Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Zahlungseinstellung. 1371 
Zahlungseinstellung, cessation de paiements, ist die auf Zahlungsunver- 
mögen beruhende Unterlassung der Befriedigung berechtigter und fälliger Forderungen. 
Im Französischen Recht, welches nur bei Kaufleuten einen Konkurs kennt, ist die 
Z. die einzige Voraussetzung des Konkurses, der bei ihrem Eintritt sofort von 
Amtswegen eröffnet wird: die Deutsche K O., welche zwischen Kaufleuten und anderen 
Schuldnern nicht unterscheidet, knüpft an sie zu Gunsten des auf Konkurs antragenden 
Gläubigers eine Präsumtion des hauptsächlichsten Konkursgrundes, der Zahlungsun- 
fähigkeit des Schuldners, in Konsequenz welcher sie auch die Z. hinsichtlich der 
Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen und Rechtsgeschäften, welche der Schuldner zur 
Verkürzung der Gläubiger vorgenommen hat bzw. eingegangen ist, dem Antrag auf 
Konkurseröffnung und hinsichtlich der Bestrafung des Bankerutts der gerichtlichen 
Konkurseröffnung, wenn diese wegen unzureichender Theilungsmasse abgelehnt ist, 
gleichgestellt hat? Es kann fraglich erscheinen, ob die KO. eine blos thatsächliche 
oder eine gesetzliche Präsumtion vorgeschrieben habe. Erwägt man, daß eine that- 
sächliche Präsumtion einer Hervorhebung im Gesetze nicht bedurft hätte, da das 
Gesetz bei ihr nichts Anderes vorschreibt, als was die Regeln der Logik und Er- 
fahrung ohnehin dem Richter an die Hand geben, erwägt man ferner, daß die Form 
des Ausdrucks, welchen die Präsumtion im § 94 der KO. enthalten hat, eine 
gebietende und keine blos erlaubende ist, so könnte man versucht sein, die Präsumtion 
für eine gesetzliche zu halten. Nichtsdestoweniger muß man sich gegen die Annahme 
einer solchen entscheiden. Denn erstlich würde eine gesetzliche Präsumtion, 
weil sie eine gesetzliche Voraussetzung für eine bestimmte Rechtsfolge statuirt, eine 
genaue Bestimmung des Begriffs der Z. erheischen, um das Anwendungsgebiet der 
Rechtsfolge feststellen zu können; diese Begriffsbestimmung ist aber im Gesetz nicht 
gegeben, ja nicht einmal in den Motiven. Zweitens würde eine gesetzliche Präsumtion 
zum Mindesten eine praesumtio juris sein müssen und als solche den Richter ver- 
pflichten, bei glaubhaftem Nachweis der Unterlassung einer oder mehrerer Zahlungen 
die Zahlungsunfähigkeit als erwiesen anzunehmen, es sei denn, daß der Beklagte den 
Beweis des Gegentheils erbrächte: statt dessen verpflichtet der § 97 der KO. das 
Gericht, bei Bestreitung der Zahlungsunfähigkeit oder Z. offizielle Ermittelungen 
vorzunehmen, also den Nachweis nicht für erbracht anzusehen. Die Präsumtion kann 
daher als gesetzliche nicht gemeint sein, sondern nur als thatsächliche. Bei der 
thatsächlichen Präsumtion, dem bloßen Indizium, kommt es nun weniger auf genaue 
Begriffsbestimmung des betreffenden Indiziums an, als auf die Thatfache oder auf 
den Begriff, welche aus ihm gefolgert werden sollen, und die größere oder geringere 
Sicherheit der Erfahrungsregel, mit welcher dieselben aus ihm gefolgert werden 
können. Kann man daher den Motiven daraus, daß sie eine genaue Bestimmung 
des Begriffs der Z. ablehnen, keinen Vorwurf machen, so scheinen doch manche der 
von ihnen zur Z. gerechneten Thatsachen, wie die gerichtliche oder außergerichtliche 
Insolvenzerklärung des Schuldners, Schließung des Geschäfts, fruchtlose Exekutionen, 
heimliche Entfernung und Verborgenhalten des Schuldners geradezu einen unmittel- 
baren Schluß auf die Zahlungsunfähigkeit zu gestatten, so daß es als ein Umweg 
erscheint, aus ihnen zunächst die Z. und dann aus dieser wieder die Zahlungs- 
unfähigkeit zu folgern. Vielmehr wird man unter Z. an sich nur die außerhalb 
des Prozesses erfolgte Unterlassung von schuldigen und fälligen, dem Kläger oder 
Dritten zu leistenden Zahlungen, wo solche gefordert waren oder wegen Abwesenheit 
des Schuldners nicht gefordert werden konnten, zu verstehen haben, wobei es dahin 
gestellt bleiben mag, wieweit nach Standes-, Orts= oder Landesgebrauch Unterlassung 
der Zahlung zu bestimmten allgemeinen oder periodisch wiederkehrenden Terminen 
als Z. auch ohne Mahnung zu gelten hat. Die 3Z. muß ferner, den Motiven zu- 
folge, auf Zahlungsunfähigkeit beruhen, was mit Recht gefordert wird, da aus ihr 
auf letztere geschlossen werden soll. Die Zahlungsunfähigkeit wird von den Motiven 
im Gegensatz zur Insuffizienz des Vermögens oder der Ueberschuldung darin gesetzt,
	        
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