Zeugnißzwang. 1427
bestimmten Fassung des Gesetzes keinem Zweifel (vgl. Hahn, III. S. 1232; Dochow,
S. 127; von Schwarze, S. 205 N. 15; Puchelt, S. 162 N. 6; Keller, S. 80
N. 17). Doch findet diese Selbständigkeit ihre Grenzen daran, daß der Richter das
Ersuchen eines im Instanzenzuge ihm vorgesetzten Gerichtes überhaupt nicht und das
eines andern nur dann ablehnen kann, wenn ihm die örtliche Zuständigkeit mangelt
oder die fragliche Handlung in abstracto unzulässig ist (6 159 des GG., vgl. Löwe,
S. 122 N. 3 b). Einer Ablehnung aber würde es gleich kommen, wenn er nicht
alle gesetzlich zulässigen Mittel anwendete, um das Gesuch im Sinne des ersuchenden
Gerichtes zu erledigen. Er muß daher die gesetzlichen Strafen gegen den nicht er-
scheinenden Zeugen aussprechen, falls er dessen Entschuldigung nicht für genügend
hält, und sich denselben schließlich vorführen lassen. Weigert der Zeuge die Aus-
sage oder die Eidesleistung und der Richter hält diese Weigerung für berechtigt, so
wird er darüber an das ersuchende Gericht berichten, und, falls dieses sein Gesuch
gleichwol wiederholt, jetzt eventuell die gesetzliche Strafe auferlegen müssen. Bezüg-
lich der Zwangshaft, deren Verhängung fakultativ ist, kann der ersuchte Richter
natürlich, wenn ihm die Zweckmäßigkeit der Anwendung im gegebenen Falle zweifel-
haft erscheint, von vorneherein an das ersuchende Gericht sich wenden, muß dann
aber dem eventuell erneuten Ersuchen im vollen Umfange nachkommen. So kann
die Anordnung de facto von dem ersuchenden Gericht ausgehen, während sie formell
von dem ersuchten Richter vorgenommen wird (vgl. Löwe, S. 280 N. 10; Geyer
in v. Holtzendorff's Handbuch, S. 274, und Lehrb., S. 516). Die Disposi-
tion über die Höhe der zu verhängenden Strafe bleibt dabei stets dem ersuchten
Richter überlassen, der die Zwangshaft jedoch nicht aufheben kann, bevor dieselbe von
selbst endigt oder das ersuchende Gericht auf die Vernehmung verzichtet.
Das Verfahren gegen den Zeugen ist ein durchaus formloses, die Verhängung
von Strafe und Zwangsmaßregeln geschieht durch einfachen Beschluß, dem eine
eigentliche Verhandlung nicht voraufgeht, doch ist im Strafprozeß § 33 der Straf O.
zu berücksichtigen. Der nicht erschienene Zeuge hat auf Anhörung vor Erlaß des
Beschlusses jedenfalls keinen Anspruch, um so weniger als die Strafe eventuell später
noch rückgängig gemacht werden kann. Dagegen muß der erschienene, aber die Aus-
sage oder den Eid verweigernde Zeuge gehört werden und hat der Richter jedenfalls
das Recht, sich eventuell weitere Aufklärung über die von jenem etwa vorgebrachten
und möglicherweise relevanten Behauptungen zu verschaffen. Im Civilprozeß muß
über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nöthigenfalls nach Anhörung der Parteien
durch ein Zwischenurtheil entschieden werden, welches durch sofortige Beschwerde
anfechtbar ist (§ 352). Ueber die Form, in welcher der Beschluß dem davon Be-
troffenen bekannt zu machen ist, fehlen besondere Vorschriften, daher die allgemeinen
Bestimmungen über Zustellung anzuwenden sind. Da die Entscheidung durch ein
Rechtsmittel angefochten werden kann, so muß sie nach § 34 der StrafP O. mit Gründen
versehen werden. Das zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde, welche an keine
bestimmte Frist geknüpft ist. Aufschiebende Wirkung hat sie nur im Givilprozeß
(vgl. § 535 der CPO.). Berechtigt zu derselben sind sowol die betroffenen Zeugen, wie
die Parteien, soweit sie sich beschwert fühlen, im Strafprozeß namentlich auch die
Staatsanwaltschaft. § 352 der StrasP O. ist nicht anwendbar, vgl. Löwe, S. 614
N. 3. Im Uebrigen gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Beschwerde
(vgl. §8§ 530 ff. der CPO.; 88 346 ff. der Stras O.) auch hier.
III. Dem 3Z. unterworfen sind alle Personen, welche der Zeugnißpflicht
genügen müssen, auch die Militärpersonen, doch sind bezüglich deren besondere in
beiden Prozeßordnungen übereinstimmende Anordnungen, wenigstens rücksichtlich der
Strafe getroffen. Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem
aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Militürperson, d. h. sowol
Personen des Soldatenstandes als auch die Militärbeamten, erfolgt auf Ersuchen
durch das Militärgericht (§8 345 Abs. 4, 355 Abs. 4 der CPO., §50 Abs.4, 69 Abs. 5 der
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