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urtheilen kann, der Civilrichter, hat das fragliche W. geschäft für nichtig zu erklären
und anzuordnen, daß das von dem Kredit-Geber und -Nehmer gegenseitig Geleistete
sammt gesetzlichen Zinsen vom Tage der Leistung an zurückzuerstatten ist (§§ 8—10).
Ein wegen einer W forderung etwa anhängiges Civilverfahren muß von Amtswegen
oder auf Ersuchen des Strafrichters sistirt werden, wenn ein Strafprozeß eingeleitet
oder einzuleiten ist (§ 11). Es gilt auch für den Eivilrichter die Theorie der freien
Beweiswürdigung (§ 12). Das Gesetz hat bezüglich seiner civilrechtlichen Be-
stimmungen rückwirkende Kraft (§ 18). Auf Handelsgeschäfte findet es keine An-
wendung (§ 14). Einer Uebertretung macht sich derjenige strafbar, welcher sich von
einem Minderjährigen oder von einer Person, für welche die Nichteinhaltung einer
unter Ehrenwort übernommenen Verpflichtung die Strafe des Verlustes ihrer Dienstes-
stellung zur Folge haben kann, die Erfüllung der Verpflichtung aus einem wenn
auch nicht wucherlichen Kreditgeschäft unter Verpfändung der Ehre eidlich oder unter
ähnlichen Betheuerungen versprechen läßt. Ebenso derjenige, welcher wissentlich eine
solche Forderung erwirbt und dieselbe weiter veräußert oder geltend macht. Rückfall.
sowie Gewerbs= oder Gewohnheitsmäßigkeit kommen als Strasschärfungsgründe in
Betracht.
In Deutschland waren in den Landtagen verschiedener Staaten, z. B. in
Preußen, Bayern, Sachsen, Hessen, Anträge auf Wiedereinführung von W strafgesetzen
resp. die Befürwortung derselben durch die Regierung im Bundesrathe gestellt worden,
als die Abgeordneten v. Kleist-Retzow, v. Flottwell und Freiherr v. Marschall die
Frage auch im Reichstage anregten. Ihr Antrag sowie der des Abgeordneten
Reichensperger wurde einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen, welche mit
einem ausführlichen Berichte aus der Feder des Generalstaatsanwalts v. Schwarze
dem Reichstage einen W gesetzentwurf vorlegte. Der Schluß des Reichstags ver-
hinderte die weitere Berathung. In der nächsten Session griff die Regierung die
schwebende Frage wieder auf und legte am 13. März 1880 einen Entwurf vor, der
sich von dem der erwähnten (XII.) Kommission nur durch unbedeutende redaktionelle
Aenderungen und eine durchgängige Erhöhung des Strafmaßes unterschied, außerdem
aber auch die civilrechtliche Behandlung der W #hgeschäfte berücksichtigte. Der Ent-
wurf ging aus den Berathungen in der Kommission wie im Plenum ziemlich un-
verändert hervor und wurde als Gesetz vom 24. Mai 1880, betreffend den W.,
publizirt (vol. R.G. Bl. S. 109, ausgegeben in Berlin am 31. Mai 1880, aber
in Kraft getreten am 14. Juni 1880). Dasselbe zerfällt in drei Artikel, von denen
der erste die strafrechtlichen, der dritte die civilrechtlichen Bestimmungen bezüglich
des W. und der zweite eine Aenderung der N. 12 des § 360 des StrafGB. enthält,
welche ihre Ergänzung nunmehr für Preußen durch das Gesetz vom 17. März 1881
bezüglich des Pfandleihgewerbes gefunden hat.
Die strafrechtlichen Bestimmungen schließen sich an § 302 des Straf G. (Ueber-
vortheilung Minderjähriger) an und sind als §§ 302 A—d bezeichnet, gehören also
zu dem 25. Abschnitt: Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse.
Der Thatbestand des W deliktes erfordert: 1) objektiv, daß die für ein Darlehn
oder im Falle der Stundung einer Geldforderung zu Gunsten des Vertragschließenden
oder eines Dritten ausbedungenen Vortheile a) den üblichen Zinsfuß überschreiten,
b) nach den Umständen des Falles in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung
stehen; 2) subjektiv, daß das Versprechen= oder Gewährenlassen derselben unter Aus-
beutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Andern geschehen
sei. — Nicht nothwendig ist, daß die verabredeten Bedingungen den wirthschaftlichen
Ruin des Schuldners herbeiführen oder befördern. Ein solcher Zusatz hätte dem
Wucherer leicht einen Ausweg offen gehalten, denn nur ausnahmsweise wird man das
eingetretene wirthschaftliche Verderben gerade einem bestimmten W .geschäfte zur Last
legen können. Jedenfalls wären die Schwierigkeiten des Beweises sehr groß und
stünden in keinem Verhältniß zu der praktischen Bedeutung einer solchen Bestimmung