Zahlungseinstellung. 1371
Zahlungseinstellung, cessation de paiements, ist die auf Zahlungsunver-
mögen beruhende Unterlassung der Befriedigung berechtigter und fälliger Forderungen.
Im Französischen Recht, welches nur bei Kaufleuten einen Konkurs kennt, ist die
Z. die einzige Voraussetzung des Konkurses, der bei ihrem Eintritt sofort von
Amtswegen eröffnet wird: die Deutsche K O., welche zwischen Kaufleuten und anderen
Schuldnern nicht unterscheidet, knüpft an sie zu Gunsten des auf Konkurs antragenden
Gläubigers eine Präsumtion des hauptsächlichsten Konkursgrundes, der Zahlungsun-
fähigkeit des Schuldners, in Konsequenz welcher sie auch die Z. hinsichtlich der
Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen und Rechtsgeschäften, welche der Schuldner zur
Verkürzung der Gläubiger vorgenommen hat bzw. eingegangen ist, dem Antrag auf
Konkurseröffnung und hinsichtlich der Bestrafung des Bankerutts der gerichtlichen
Konkurseröffnung, wenn diese wegen unzureichender Theilungsmasse abgelehnt ist,
gleichgestellt hat? Es kann fraglich erscheinen, ob die KO. eine blos thatsächliche
oder eine gesetzliche Präsumtion vorgeschrieben habe. Erwägt man, daß eine that-
sächliche Präsumtion einer Hervorhebung im Gesetze nicht bedurft hätte, da das
Gesetz bei ihr nichts Anderes vorschreibt, als was die Regeln der Logik und Er-
fahrung ohnehin dem Richter an die Hand geben, erwägt man ferner, daß die Form
des Ausdrucks, welchen die Präsumtion im § 94 der KO. enthalten hat, eine
gebietende und keine blos erlaubende ist, so könnte man versucht sein, die Präsumtion
für eine gesetzliche zu halten. Nichtsdestoweniger muß man sich gegen die Annahme
einer solchen entscheiden. Denn erstlich würde eine gesetzliche Präsumtion,
weil sie eine gesetzliche Voraussetzung für eine bestimmte Rechtsfolge statuirt, eine
genaue Bestimmung des Begriffs der Z. erheischen, um das Anwendungsgebiet der
Rechtsfolge feststellen zu können; diese Begriffsbestimmung ist aber im Gesetz nicht
gegeben, ja nicht einmal in den Motiven. Zweitens würde eine gesetzliche Präsumtion
zum Mindesten eine praesumtio juris sein müssen und als solche den Richter ver-
pflichten, bei glaubhaftem Nachweis der Unterlassung einer oder mehrerer Zahlungen
die Zahlungsunfähigkeit als erwiesen anzunehmen, es sei denn, daß der Beklagte den
Beweis des Gegentheils erbrächte: statt dessen verpflichtet der § 97 der KO. das
Gericht, bei Bestreitung der Zahlungsunfähigkeit oder Z. offizielle Ermittelungen
vorzunehmen, also den Nachweis nicht für erbracht anzusehen. Die Präsumtion kann
daher als gesetzliche nicht gemeint sein, sondern nur als thatsächliche. Bei der
thatsächlichen Präsumtion, dem bloßen Indizium, kommt es nun weniger auf genaue
Begriffsbestimmung des betreffenden Indiziums an, als auf die Thatfache oder auf
den Begriff, welche aus ihm gefolgert werden sollen, und die größere oder geringere
Sicherheit der Erfahrungsregel, mit welcher dieselben aus ihm gefolgert werden
können. Kann man daher den Motiven daraus, daß sie eine genaue Bestimmung
des Begriffs der Z. ablehnen, keinen Vorwurf machen, so scheinen doch manche der
von ihnen zur Z. gerechneten Thatsachen, wie die gerichtliche oder außergerichtliche
Insolvenzerklärung des Schuldners, Schließung des Geschäfts, fruchtlose Exekutionen,
heimliche Entfernung und Verborgenhalten des Schuldners geradezu einen unmittel-
baren Schluß auf die Zahlungsunfähigkeit zu gestatten, so daß es als ein Umweg
erscheint, aus ihnen zunächst die Z. und dann aus dieser wieder die Zahlungs-
unfähigkeit zu folgern. Vielmehr wird man unter Z. an sich nur die außerhalb
des Prozesses erfolgte Unterlassung von schuldigen und fälligen, dem Kläger oder
Dritten zu leistenden Zahlungen, wo solche gefordert waren oder wegen Abwesenheit
des Schuldners nicht gefordert werden konnten, zu verstehen haben, wobei es dahin
gestellt bleiben mag, wieweit nach Standes-, Orts= oder Landesgebrauch Unterlassung
der Zahlung zu bestimmten allgemeinen oder periodisch wiederkehrenden Terminen
als Z. auch ohne Mahnung zu gelten hat. Die 3Z. muß ferner, den Motiven zu-
folge, auf Zahlungsunfähigkeit beruhen, was mit Recht gefordert wird, da aus ihr
auf letztere geschlossen werden soll. Die Zahlungsunfähigkeit wird von den Motiven
im Gegensatz zur Insuffizienz des Vermögens oder der Ueberschuldung darin gesetzt,