1388 Zeugenbeweis.
abvwueichenden Bestimmungen des Französischen, Preußischen und Braunschweigischen
Rechts).
2) Die Sistirung der in der Beweisantretung benannten Zeugen geschah im
älteren Römischen Recht stets durch den Beweisführer unmittelbar. Der regel-
mäßige modus sistendi heutzutage ist die Ladung, welche nach Französischem
Recht, auf Betrieb der Parteien (art. 259, 260 Code proced.), nach Gemeinem
Recht ausf Betreiben des Gerichts erfolgt. Abweichend im Beweisverfahren über-
haupt von dem sonst adoptirten Grundsatz des Prozeßbetriebs durch die Parteien
hat die Deutsche CPO. § 342 wie der Oesterr. Entw. § 370 (anders der Hannov.
Entw. § 380) gleich dem Gemeinen Recht die Ladung der Zeugen zur Offizialsache
gemacht. Dagegen entfernen sich beide vom Gemeinen Prozeß durch die Vorschrift,
daß die Ladung auch die Bezeichnung der Thatsachen zu enthalten habe, über welche
die Vernehmung erfolgen soll. Dem Zeugen soll hierdurch Gelegenheit gegeben wer-
den, sich auf das Verhör vorzubereiten und die fraglichen Thatsachen sich ins Ge-
dächtniß zurückzurufen, um die Vereitelung der Beweisaufnahmetermine möglichst zu
verhüten (Mot. ad § 331 des Deutsch. Entw. S. 492, vgl. Hannov. Prot., S. 2271).
3) Der rite ergangenen Ladung hat der Geladene Folge zu leisten kraft der
staatsbürgerlichen Zeugenpflicht, welche Justinian (1. 16 pr. lrestit.]; 1. 19 C.
h. t.) aufgestellt, das Kanonische Recht (t. X. de test. cogendis 2, 21) wiederholt
eingeschärft, neuere Gesetze und Entwürfe aber als selbstverständlich übergangen haben
(Mot. zu §§ 334, 335 des Deutsch. Entw., S. 493). Sie bringt für den Geladenen die
doppelte Verpflichtung mit sich, vor Gericht zu erscheinen und dort in der vor-
geschriebenen Form (insbesondere „cum sacramenti praestatione“, 1. 16 pr. C. cit.)
auszusagen (§ 342 Z. 3 der Deutschen CPO., § 370 Abf. 2 des Oesterr. Entw.).
Von beiden Verpflichtungen entbindet nach der Deutschen CPO. § 351 Abf. 1,
Oesterr. Entw. § 381 Abs. 1 das Recht zur Zeugnißverweigerung, während das-
selbe nach Gemeinem Recht (und ebenso noch nach dem Hannov. Entw. § 334, val.
Prot., S. 2188, 5687 und dagegen die Motive zur Deutschen CPO., S. 494)
lediglich vom testimonium dicere, aber nicht vom Erscheinen befreite. Die Fälle
des Zeugnißverweigerungszwanges sind gewachsen, je mehr die Fälle der „juristischen.
Unfähigkeit“ zum Zeugniß sich minderten, statt der früheren bevormundenden An-
weisung an den Richter, solche Personen nicht zuzulassen, hat man sich damit be-
gnügt, ihre berechtigten Interessen an der Nichtvernehmung durch das Recht der
Entschlagung zu sichern. Als solche berechtigte Interessen aber sind anerkannt: die
Aufrechthaltung des Familienfriedens zwischen nahen Verwandten in § 348 Z. 1—3
(vgl. § 349 Z. 1 und 2) der Deutschen CPO. und § 379 Z. 1 (und 2) des
Oesterr. Entw.; die berufsmäßig obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit in § 348
Z. 4 und 5 der Deutschen CPO. und § 379 Z. 3 des Oesterr. Entw.; endlich die
Möglichkeit einer hervorragend nachtheiligen Rückwirkung des Zeugnisses auf die
Verhältnisse des Zeugen selbst oder seiner nächsten Angehörigen in S 349 Z. 1—3
der Deutschen CPO. und § 379 Z. 2 des Oesterr. Entw. Einige Ausnahmen von
diesen Zeugnißverweigerungsbefugnissen enthalten im Anschluß ans Gemeine Recht
§ 350 der Deutschen CPO.; § 380 des Oesterr. Entw. (vgl. Hannov. Prot., S.
2189 ff.). Wenn dagegen das Römische Recht Befreiung von der Zeugenaussage
auch eintreten ließ in Ansehung solcher Personen, die wegen gar zu weiter Entfer-
nung, Alter, Krankheit oder Geschäfte halber nicht ohne Härte würden gezwungen
werden können, vor Gericht zu erscheinen (Langenbeck, S. 512), so greifen da-
gegen in solchen Fällen nach heutigem Recht entweder die Grundsätze über Requisi=
tion ein, oder höchstens eine Befreiung von der Pflicht zum Erscheinen, aber nicht
zur Aussage: c. 8 X. h. t.; § 340 Z. 3 der Deutschen CPO.; § 369 Z. 4
und Abs. 2 des Oesterr. Entw. Andere hierher gehörige Fälle, wo das Gericht dem
Zeugen nachzugehen hat, statuirt (nachdem die Bestimmung der nov. 123 c. 7
antiquirt ist) § 340 Z. 1 und Abs. 2, § 347 der Deutschen CPO.; § 369 Z. 1