Zeugnißzwang. 7429
Z. enthalten, die Ausübung eines solchen wäre also ungesetzlich. Ebenso liegt die
Sache für das Disziplinarverfahren gegen Preußische Beamte, bei welchem Zweifel
nur insofern entstehen könnten, als die Vernehmung von Zeugen auch hier durch
richterliche Beamte geschieht (vgl. Ges. vom 7. Mai 1851, betr. Dienstvergehen der
Richter, §§ 27 u. 31) oder doch kommissarisch geschehen kann (vgl. Ges. vom 21.
Juli 1852, betr. Dienstvergehen der nichtrichterlichen Beamten, § 32), indem der
von einer zuständigen Disziplinarbehörde um Vornahme einer Zeugenvernehmung
ersuchte Richter dieser Requisition Folge leisten muß. So Beschlüsse des Preußischen
Obertribunals vom 12. Februar, 16. Mai und 5. November 1862 und Erkenntniß
vom 26. März 1863 (vgl. Oppenhoff, Rechtsprechung rc., Bd. II. S. 249, 408;
III. S. 109, 374). Doch wäre es ein Trugschluß, anzunehmen, daß, weil dieselben.
Personen fungiren wie in einem eigentlichen Strafprozeß, nun auch, ungeachtet der
prinzipiellen Verschiedenheit der in Rede stehenden Untersuchungen, dieselben Vor-
schriften zur Anwendung kommen müßten. Das Preußische Obertribunal hat freilich
in einem für die Praxis maßgebend gebliebenen Beschluß vom 10. Mai 1861
(Oppenhoff, Rechtspr., I. S. 388) angenommen, daß auch in Disziplinarsachen das
Zeugniß erzwingbar und die §§ 7, 8, 312, 337 der Kriminalordnung anwendbar
seien. Diefelben sind, wie die Kriminalordnung überhaupt, durch die Deutsche StrasP O.
aufgehoben worden und können auch für das Disziplinarverfahren nicht mehr an-
gerufen werden, da sie eine direkte Beziehung auf dasselbe gar nicht enthalten und
sie ebensowenig in den betreffenden Spezialgesetzen ausdrücklich für anwendbar erklärt
werden. Uebrigens würde ihre Anwendung zu dem wunderlichen Verhältniß führen,
daß der Z. in einem Disziplinarverfahren härter, weil gesetzlich nicht beschränkt,
sein würde als im Strafprozeß selbst. Daß es an einem Mittel fehlt, die Er-
füllung der auch für Disziplinarsachen vorhandenen Zeugnißpflicht zu erzwingen,
ist eine Lücke der Gesetzgebung, die vorkommenden Falls um so weniger eigenmächtig
ausgefüllt werden darf, als es sich dabei um wesentliche Beschränkungen der persönlichen
Freiheit handelt, denen Niemand ohne gesetzliche Anordnung unterworfen werden
kann. Wenn Dochow (Zeugnißzwang, S. 57 ff.), in Anschluß an Laband's
Auffassung des Disziplinarrechts, überhaupt die CP O. für anwendbar hält, so dürfte
dem de lege lata doch dasselbe entgegenstehen wie der Anwendung der Straf O.,
nämlich der Mangel einer gesetzlichen Anordnung, welche die Erstreckung der betreffenden
Vorschriften auch auf Disziplinarsachen rechtfertigen würde.
In Oesterreich sind detaillirte gesetzliche Vorschriften über das Zwangsver-
fahren gegen Zeugen a) im Civilprozeß nicht vorhanden. Nur die Pflicht, vor
dem Richter zu erscheinen und auszusagen, ist ausdrücklich anerkannt und dem Richter
gestattet worden, deren Erfüllung durch Geld= oder Arreststrafen zu erzwingen (vgl.
§ 160 der Allg. Gerichtsordn.; § 232 der Westgalizischen Gerichtsordn.; §8 185 i. f.,
192 A. 3 des Kaiserlichen Patents vom 3 Mai 1853). Das Verfahren hat sich in
der Praxis folgendermaßen gestaltet (vgl. v. Schrutka-Rechtenstamm, S. 174 ff.)
Wenn der ordnungsmäßig geladene Zeuge nicht erscheint oder die Aussage verweigert,
so wird auf den Antrag des Produzenten nach Anhörung beider Parteien ein neuer
Termin zur Vernehmung des Zeugen anberaumt und derselbe noch einmal unter
Androhung einer angemessenen Geldstrafe vorgeladen. Gegen den wiederum unge-
horsamen Zeugen wird die Strafe für verfallen erklärt und alsdann, auf Antrag des
Produzenten, der Zeuge abermals und zwar unter Androhung einer höheren Geld-
strafe, eventuell der zwangsweisen Vorführung oder Verhängung einer angemessenen
Freiheitsstrafe vorgeladen. Ueber das zulässige Maß der im einzelnen Falle anzu-
wendenden Exekutivmittel entscheidet das richterliche Ermessen, ebenso darüber, ob
die Geldstrafe dem Zahlungsunfähigen erlassen oder in Arrest verwandelt werden soll.
Gegen alle richterlichen Verfügungen stehen dem Zeugen Rechtsmittel zu, und zwar
entweder der Rekurs oder die einfache Vorstellung, von denen nur das erstere devo-
lutive Wirkung hat (vgl. §§ 9 und 10 des Gesetzes vom 9. August 1854; R. G. Bl.