Wasserbenutzung. 1249
vertheilung im Falle verminderten Wasserstandes aufgestellt, derart, daß zunächst die
Anlieger zu befriedigen sind und bei sonstiger Konkurrenz mehrerer Ansprüche von
Anliegern oder Hinterliegern demjenigen der Vorzug zu geben ist, dessen Benutzungsart
die größeren volkswirthschaftlichen Vortheile darbietet, insbesondere im Zweifelsfalle
der Wiesenwässerung vor der Benutzung für Triebwerke.
Uebrigens finden diese gesetzlichen Bestimmungen über das an Gewässern
der dritten Kategorie stattfindende Benutzungsrecht nur insoweit unbedingte An-
wendung, als nicht durch rechtsgültige Vereinbarungen unter den Be-
theiligten und sonstige Rechtstitel die Benutzung des Wassers nach Umfang,
Zeiten und Modalitäten in einer abweichenden Weise geregelt ist. Solche besondere
Regelungen, durch welche das Recht der Anlieger einerseits aufgehoben oder über
die gesetzlichen Grenzen hinaus beschränkt oder andererseits wieder zu einer ausschließ-
lichen und vorzugsweisen Befugniß gestaltet werden kann, vermittelst derer es zu-
lässig ist, besondere, in sich abgeschlossene Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Wasser-
vertheilung und Wassernutzung, sogar unter Ausdehnung des Benutzungsrechts auf
gesetzlich nicht berechtigte Besitzer, zu schaffen, kamen namentlich früher, so lange
partikularrechtlich der Rechtszustand eines Wasserregals bestand, nicht selten vor;
durch regale Verleihung, durch Bestallung von Erblehnmühlen, durch landesherrliche
Privilegien über die Wasservertheilung, durch Konstituirung von Wasserservituten
und endlich durch die ordentliche und unvordenkliche Verjährung sind eine große
Zahl derartiger besonderer Rechtstitel auf W. geschaffen worden. Aber auch nach
den neueren Gesetzgebungen gelten in der Regel die gesetzlichen Normen über die
Benutzung der nicht schiffbaren Flüsse und Bäche als lediglich dispositive Bestimmungen,
welche durch Vereinbarung unter den Betheiligten und sonstige Rechtstitel innerhalb
der durch das öffentliche Recht gezogenen Schranken abgeändert werden können.
2) Einwirkungen der Verwaltung auf die W. Auch wo das Recht
auf die W., wie dies, abgesehen von den schiff= und floßbaren Gewässern, sowol
nach Gemeinem Recht als auch nach den das größte Gebiet Deutschlands beherr-
schenden Partikulargesetzen der Fall ist, als ein Privatrecht anerkannt wird, dessen
Voraussetzungen, Inhalt und Umfang sich nach den cidvilrechtlichen Normen und
Rechtsvorgängen regelt, ist doch überall wegen der bei der W. gleichzeitig in Frage
stehenden öffentlichen Interessen den staatlichen Verwaltungsbehörden auf
Grund der Normen des öffentlichen Rechts eine weitgehende Einwirkung auf
die W. eingeräumt. Diese verwaltungsrechtlichen Normen und Einwirkungen haben
den Zweck, einerseits den Gefahren, Benachtheiligungen und Belästigungen entgegen-
zutreten, welche erfahrungsgemäß eine rücksichtslos vom Standpunkte des Einzelinteresses
geübte Wassernutzung für die Allgemeinheit und überhaupt für andere Betheiligte
zur Folge haben kann, andererseits, soweit ein öffentliches oder überhaupt ein über-
wiegendes volkswirthschaftliches Interesse, namentlich der Landeskultur oder der
Industrie vorliegt, durch die Zwangsmittel der Verwaltung eine intensive, rationelle
und möglichst weiten Kreisen zugute kommende Wassernutzung zu sichern. Die Ein-
wirkungen der Verwaltungsbehörden sind besonders weitgehend bei den schiff= und
floßbaren Gewässern, welche, wie schon oben bemerkt wurde, in der Regel der
allseitigen Aufsicht und Leitung der Verwaltungsbehörden unterworfen sind; auch
hinsichtlich der sonstigen natürlich fließenden Gewässer greifen diese Ver-
waltungseinwirkungen nach einer Reihe von Beziehungen in das Benutzungsrecht
der Einzelnen ein, während sie bei den im Privateigenthum stehenden, ge-
schlossenen Gewässern nur in sehr beschränktem Maße zur Anwendung kommen. Im
Einzelnen äußert sich die Thätigkeit der Verwaltung hinsichtlich der Wassernutzung
insbesondere nach folgenden Richtungen:
a) Genehmigung der W. Gewisse Arten der W. bedürfen, ehe sie ins
Werk gesetzt werden, einer vorausgehenden polizeilichen Genehmigung; so namentlich
die Errichtung und wesentliche Aenderung von Stauanlagen für Wassertriebwerke
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 79