Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Zumpt. 1447 
Arbeits-, Spinn= oder Korrektionshäuser zu wirklichen Strafanstalten. Die ihnen 
entsprechenden Einrichtungen sind in England die conviet prisons zur Vollstreckung 
der penal servitude, in Frankreich theils die Anstalten für travaux forcés oder die 
maisons centrales (für réclusion), in Belgien die maisons de force. Die kenn- 
zeichnenden Merkmale der Z. im Verhältniß zu anderen Freiheitsstrafen sind in 
Deutschland (vgl. § 15 des Straf GB.): 1) ihr Minimum ist höher als dasjenige 
anderer Strafen (ein Jahr); 2) sie ist mit Zwangsarbeit verbunden, zu welcher 
die Verurtheilten angehalten werden müssen (bei der Gefängnißstrafe nur angemessene 
Beschäftigung nach Wahl der Behörden unter Berücksichtigung der persönlichen Ver- 
hältnisse des Verurtheilten); 3) sie steht in Verbindung mit gewissen nothwendigen 
Beschränkungen der perfönlichen Ehre (§ 31); dauernde Dienstunfähigkeit für Heer, 
Marine und Staatsämter ist die Rechtsfolge; 4) in ihrer Vollstreckung findet das 
Institut der vorläufigen Entlassung vorzugsweise eine Stelle (§8 23 ff.). Gegen 
Personen unter 18 Jahren findet Z. keine Anwendung (§ 57 N. 3). Das zeitliche 
Verhältniß der Z. zur Gefängnißstrafe und dieser zur Festungshaft ist wie 2: 3. 
Ueber die Vollziehungsweise der Z. hat das Gem. Strafrecht nichts bestimmt, außer 
daß a) die Strafarbeiten auch im Freien vollstreckt werden können; b) strenge Einzel- 
haft ohne Zustimmung des Gefangenen nur bis zur Dauer von drei Jahren an- 
gewendet werden darf. Bis zur Emanirung eines Strafvollzugsgesetzes (Reichstags- 
verhandl. vom 4. März 1870) bestehen daher die Verschiedenheiten in den einzelnen 
Deutschen Staaten überall fort. Die wesentlichen verwaltungsrechtlichen Verschieden- 
heiten der Z. in Deutschland bestehen darin: daß abgesehen von der Anwendung 
des einen oder des anderen Haftsystems (s. d. Art. Einzelhaft) die Vollstreckung 
entweder auf rein administrativer Ordnung beruht (Preußen, Sachsen) oder auf 
gesetzlicher Anordnung (Baden, Bayern, Württemberg). Als wichtige Elemente der 
Vollstreckung der Z., welche theils durch Gesetz, theils durch Verordnung zu regeln 
sind, kommen in Betracht: das Arbeitswesen unter dem Gesichtspunkte der vorwiegend 
mechanischen oder „individualisirenden“ Leistung (außerdem eigener Betrieb des Staates 
oder Verdingung der Arbeitskräfte an Unternehmer), der den Sträflingen zu belassende 
Arbeitsantheil und Ueberverdienst (peculium), Seelsorge und Unterricht, Disziplinar- 
strafen und Vergünstigungen, physische Körperpflege (s. d. Art. Gefängnißver- 
waltung). 
Lit.: B. d. Art. Einzelhaft; außerdem: Wahlberg, Das Prinzip der Individuali- 
sirung in der Strafrechtspflege, 1869. — Dalcke u. Genzmer, Handb. der Strafvollstreckung 
und Gefängnißverwaltung in Preußen, 1881. — Für die heutigen Zustände der Strafanstaltsver- 
waltung sind die Materialien zerstreut theils in den amtlichen statistischen Publikationen der Re- 
gierungen, theils in den Zeitschriften, bes. in v. Holtzendorff, Allg. Deutsch. Strafrechtszeitung, 
seit 1861, und in Ekert's Blättern für Gefängnißkunde seit 1864 (musterhafte Berichte über 
Bruchsal enthaltend). Bezüglich des Auslandes wird das reichlichste Material geboten durch 
die Rivista delle discipline carcerarie von Beltrani Scalia (Rom), in dem Bulletin der 
Société générale des prisons zu Paris, — Außerdem zu. vergleichen: Die Preuß. Gefäng- 
nisse. Beschreibende Uebersicht der zum Ressort des Ministeriums des Innern gehörenden 
Straf= und Gefängnißanstalten, 1870. — Statistische Nachweisungen über die allg. Strafan- 
stalten des Königr. Sachsen, 1867. — Vollständige und periodische Publikation über die 
Strafanstaltsverwaltung liefern: Italien, Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland, Belgien, 
Fankeich, England (Reports of convicts prisons für England, Schottland und Irland), 
ew-BYork und Massachusetts. — Preußen ( inisterium des Innern) veröffentlicht gleichfalls 
period. Berichte; dieselben umfassen aber nicht sämmtliche Strafanstalten. 
v. Holtzendorff. 
Zumpt, August Wilhelm, 6 4. XII. 1815 in Königsberg, wirkte (als 
Professor seit 1846) 1838—51 am Friedrich-Werder'schen Gymnasium in Berlin, 
dann bis 1876 am Friedrich-Wilhelms-Gymnasium, machte viele große Reisen, 
auch nach dem Orient, F 22. IV. 1877. 
Schriften (abgesehen von den philologischen): Das Kriminalrecht der Römischen- 
Republik, Berl. 1865—1869. — Der Kriminalprozeß der Röm. Republik, Lpz. 1871. 
Lit.: Guido Padelletti, A. W. Zumpt. Zur Erinnerung an sein Leben und seine 
Schriften, Lpz. 1878. Teichmann. 
  
 
	        
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