Zeugengebühren. 1419
Erfüllung der Zeugnißpflicht einen Schaden zu tragen. Dagegen ist der Zeuge
nicht berechtigt, auf die Bestimmungen der Gebührenordnung vom 30. Juni 1878
seinen Anspruch zu stützen. Er kann daher nur die wirklichen ihm erwachsenen Aus-
lagen und Schäden erstattet verlangen. In dem reichsrechtlichen Administrativver-
fahren kommen nach dem Vereinsgzollgesetz, dem Brausteuergesetz und dem Wechsel-
stempelgesetz die landesrechtlichen Vorschriften zur Anwendung: es ist demgemäß in
diesen Gesetzen über die Zeugengebühren keine Anordnung getroffen. Das Postgesetz
endlich schreibt ein besonderes Verfahren vor und verpflichtet ausdrücklich die Zeugen,
der Ladung der Postbehörden Folge zu leisten (§ 38 des Gesetzes vom 28. Oktober
1871). Wenn es nun auch nichts Besonderes über die dem Zeugen zu gewährende
Entschädigung sagt, spricht doch der § 45 von den baaren Auslagen des Verfahrens
und bezeichnet als solche u. A. auch die „Zeugengebühren“. Nach welchem Maß-
stabe sie zu bemessen, ist nicht vorgeschrieben. Jedenfalls aber ist die Verpflichtung
des Staates zur Entrichtung derselben hierdurch anerkannt.
Der Anspruch des Zeugen entsteht dadurch, daß er der Ladung Folge leistet,
und ist nicht von seiner Vernehmung abhängig. Er bleibt bestehen, auch wenn diese
aus irgend einem Grunde ausgesetzt wird. Selbst der Zeuge, welcher von dem Recht
der Zeugnißverweigerung Gebrauch macht, geht desselben nicht verlustig, da die In-
aussichtstellung der Zeugengebühren kein Mittel sein soll, ihn zur Ablegung eines
Zeugnisses zu bewegen. Eine Ausnahme tritt in Ansehung der im Strafverfahren
von dem Angeklagten unmittelbar geladenen Zeugen ein. Sie sind zwar nicht vom
Gericht oder der Staatsanwaltschaft geladen, haben somit nach § 70 der Straf P.
keinen Anspruch gegen den Staat durch ihr Erscheinen erworben. Wenn sich jedoch
bei ihrer Vernehmung ergiebt, daß ihre Aussage zur Aufklärung der Sache nach der
einen oder anderen Seite hin dienlich war, soll ihnen ein Anspruch auf die gesetz-
lichen Zeugengebühren zugebilligt werden: es soll also angenommen werden, als
seien sie vom Gericht geladen worden. Nicht dasselbe gilt von den Zeugen, welche
der Angeklagte nicht geladen, sondern zum Termin gestellt hat; ebensowenig von
dem Nebenkläger, wenn er und trotzdem er als Zeuge eidlich (vgl. das Urtheil des
Reichsgerichts vom 25. Okt. 1880, Rechtspr. Bd. II. S. 380) vernommen wird.
Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen einer bestimmten Frist geltend ge-
macht wird. Er geht durch Verzicht oder durch den Tod des Berechtigten nicht
unter. Wenn er trotz eines Verzichtes innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben wird,
erscheint jener wirkungslos, weil der Anspruch nicht im Privatrecht, sondern im
öffentlichen Recht wurzelt, und die Gebührenordnung seines Unterganges durch Ver-
zicht nicht gedenkt. Ist er erworben, so geht er in Folge seines vermögensrechtlichen
Charakters auf die Erben über. Die Oesterreichische StrafP O. setzt die Frist zur
Geltendmachung auf nur 24 Stunden, die Deutsche Gebührenordnung dagegen auf
*P Not sest, welche mit dem Tage der Beendigung der Vernehmung beginnen
6 I. c.).
Der Anspruch unterliegt der Prüfung und Festsetzung des Gerichts, von dem
auch die Anweisung zur Zahlung der Gebühren ausgeht. Gegen die Festsetzung ist
das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, das jedoch nicht den in Verwaltungssachen
zulässigen Weg geht, sondern einen prozessualen Charakter hat. Obwol nämlich die
Entschädigung des Zeugen mit der Entscheidung des Rechtsstreites oder der Strafsache
in keinem inneren Zusammenhange steht, somit ihrer Natur nach in das Gebiet der
Justizverwaltung fällt, wird dennoch das Rechtsmittel ebenso behandelt, wie wenn
es sich auf die Sache selbst bezöge. Es ist daher das Verfahren verschieden, jenach-
dem es von einem in einem Prozesse oder einer Strafsache vernommenen Zeugen
eingelegt wird. Nur darin stimmen beide überein, daß auch im Prozesse der An-
waltszwang ausgeschlossen ist und es sowol hier wie dort durch Privatschrift oder
Gerichtsschreiberprotokoll erhoben werden kann.
Medes.