Wasserbenutzung. 1247
meingebrauch, sowie er über die unschädlichen Nutzungshandlungen des Schöpfens,
Badens, Tränkens hinausgeht, eine sehr wirksame thatsächliche Grenze darin, daß
nur derjenige, welcher ein Eigenthumsrecht am Ufergrundstücke oder die Leitungs-
befugniß für sonstige im Wasserbereich gelegene Liegenschaften oder Anstalten besitzt,
die Kräfte des fließenden Wassers dauernd für seine wirthschaftlichen oder häuslichen
Zwecke zu benutzen vermag. Wenn also auch die beiden Systeme von sehr ver-
schiedenen Standpunkten ausgehen, so treffen doch die Ergebnisse derselben sehr nahe
zusammen. Beim ersten System ist zwar an sich der Uferanlieger nutzungsberechtigt;
wo aber die nährenden und bewegenden Eigenschaften des Wassers für ein weiteres
rückliegendes Gebiet von Grundstücken und Anlagen ausreichen, wird es auch bei
diesem System den Hinterliegern theils im Wege der Vereinbarung mit den Ufer-
besitzern, theils durch Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Zwangsbefugnisse er-
möglicht, sich das Wasser für ihre wirthschaftlichen Zwecke dienstbar zu machen.
Bei dem zweiten System hat zwar der Anlieger rechtlich kein die Hinterlieger aus-
schließendes Alleinrecht auf W., thatsächlich aber ist er durch die günstige Lage
seiner Grundstücke und Anstalten in der Nähe des Wasserlaufes in den Stand gesetzt,
sofern die Kräfte des Wassers nur für die wirthschaftlichen Zwecke der angrenzenden
Grundstücke und Anlagen ausreichen, in der Regel die Hinterlieger von der W. aus-
zuschließen, welcher thatsächliche Zustand manchmal sogar dadurch eine gesetzliche An-
erkennung gefunden hat, daß den Anliegern hinsichtlich der W. ein Vorzugsrecht von
den Hinterliegern eingeräumt ist, z. B. Gothaisches Gesetz §§ 20 ff., Sachsf.-Altenb.
Gesetz §§ 13—15. Beim System der Privatgewässer ist zwar der Bach und Fluß
ein Bestandtheil des privaten Vermögensrechts der Anlieger, aber wegen des daneben
meist zugelassenen Gemeingebrauchs der kleinen Nutzungen — z. B. Preuß. Gesetz
von 1843 § 2 — und wegen der zur Verhütung von Kollisionen verschiedener Be-
nutzungsberechtigter und zur Verhinderung von Schädigungen des öffentlichen und
Landeskulturinteresses Platz greifenden vielfachen Einwirkungen der Verwaltungs-
behörden doch in einer Reihe von Beziehungen durch das öffentliche Recht beherrscht
und der Nutzung weiterer Kreise erschlossen. Bei dem zweiten System der öffent-
lichen Gewässer ist der Wasserlauf zwar an sich eine öffentliche, dem allgemeinen
Gebrauch bestimmte Sache, deren Rechtsverhältnisse durch die Verwaltung geordnet
werden, gleichzeitig aber ist, soweit die Benutzung des Wassers für dauernde Zwecke
und durch besondere Anlagen in Frage steht, dieser an sich öffentliche Wasserlauf
theils in Folge älterer Rechtsvorgänge, wie Verjährung, regale Verleihung, theils
auch durch neue Vereinbarungen und sonstige Rechtstitel mit einer Anzahl wohl-
erworbener Benutzungsrechte besetzt und somit noch in einer Reihe von Beziehungen
als ein Gegenstand des Privatvermögensrechts der richterlichen Entscheidung unter-
worfen. Indem sonach das Ergebniß beider Systeme sich nahe berührt, ist es wol
thunlich, in Folgendem ohne eine durchgreifende Unterscheidung eine zusammen-
fassende Darstellung der Grundzüge des W.rechts, wie es sich in dem einen und
anderen Fall hinsichtlich der dritten Kategorie von Gewässern, der natürlich
fließenden, nicht schiff= bzw. floßbaren Wasserläufe, gestaltet, zu geben.
Derjenige, welchem das Recht zur Benutzung eines nicht schiffbaren, natürlich
fließenden Gewässers, sei es kraft Gesetzes, sei es kraft besonderen Rechtsvorganges,
zusteht, ist befugt, im Bereiche seiner Berechtigung die Wasserwelle durch Schöpfen
und ähnliche Handlungen sich anzueignen, das Wasser zum Baden, Waschen und
Schwemmen zu gebrauchen, die Nutzungen aus dem Bett, Sand, Schlamm, Steine,
Wasserpflanzen, zu beziehen, endlich insbesondere die Kräfte des Wassers zu dauernden,
mit dem Grundbesitz oder mit besonderen Anlagen und gewerblichen Unternehmungen
in Verbindung stehenden Zwecken zu benutzen, wie zur Bewässerung von Wiesen,
zur Bewegung von Triebwerken, zur Einleitung von Abgängen. Dabei sind aber
dem Benutzungsberechtigten durch die eigenthümliche Natur des den Gegenstand des
Rechts bildenden fließenden Wassers, namentlich durch die Rücksicht darauf, daß die