1374 Zeiller — Zeitberechnung.
wendig gerade in einem Zehntel der Früchte zu bestehen braucht, nur nach dem
jedesmaligen Ertrage des Grundstücks zu fordern, und hat auch kein Recht, den
Pflichtigen zu einer bestimmten Kultur zu zwingen. Für die Regel muß der Zehnt-
herr sich den 3. abholen und zwar die Ausgehntung gleich nach dem Schnitte an
dem in Fruchthaufen aufgeschichteten Getreide vornehmen. Die Produktionskosten
darf der Pflichtige weder bei dem Prädial-, noch Blut-3. in Abrechnung bringen,
vielmehr ist der Bruttoertrag dem Z. unterworfen. An der zu gehntenden Masse er-
wirbt der Berechtigte mit der Trennung der Frucht von der Hauptsache das Mit-
eigenthum zu der seiner Berechtigung entsprechenden Quote und kann dieses also im
Fall einer vor der Auszehntung erfolgten Veräußerung gegen jeden dritten Erwerber
eingelner zehntpflichtiger Quantitäten mit der actio communi dividundo verfolgen.
Das Zehntrecht überhaupt kann der Zehntherr possessorisch und petitorisch (mit einer
confessoria utilis) geltend machen, während demjenigen, welcher die Freiheit be-
hauptet, die actio negatoria zusteht. Das Zehntrecht wird durch rechtsgültige Ver-
träge ganz oder auch für einzelne Pflichtige beseitigt, ebenso ist eine Ersitzung der
Freiheit von demselben möglich. Für die evangelische Kirche kommen die eben ge-
dachten Vorschriften des Kanon. Rechts mit den durch die deutschrechtliche Ent-
wickelung hervorgebrachten Abänderungen ebenfalls zur Anwendung, und die Par-
tikularrechte haben im Wesentlichen dieselben Grundsätze kodifizirt. In Folge der
modernen Agrargesetzgebung ((. diesen Art.) sind aber die Z. vielfach unpraktisch
geworden, indem sie theils in eine feste Geldrente verwandelt, theils auf andere
Weise abgelöst worden sind. Freilich ist in einzelnen Staaten, nachdem man die
Ablösbarkeit der Kirchenlasten in Folge der Bewegungen des Jahres 1848 im
weitesten Umfange zugelassen hatte, diese später wieder eingeschränkt (Preußen) oder
die Ablösung ganz sistirt worden (Oesterreich).
Quellen: Tit. X. de decim. III. 30; tit. VIti eod. III. 13; tit. Clem. eod. III. 8
tit. Extrav. comm. eod. III. 7. — Cod. Maxim. bavar. II. cap 10. — Preuß. Allg. 5
Thl. II. Tit. 11 §§ 857 ff. — Die Ablösungsgesetz= bei Richtern, Kirchenrecht, § 315, und
Schulte, Lehrb., 2. Aufl. S. 504 angeführt.
Lit.: Birnbaum, Rechtliche Natur der Zehnten, historisch entwickelt, Bonn 1831. —
Kühlenthal, Geschichte der Deutschen Zehnten, Heideld. 1837. — Göschl, Ueber den Ur-
sprung des kirchlichen Zehnten, Aschaffenb. 1837. — S. C. Wagner, Das Zehntrecht, Berl.
815. — v. Sicherer, Der Zehnt nach dem gemeinen Deutschen und Bayerischen Recht, Neu-
zan 1845. — Zachariä, Die Aufhebung, Ablösung und Umwandlung di Thaten Heibelb.
Zeiller, Franz Aloys Edler von, 6 1751 (17532) zu Graz, wurde
Prof. der Rechtswissenschaft, Mitglied der Hofkommission in Justizsachen, Rektor der
Universität Wien, f 23. VIII. 1828 zu Hietzing.
Schriften: Diss. ad I. 6 Inst. 1, 26, 1778. — Erzelect. acad. ad Heineccü #elem. jur.
civ., 1781. — Das natürliche Prozeßrecht, 1802, 3. Aufl. 1818. — Jährliche Beiträge zur
inm und Rechtswissenschaft in den Oesterreich. Erbländern, Wien 1806—1809. —
V zur neuesten Oesterreich. Gesetzeskunde im Straf- und Civiljustizfache, 1810, 2. Aufl.
— Kommentar über das Allgem. BGB. 1812, 1813. — Bemerkungen über den Geist
161# * Oesterreich. Strafgesetzgebung (Bl. für die Oesterr. Kaiserstaaten, I. 1808).
Neuer Nekrolog der Deutschen, Bd. 6 S. 957, Nr. 968. — Harrasowsky,
Geschichte der Kodifikation des Oesterreich. Civilrechts, Wien 1868, S. 163.— 5
eichmann.
Zeitberechnung. Indem der Ablauf bestimmter Zeitfristen oder die Erreichung
bestimmter zeitlicher Termine vielfach von rechtlicher Bedeutung ist, ist die Frage
nach ihrer Berechnung nicht nur rechtlich erheblich, sondern sie ist auch selbst zum
Gegenstande rechtlicher Normirung geworden. Erfolgt aber jede Anordnung einer
Frist oder eines Termines durch Verweisung auf bestimmte für den Ablauf der
Frist oder die Erreichung des Termines maßgebende Zeitabschnitte, so erhebt sich
die doppelte Frage nach der Beschaffenheit dieser Zeitabschnitte und nach der Art
ihrer entscheidenden Bedeutung für das durch Verweisung auf sie bestimmte Zeit-
verhältniß.