Telegraphenrecht. 861
Lit.: Th. Hagemann, Handbuch des Landwirthschaftsrechts, Hannover 1807, §§ 350
bis 357. — C. A. Weiske, Handbuch des allgemeinen Deutschen Landwirthschaftsrechts,
Leipz. 1838, §§ 318—374. — Kretschmer, Entwurf zu einer Taxordnung der ländlichen
Grundstücke für die östlichen Provinzen, Danzi 1838. — E. Heinrich, Beiträge zur Lehre
von der Abschätzung der Landgüter, Breslau 1845. — H. Schober, Die Beranschlagung der
Landgüter, Greifsw. 1846. — Grünhut, Das Enteignungerecht, Wien 18 873, §§ 7 —
G. Prakäk, Das Recht der Enteignung r2c., Prag 1877, §§ 15 und 18. — v. n½np11 Die
Verfassung und Verwaltung der Schlesischen Landchaft, 3. Aufl., Breslau 182. Giert
ierke.
Telegraphenrecht (Th. I. S. 540, 886). Je nachdem die Telegraphen vom
Staate oder von Privatpersonen angelegt oder unterhalten werden, unterscheidet man
Staats= und Privattelegraphen. Aber auch bei den letzteren ist, da die Telegraphen
für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, eine Einwirkung der Staatsgewalt ge-
boten. Daher bedarf die Anlegung von Telegraphen staatlicher Konzession; ebenso
unterliegt die Festsetzung von Reglements, die Aufstellung von Tarifen der Ge-
nehmigung und Bestätigung des Staates, wie auch der ganze Betrieb einer dauern-
den Beaufsichtigung desselben. Einige Juristen haben hieraus den Schluß auf die
Regalität des Telegraphenwesens gezogen. Es ist dies jedoch verkehrt, da man
sich bei der Lehre von den Regalien streng an die geschichtlich ausgebildeten Arten
halten muß.
Zur gemeinsamen Handhabung des Telegraphenwesens wurde im Jahre 1850
von mehreren Deutschen Staaten der Deutsch-Oesterreichische Telegraphenverein ge-
gründet. (Vereinsverträge namentlich v. 25. Juli 1850, revidirter vom 16. Nov.
1857, vom 30. Sept. 1865.) In der Verfassung des Norddeutschen Bundes (Ver-
fassungsurkunde Art. 4, 48 ff.) wurde das Telegraphenwesen für eine Bundesange-
legenheit erklärt. Demgemäß wurde in demselben das Telegraphenwesen als eine
einheitliche Staatsverkehrsanstalt verwaltet. Die Einnahmen aus demselben waren
gemeinschaftlich, die nach Abzug der Kosten verbleibenden Ueberschüsse flossen in die
Bundeskasse. Die obere Leitung des Telegraphenwesens stand dem Bundespräsidium
zu, welches auch alle oberen Beamten ernannte, während die niederen (namentlich
die für den lokalen und technischen Betrieb bestimmten) von den Landesregierungen
angestellt wurden. Das Bundespräsidium hatte auch für den Erlaß der reglemen-
tarischen Festsetzungen und allgemeinen administrativen Anordnungen, sowie für die
ausschließliche Wahrnehmung der Beziehungen zu anderen Deutschen und Außer-
deutschen Telegraphenverwaltungen Sorge zu tragen. Die Bestimmungen der Nord-
deutschen Verfassungsurkunde sind auch in die Verfassung des Deutschen Reiches
aufgenommen worden, doch ist Bayern und Mürttemberg eine Sonderstellung ein-
geräumt. Unter dem 21. Juni 1872 ist ein Reglement, eine Telegraphenordnung
für das Deutsche Reich erlassen worden, welche Abänderungen wie Ergänzungen
durch die Verordnungen vom 24. Januar 1876 und vom 26. August 1877 (Central-
blatt für das Deutsche Reich 1876 Nr. 8, 1877 Nr. 36) erfahren hat. Ueber
die die internationale Telegraphie regelnden Verträge s. den Art. Telegraphen-
verträge.
Die Benutzung der für den öffentlichen Verkehr bestimmten Telegraphen steht
Jedermann frei. Doch behalten die Reglements der Telegraphenverwaltung das
Recht vor, zeitweise ihre Linien und Stationen ganz oder theilweise für alle oder
gewisse Arten von Korrespondenzen zu schließen (Reichstelegraphenordnung § 2), und
auch ohne derartige besondere Bestimmungen wird man die Telegraphenverwaltung
hierzu im Nothfall für befugt erachten müssen. (Privat-) Depeschen, deren Inhalt
gegen die Gesetze oder die guten Sitten verstößt oder dem öffentlichen Wohl nach-
theilig ist, dürfen stets zurückgewiesen werden. Für die Benutzung der Telegraphen=
anstalten sind bestimmte Gebühren zu entrichten, deren Höhe durch die Reglements
normirt wird. Mit Rücksicht auf die Reihenfolge in der Beförderung unterscheidet
man drei Arten von Depeschen: Staatsdepeschen, Dienstdepeschen, Privatdepeschen.