1396 Zeugenbeweis.
lichen Klage aufgetragen wird (§ 170), in Wahrheit also diese erhebt. Trotzdem
wird er in keiner Weise als Prozeßpartei behandelt, eine Ausschließung vom Z.
kommt daher gar nicht in Frage. Nach Oesterr. Recht kommt dem Anzeiger als
solchem eine Prozeßstellung nicht zu; dagegen kann allerdings der durch die strafbare
Handlung Verletzte unter Umständen als Subsidiarankläger allein dem Beschuldigten
gegenüber stehen, wenngleich die Staatsanwaltschaft in jedem Stadium des Ver-
fahrens die Strafverfolgung wieder selbst in die Hand nehmen kann. Schon dadurch
ist es gerechtfertigt, daß nach § 172 der Oesterr. StrafPO. auch auf ihn „alle
über die Zeugenvernehmung ertheilten Vorschriften Anwendung finden“, eine An-
ordnung, aus welcher auch deutlich hervorgeht, daß bei einer Kollision der aus der
Stellung als Zeuge zu ziehenden Folgerungen mit den Prozeßrechten des Subsidiar-
anklägers (oder Privatanklägers) die letzteren weichen müssen, was übrigens in § 241
der Oesterr. StrafP O. bezüglich der Entfernung der Zeugen aus dem Sitzungssaal
ausdrücklich ausgesprochen ist. (Nach Französ. Recht ist der Beschädigte, dessen Klage
den Strafprozeß in Bewegung gesetzt hat, le plaignant, vom Z. nicht ausgeschlossen;
schließt er sich aber mit seiner Civilklage dem Strafverfahren an, so wendet man
auf ihn, als partie civile, den Satz: nullus idoneus testis in re sua intelligitur
an: allein die Anwendbarkeit des anerkannten Prinzips unterliegt erheblichen Aus-
nahmen. Des considérations ont fait souvent hésiter, et la jurisprudence pré-
sente de notables variations, sagt Morin (Répertoire sub verbo: Témoins n. 17.
Vgl. die Zusammenstellung von Entscheidungen bei Hélie, Pratique, I. u. 714). —
Auch der Antragsberechtigte hat nach Deutschem Recht nicht die Stellung des
Trägers der Anklage, obgleich er in gewissen Fällen dieselbe rückgängig machen
kann; seine erwähnte Eigenschaft hat also auf die Zeugenstellung keinen Einfluß.
Dagegen wurde die im Entw. der Deutschen StrafPO. (§ 348) enthaltene Be-
stimmung: „Das Gericht ist befugt, den Privatkläger als Zeugen, nach Befinden
selbst eidlich, zu vernehmen. Jedoch darf der Privatkläger, auch wenn er als Zeuge
zu vernehmen ist, der ganzen Verhandlung beiwohnen.“ — bei der Berathung in
der Reichstagskommission gestrichen. Die gegen die Bestimmung vorgebrachten Gründe
bezogen sich überwiegend auf die eidliche Vernehmung, was darüber hinausgeht,
fällt unter den allerdings stets unwiderleglichen Grund: „steht mit der Deutschen
Auffassung in direktem Widerspruch"“. Der durch die Ablehnung des § 348 her-
vorgerufene Antrag auf Zulassung eines Parteieneides ward mit vollem Recht ab-
gelehnt (Prot., S. 661, 666). Als das Ergebniß bezeichnet v. Schwarze (Er-
örterungen, S. 61): „Bei Injurien, welche ohne Zeugen begangen werden, ist daher
thatsächlich der Beweis gegen den leugnenden Beschuldigten ausgeschlossen“, sofern
nicht, — muß man hinzufügen — der Richter dem freien Vortrag des Privatklägers
auch ohne irgend ein anderes Beweismittel Glauben'schenkt. Was vom Privatkläger
gilt, müßte man eigentlich nach § 437 der Deutschen Straf O. auch vom Nebenkläger
gelten lassen, da es dort heißt: „Der Nebenkläger hat nach erfolgtem Anschluß die
Rechte des Privatklägers“. Allein auf die bereits vor dem Anschluß erfolgte Ver-
nehmung als Zeuge könnte das Verhältniß keinesfalls zurückwirken, und so wäre die
Handhabe geboten, praktisch die Inkompatibilität in bedenklichster Weise zu umgehen,
und dazu würde, mit Rücksicht auf den Zweck der Gewährung der Stellung als
Nebenkläger, das Bedürfniß des Lebens drängen: der Verletzte müßte entweder auf
die Forderung der Geldbuße oder auf das für deren Zuerkennung oft unentbehrliche
Beweismittel, sein eigenes Zeugniß, verzichten. Aehnlich verhielte es sich in den
Fällen, wo Jemand durch seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung allein die
Erhebung der öffentlichen Klage herbeigeführt hat: entweder die Prozeßstellung, die
ihm das Gesetz sichern wollte, oder das für die Aufklärung der Sache beiden Par-
teien unentbehrliche Zeugniß ginge verloren. In einem Erkenntniß der vereinigten
Senate des Reichsgerichts vom 25. Okt. 1880 (Annalen II. S. 535 ff.) ist daher
unter Hervorhebung dieser Mißstände ausgesprochen worden, daß die Vernehmung des