Zeitkauf. 1381
Tageskauf (der auch „HKassageschäft" — in der Börsensprache insbes. — heißt).
Die Terminologie ist nicht ganz feststehend (Thöl, insbefondere § 258 Anm. 9),
und ebenso ist die Bedeutung der Gegensätze von „sofort“ und „nach einiger Zeit“
im Rechtsverkehr auch derart, daß sie nicht zu der Unterscheidung von Tages= und
Z. verwendbar ist, insofern nämlich als einerseits auch im Tageskauf ein mäßiger
Aufschub der Leistung des Verkäufers und andererseits im Lieferungskauf eine nur
sehr kurze Frist zwischen Abschluß und Lieferung gesetzt sein kann. Dennoch besteht
der Unterschied und ist derselbe von größter Bedeutung für das Handelsrecht. „Der
Unterschied liegt nämlich“, wie Thöl S. 827 sehr richtig sagt, „in einer den Umständen
nach verschiedenen Zeit und die genauere Fixirung derselben im einzelnen
Fall ist eben nach dem Grunde zu machen, weshalb man auf den Unterschied,
auf welchen oft wenig oder gar nichts ankommt, Gewicht legt.“ Großes Gewicht
legt der Börsenverkehr auf jenen Unterschied, und zwar aus dem Grunde und in
dem Maße, weil und soweit eine aus Spekulations= und Realisationsgeschäft zu-
sammengesetzte Handelsoperation in ihrem Gelingen oder Mißlingen von dem verein-
barten oder usancemäßigen Zeitablaufe abhängt. Dies ist insbesondere der Fall bei
den Fix-, Differenz-, Prämien-, Report= und Promessengeschäften, welche durchweg
Lieferungsgeschäfte sind. (Vgl. Entsch. d. Reichsger. Bd. I. S. 241.) Für die Erfüllung
der Z. werden in Börsengesetzen oder Börsenreglements die besonderen Liquidations=
termine festgesetzt, welche als im Zweifel vertragsmäßig gewollt aufzufassen sind.
(Vgl. Oesterr. Börsengesetz § 10.) Der Z. in diesem Sinne ist ebenso wie der Z.
in obiger (1I) Bedeutung ein perfekter Kauf; der Z. in diesem Sinne kann zugleich
ein Z. in obiger Bedeutung, aber auch ein Baarkauf, und dann der Z. in der
zuerst erörterten Bedeutung ein Tageskauf sein.
III. Bei der Berathung des Reichsgesetzentwurfs, betr. die Erhebung von
Reichsstempelabgaben, entstand die Frage, ob es nicht nothwendig sei, eine Definition
des Begriffes „Zeitgeschäfte“ in das Gesetz aufzunehmen. Von einer Seite wurde
folgende Formulirung vorgeschlagen: „Auf Zeit abgeschlossen oder prolongirt gilt
im Sinne dieses Gesetzes jedes auf Kauf, Anschaffung oder Lieferung von Werth-
papieren oder Waaren, die einen Börsen= oder Marktpreis haben, gerichtete Geschäft,
durch welches bedungen wird, daß die Lieferung genau zu einer späteren festbestimmten
Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist für einen beim Abschluß des Geschäfts
festgesetzten Preis erfolgen soll.“ Von anderer Seite wurde hervorgehoben, das
Charakteristische des Zeitgeschäftes sei, daß die Lieferung spätestens an einem Börsen-
abrechnungstage (Medio, Ultimo) zu erfolgen habe, wenngleich allerdings auch
Zeitgeschäfte mit anderer Lieferungsbestimmung (per morgen und dergl.) vorkämen.
Die Reichstagskommission kam jedoch schließlich zu der Ansicht, daß es bedenklich
sei, eine Legaldefinition einer Gattung von Geschäften in ein Steuergesetz auszunehmen,
daß jede Definition die Gefahr einer Gesetzesumgehung vergrößere, da der Verkehr
leicht Formen finden und ausbilden könne, welche von irgend einem der in der
Definition aufgestellten Requisite absehen und damit den gesetzlich festgestellten Begriff
des Zeitgeschäftes ausschließen würden, daß im praktischen Börsenverkehr keine Zweifel
darüber obwalteten, ob ein Geschäft ein Zeitgeschäft sei oder nicht und daß durch
Zuziehung von Börsensachverständigen die Frage im einzelnen Falle daher leicht
werde entschieden werden können. Aus diesen Gründen, welchen auch seitens der
Regierungsvertreter beigepflichtet wurde, beschloß man, von einer Definition der
Zeitgeschäfte Abstand zu nehmen und die Lösung der Frage der Praxis zu über-
lassen. Einig war man jedoch darüber, daß ein Lieferungsgeschäft, dessen Abwickelung
sich, wenn auch vielleicht längere Zeit hindurch, dadurch verzögere, daß die zu
liefernden Werthpapiere oder Waaren aus zufälligen Gründen noch nicht zur Hand
seien, etwa weil sie von einem anderen Orte erst an den Lieferungsort geschickt
werden müßten, nicht als Zeitgeschäft im Sinne dieses Gesetzes zu betrachten sei. —
Was speziell noch die Zeitgeschäfte über Waaren betrifft, so hat die Regierungs-