1402 Zeugenbeweils.
stimmungen der (bestehenden oder zur Zeit einer ihn betreffenden Verurtheilung be-
standenen, — auch der auswärtigen) Strafgesetze unfähig“ zum Zeugeneide ist, —
sei es, daß er „hinsichtlich der den Gegenstand der Untersuchung bildenden That
als Theilnehmer, Begünstiger oder Hehler verdächtig oder bereits verurtheilt ist“
(Deutsche StrafPO. 5 56). Letztere Bestimmung läßt manchen Zweifel offen. Man
muß davon ausgehen, daß jeder betroffen ist, bezüglich dessen nach der Auffassung
des Gerichtes der Verdacht obwaltet, daß er in einer der bezeichneten Richtungen
mit der That zusammenhänge; wenn dabei der Verurtheilung noch ausdrücklich ge-
dacht ist, so geschah dies wol nur aus Besorgniß, es könnte der zur Gewißheit er-
hobene Verdacht als solcher nicht mehr angesehen werden. Der bereits Verurtheilte
steht aber der Sache gewiß unbefangener gegenüber als der Freigesprochene, der eine
Erneuerung des Verfahrens oder doch eine Beinträchtigung seines guten Namens zu
besorgen hat; zudem ist es, da auch der Verdächtige freigesprochen werden muß, wenn
Gewißheit der Schuld nicht zu erlangen ist, und da es Gründe der Freisprechung
giebt, welche davon ganz unabhängig sind, ob Jemand einer bestimmten That ver-
dächtig ist oder nicht, ganz gut möglich, daß ein Freigesprochener der That u. f. w. ver-
dächtig bleibt. Ein Antrag die Beeidigung außer Verfolgung gesetzter Mitbeschuldigter
zu untersagen, ward in der Reichstagskommission abgelehnt. Die Sache steht also
so, daß dieses Verhältniß an und für sich nicht entscheidet: das Gericht hat sich
darüber selbst eine Meinung zu bilden, ob noch Verdacht gegen den zu Vernehmen-
den obwalte. — Ein eigenthümliches Verhältniß besteht nach der Deutschen
Straf PO. (§5 57) bezüglich der Personen, welche als Angehörige des Beschuldigten
das Zeugniß verweigern können; sie sind einerseits berechtigt, „auch nach der
Vernehmung die Beeidigung des Zeugnisses zu verweigern; andererseits hängt es
von dem richterlichen Ermessen ab, ob sie unbeeidigt zu vernehmen oder zu beeidigen
find.“ Diese letztere Bestimmung reiht sie der Sache nach in die Kategorie der
verdächtigen Zeugen. Die Mißlichkeit des ganzen Gegenstandes und jedes hier ein-
zuschlagenden Weges ist durch die außerordentlich große Verschiedenheit der Gesetz-
gebungen dargethan, die zwischen vollständiger Ausschließung und unbeschränkter
Zulassung des Zeugenbeweises der Angehörigen des Angeschuldigten schwanken und
verschiedene Mittelwege versuchen. Der in der Deutschen Straf O. eingeschlagene
hat das Bedenkliche, daß für die Beeidigung die Meinung des Gerichtes über die
Wahrheit der abgelegten Aussage wol allein ausschlaggebend sein kann und daß
ein „Vorurtheil“ hierüber immer bedenklich ist, sei es, daß nur ein Richterkollegium
entscheidet, sei es, daß vor Geschworenen verhandelt wird. Auch bei Berathung der
Oesterr. StrafP O. schwankten die Ansichten hierüber zwischen Einräumung des Rechtes,
den Eid zu verweigern, Ausschließung vom Eid und unbedingter Auferlegung des-
selben. Zuletzt gab, wie es in den Motiven der letzten Regierungsvorlage heißt,
die Erwägung den Ausschlag, daß die den Angehörigen des Beschuldigten gewährten
Rechte diesem unter Umständen auch gefährlich werden können. „Nicht immer müffen
solche Personen ihm wohlwollen; oft ist gerade die zwischen Verwandten herrschende
Feindschaft die bitterste. Dennoch steht es nach dem bisherigen Recht diesen Personen
frei, auch den Eid nach Belieben zu verweigern oder zu leisten. Der Entwurf be-
seitigt nun diese Anomalie, indem er die Ausnahmsstellung jener Personen auf das
Recht einschränkt, sich des Zeugnisses zu entschlagen. Unterwerfen sie sich dagegen
freiwillig der Zeugenvernehmung, so find sie auch im vollsten Umfang nach den für
Zeugen überhaupt geltenden Vorschriften, namentlich also hinsichtlich der Beeidigung
und der Konfrontation, zu behandeln."“ »
IV. Die Berufung zum Zeugniß geschieht in der Regel in der Form der
Ladung. Das ältere Recht brachte ungeladenen Zeugen ein Mißtrauen ent-
gegen, das bis zur Ausschließung ging. Zwar im älteren Römischen Recht, wo das
Zeugniß in der Regel nicht erzwungen werden konnte und nur ausnahmsweise der
Ankläger dazu ein Recht hatte, war daran nicht zu denken; und auch als dies