Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

856 Taration der Grundstücke. 
Deteriorationen als Anhalt zu dienen. Ebenso kommt sie bei der Einbringung von 
Grundstücken in die Ehe vor. Desgleichen bei Einbringung in eine Gesellschaft. 
Sodann bildet sie das Fundament der Festsetzung des Entschädigungsanspruches bei 
der Zwangsenteignung, sowie bei Verkoppelungen, Gemeinheitstheilungen und Ab- 
lösungen. Endlich kann auch eine Werthabschätzung erforderlich werden, um den 
Umfang der Beschädigung einer Liegenschaft (z. B. durch Ueberschwemmung oder 
Versandung) festzustellen. Hinsichtlich der Gebäude ist namentlich die Einschätzung 
behufs der Feuerversicherung (Feuerkassenwerth) wichtig. 3) In wieder anderen 
Fällen wird durch die T. d. G. die Ermittelung des beständigen Werthes 
bezweckt, den das Grundstück unter allen Umständen voraussichtlich haben wird. 
Eine solche Sicherheitstaxe oder Kredittaxe wird namentlich ausgenommen, um fest- 
zustellen, bis zu welcher Höhe das Grundstück als Pfandobjekt Sicherheit gewährt. 
Objekt der Taxation kann nicht nur der Grund und Boden als solcher sein, 
sondern Alles, was zu einem bestimmten Grundvermögen gehört. Inwieweit Ge- 
bäude, stehende Früchte, lebendes und todtes Gutsinventar und sonstiges bewegliches 
Zubehör, mit dem Grundstücke verbundene nutzbare Gerechtigkeiten und auf dem 
Grundstück ruhende Lasten in die Schätzung einbezogen werden, richtet sich nach dem 
Zweck. Alle diese Objekte können auch für sich den Gegenstand besonderer Taxa- 
tionen bilden. So wird z. B. behufs der Gebäudesteuer der Nutzungswerth und 
behuss der Feuerversicherung der Kapitalwerth der Gebäude, behufs der Hagelver- 
sicherung der Werth stehender Früchte, bei Verpachtungen das Gutsinventar, bei 
Ablösungen der Werth von Realgerechtigkeiten und von Reallasten und Servituten 
besonders taxirt. 
Die rechtlichen Wirkungen der T. d. G. sind vor Allem verschieden, je nachdem 
nur eine private oder eine öffentliche Schätzung vorliegt. Privattaxen haben 
jedenfalls nur für diejenigen Personen, von denen sie aufgestellt oder anerkannt wor- 
den sind, bindende Kraft. Wie weit aber ihre Bedeutung reicht, hängt davon ab, 
was im einzelnen Fall als Inhalt der in der Aufstellung oder Annahme der Taxe 
enthaltenen Willenserklärung angesehen werden muß. So wird im Zweifel der 
Verpächter, welcher dem Pachtanschlage eine Ertragstaxe hinzufügt, zwar die der 
Ertragsschätzung zu Grunde gelegten thatsächlichen Angaben, nicht aber den Erfolg. 
gegen den Pächter zu vertreten haben, da Verpachtung keine Versicherung ist. Ebenso 
wird die Hinzufügung einer Werthtaxe bei Ueberlassung einer später wieder zu re- 
stituirenden Liegenschaft im Zweifel nur die Bedeutung eines Grundanschlages für 
die Berechnung etwa zu ersetzender Deteriorationen und Meliorationen haben. Auch 
bei Uebernahme des Gutsinventars nach einer Taxe durch den Pächter spricht die 
Vermuthung für bloße tatxatio aestimationis causa, während eine taxatio venditio- 
nis causa besonders als gewollt erhellen muß. Die umgekehrte Vermuthung stellt 
das Römische Recht bei einer dos gestimata auf, und das Preußische LR. giebt so- 
gar, wenn von der Frau ein Grundstück nach einem Anschlage in die Ehe gebracht. 
ist, dem Manne stets die vollkommene freie Wahl, ob er beim Tode der Frau das. 
Grundstück deren Erben zurückgeben oder gegen die Taxe behalten will. Wird in 
eine Aktiengesellschaft ein Grundstück als Apport nach einer bestimmten Taxe ein- 
gebracht, so hängt die bindende Kraft einer solchen Abrede von der Erfüllung der- 
Formvorschriften des Art. 209b des Deutschen HGB. ab. Im Gegensatz zu Pri- 
vattaxen haben öffentliche Taxen eine vom Willen der Betheiligten unabhängige 
Bedeutung, indem sie einerseits kraft der Autorität der die Abschätzung vornehmenden 
Behäörde öffentlichen Glauben genießen, andererseits je nach dem Zweck ihrer Auf- 
nahme in der einen oder der anderen Richtung die Interessenten auch ohne ihre 
Einwilligung binden. Deshalb können auch öffentliche Taxen in die Grundbücher- 
eingetragen werden. So soll nach der Preußischen Grundbuchordnung vom 5. Mai 
1872 § 10 in die dritte Spalte der ersten Abtheilung des Grundbuchs auf Antrag. 
des Eigenthümers neben dem Erwerbspreis die Schätzung des Werthes nach einer 
 
	        
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