Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Taxation der Grundstücke. 857 
öffentlichen Taxe und bei Gebäuden die Feuerversicherungssumme mit Angabe des 
Datums Aufnahme finden. 
Unter den öffentlichen Taxen nehmen eine besonders wichtige Stelle die ge- 
richtlichen Taxen ein. Die gerichtliche Taxation der Grundstücke ist ein Akt der 
freiwilligen Gerichtsbarkeit, richtet sich daher auch heute in Deutschland nach den 
Landesgesetzen. In der Regel steht sie jetzt den Amtsgerichten zu. Das Verfahren 
dabei ist in Preußen durch die Allgemeine Gerichtsordnung Th. II. Tit. 6 geregelt. 
Hiernach ist stets die Zuziehung sachverständiger Taxatoren vorgeschrieben, welche 
entweder ein für allemal vereidigt sind oder zu der gegenwärtigen Handlung be- 
sonders eidlich verpflichtet werden. Der zur Abschätzung anberaumte Termin ist den 
Interessenten unter Vorladung bekannt zu machen, ohne daß die Vornahme der Ab- 
schätzung von ihrem Erscheinen abhängt. Der richterliche Beamte hat im Ab- 
schätzungstermin die ganze Handlung der Taxation zu leiten und für Vollständigkeit 
der Information, Beobachtung der gesetzlichen Taxordnungen und ausreichende Be- 
antwortung aller erheblichen Fragen durch die Taxatoren Sorge zu tragen, dagegen 
jede Einwirkung auf die Selbständigkeit ihres sachkundigen Urtheils zu vermeiden. 
Ueber den ganzen Vorgang hat er ein vollständiges Protokoll aufzunehmen, das von 
ihm und den Taxatoren, sowie von etwa vernommenen Zeugen, zu unterschreiben 
ist. Auf Grund dieses Protokolles hat das Gericht, erforderlichen Falles unter 
Zuziehung eines vereidigten Rechnungsverständigen, das Taxationsinstrument auf- 
zustellen und mit dem Gerichtssiegel auszufertigen. Für Grundstücke von geringerem 
Werth ist durch den Anhang zur Allgemeinen Gerichtsordnung § 347 und die Ge- 
setze vom 15. Juni 1840 und vom 4. Mai 1857 ein vereinfachtes Verfahren ein- 
geführt worden, bei welchem die eidliche Vernehmung des Schulzen oder der Ge- 
richtsleute oder zweier sonst geeigneter Hauswirthe und in Städten zweier sachkun- 
diger Einwohner genügt, im Falle der Abschätzung durch ein für allemal vereidigte 
Taxatoren aber die schriftliche Einreichung der Taxe ausreicht. Als Grundstücke 
von geringerem Werth werden nach dem Gesetz vom 4. Mai 1857 diejenigen an- 
gesehen, deren Werth nach Inhalt des Grundbuches, der Erwerbsdokumente oder 
anderer unverdächtiger Angaben den Betrag von 5000 Thalern nicht übersteigt. Die 
Taxe ist dann auch gültig, wenn sich ein höherer Werth herausstellt. Aehnliche 
Bestimmungen bestehen in anderen Deutschen Staaten. 
Der Aufnahme einer derartigen gerichtlichen Taxe bedarf es in der Regel zum 
Behufe der Subhastation. So auch nach älterem Preußischen Recht, während nach 
der Subhastationsordnung vom 15. März 1869 die Taxe wegfällt und nur der 
Reinertrag resp. Nutzungswerth, zu welchem das Grundstück zur Grund= und Ge- 
bäudesteuer veranlagt ist, sowie die Anzeige, wo etwaige Abschätzungen zu finden 
sind, in das Subhastationspatent ausgenommen wird (§ 13), auch lediglich nach 
Maßgabe jener Steuerveranlagung die Höhe der vom Bieter zu leistenden Kaution 
(§ 22) und die Sicherheit der hierzu verwendbaren Forderungen (§ 23) bemessen 
werden soll. Außerdem werden gerichtliche Taxen namentlich bei Auseinander- 
setzungen zwischen Miterben und anderen Miteigenthümern oder Gesellschaftern, sowie 
zur Bestimmung der entstandenen Beschädigungen oder der vorhandenen Meliorationen 
oder Deteriorationen aufgenommen. Eine solche gerichtliche Taxe ist regelmäßig er- 
sorderlich, wenn Minderjährige betheiligt sind. Auch sonst aber kann sie in Er- 
mangelung einer Einigung nothwendig werden. So wird nach Preußischem LR. 
bei der Auseinandersetzung zwischen dem Ehemann und den Erben der verstorbenen 
Frau in Bezug auf das von der letzteren ohne Taxe in die Ehe eingebrachte 
Grundstück, sobald die Erben sich über einen zu setzenden Werth desselben nicht 
einigen können oder in sechs Monaten keine Erklärung über den Werth abgeben, 
eine gerichtliche Taxe aufgenommen, zu welcher der Mann das Grundstück behalten 
oder zurückgeben kann (II. 1 §§ 572—580). Ebenso kommt es zur gerichtlichen 
Taxation, wenn Miteigenthümer von der Befugniß Gebrauch machen, von einem 
 
	        
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