mehreren Jahren bezogen werden
können und der Verkauf der auf kleinen Parzellen erzogenen Holzsortimente erfahrungs-
gemäß schwierig und wenig lohnend ist. Die neue Preuß. Gesetzgebung vom 6. Juli
1875 sucht nun dem Besitzer der Waldparzellen, soweit thunlich, die Vortheile einer
auf eine größere Waldfläche ausgedehnten Wirthschaftsführung zugänglich zu machen,
ohne doch, wie dies bei Einführung der Haubergsordnungen geschah, eine Aenderung
hinsichtlich der Eigenthumsverhältnisse vorzunehmen. Es können hiernach die Besitzer
neben einander oder vermengt gelegener (parzellirter) Waldgrundstücke, oder Flächen
oder Heideländereien, sofern die forstmäßige Benutzung derselben nur durch Zusammen-
wirken aller Betheiligten zu erreichen ist, zu einer „W.“ vereinigt werden, welche ent-
weder blos die Durchführung einer gemeinsamen Beschützung und anderer der forst-
mäßigen Benutzung des Genossenschaftswalds förderlicher Maßregeln zum Zwecke
hat oder zugleich auf die gemeinschaftliche forstmäßige Bewirthschaftung des Genossen-
schaftswaldes nach einem einheitlich aufgestellten Wirthschaftsplane gerichtet ist. Die
Anregung zur Bildung fsolcher W. kann von jedem einzelnen Besitzer, außerdem
auch von den kommunalen oder Staatsbehörden ausgehen; die Bildung der W.
setzt voraus, daß eine bestimmte Mehrheit der betheiligten Besitzer, welche nach dem
Katastralreinertrag der Grundstücke berechnet wird, zustimmt; sie erfolgt nach voraus-
gegangener Erörterung der thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse durch eine besondere
Verwaltungsbehörde, als welche in der Regel der Kreisausschuß funktionirt. Die so
errichtete W. bildet eine juristische Persönlichkeit des öffentlichen Rechts, welche ihre
Verhältnisse durch Satzungen regelt, Genossenschaftsorgane einsetzt und von den Ge-
nossen nach den für öffentliche Lasten geltenden Bestimmungen Beiträge zur Er-
füllung der Genossenschaftsaufgaben erhebt. Ein Eigenthum oder sonstiges dingliches
Recht an den den Mitgliedern der Genossenschaft gehörigen Waldparzellen wird für die
Genossenschaft durch die Thatsache der genossenschaftlichen Organisation nicht begründet,
wohl aber kann sie durch besondere Rechtstitel Eigenthum und andere dingliche
Rechte erwerben. Die Satzungen der W. bedürfen der staatlichen Genehmigung, wie
denn auch die Thätigkeit derselben unter analoger Anwendung der für Beaufssichti-
gung der Gemeinden geltenden Normen der Kontrole der Staatsbehörde unterliegt.
Hiernach hängt die Bildung solcher W. von der Zustimmung der Mehrheit der
Besitzer, ihre erfolgreiche Thätigkeit im Wesentlichen von Einsicht und Hingebung der in
die Genossenschaftsorgane berufenen Mitglieder ab; die Verbindung der Genossen ist
ferner eine lockere, indem das gemeinschaftliche Band ungetheilten dinglichen Rechts am
Genossenschaftswalde fehlt und auch der Genossenschaftszweck keineswegs auf die
gemeinschaftliche Bewirthschaftung ausgedehnt zu werden braucht; endlich sind auch
die Bestimmungen über Errichtung, Organisation, Thätigkeit und Beaufsichtigung
der W., namentlich in einfacheren Verhältnissen, für die praktische Handhabung etwas
verwickelt. Alle diese Momente haben dazu mitgewirkt, daß eine lebhaftere Ent-
wickelung des W. wesens auf Grund des Gesetzes vom 6. Juli 1875 bisher in
Preußen nicht eingetreten ist, wie denn die Regierung bei Berathung des Gesetzes
über die gemeinen Holzungen erklärt hat, daß durch das Waldschutzgesetz von 1875
seither erhebliche Erfolge nicht erzielt wurden.
Einen ähnlichen Weg zur Bildung von W. hat neuerdings auch das Württemb.
Forstpolizeigesetz vom 8. Septbr. 1879 einzuschlagen versucht; nach Art. 13 dieses
Gesetzes können kleine Waldbesitzer sich zu W. derart vereinigen, daß sie die Ver-
waltung ihrer Waldstücke als ein Ganzes oder im Anschlusse an benachbarte Staats-
oder Körperschaftswaldungen den Organen der Staats-, bzw. der Körperschafts-
Forstverwaltung übertragen; die Bildung einer solchen W. setzt stets Einstimmigkeit
der betheiligten Besitzer voraus; auch hier ist von der Genossenschaft ein staatlich
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