Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

1476 Zuständigkeit. 
Progesses von Amtswegen zu prüfen und die Sache eventuell an das zuständige 
Gericht zu verweisen. Nach eröffnetem Hauptverfahren jedoch darf kein Gericht, in 
Verrathssachen, wie Löwe ausführt, auch das Reichsgericht nicht, sich für sachlich 
unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre. Er- 
giebt die Hauptverhandlung, daß die Sache die sachliche Z. des Gerichts überschreitet, 
so hat dasselbe seine Unzuständigkeit durch Beschluß auszusprechen und die Sache 
an das zuständige Gericht zu verweisen, welcher Beschluß als Eröffnungsbeschluß 
gilt. Ebenso ist zu verfahren, wenn in der Hauptverhandlung ein neues Vergehen 
des Angeschuldigten ermittelt wird, welches die sachliche Z. des Gerichts überschreitet, 
es sei denn, daß dieses Vergehen sich als Verbrechen qualifizire, in welchem Fall 
Voruntersuchung nothwendig oder auf Antrag des Staatsanwalts oder Beklagten 
gestattet ist und Aburtheilung, wie Eröffnung des Hauptverfahrens daher nicht zu- 
lässig sind. 3) Negative Kompetenzkonflikte sind hiernach, wie Löwe hervorhebt, 
über die sachliche Z. ausgeschlossen. Dagegen kann nach ihm ein positiver Konflikt 
entstehen, wenn wegen desselben einfachen Diebstahls zum ohngefähren Betrage von 
25 Mark der Amtsanwalt beim Schöffengericht und der Staatsanwalt bei der 
Strafkammer die Klage erhoben haben. Dieser Konflikt, meint Löwe, lasse sich 
erledigen, wenn das Gericht niederer Ordnung das Verfahren einstelle, was im 
Anhalt an §§ 2 und 4 der StrasfP O. zulässig erscheine. Die letzteren Bestimmungen 
beziehen sich jedoch auf zusammenhängende Strafsachen, die Einstellung des Ver- 
fahrens hat ihre gegebenen Voraussetzungen und das Gericht niederer Ordnung durfte 
zu einer Einstellung um so weniger geneigt sein, als dabei auch Rechte des Beklagten 
in Frage stehen. Der Konflikt, welcher zwischen Reichsgericht und Land= und 
Schwurgericht ebenfalls möglich erscheint, dürfte sich vielmehr wie im Civilprozeß 
dadurch erledigen, daß die kollidirenden Gerichte zugleich örtlich zuständig sind, dem- 
gemäß nach § 12 der Straf PO. die Prävention entscheidet, das prävenirte Gericht 
die Untersuchung einzustellen und danach abzuwarten hat, ob es durch Verfügung 
des gemeinschaftlichen höheren Gerichts oder durch demnächstigen Unzuständigkeits- 
beschluß des prävenirenden Gerichts oder nach § 369 der StrafP O. im Berufungs- 
wege zur Ausübung seiner Gerichtsbarkeit in der Sache gelangt. 4) Der An- 
geschuldigte kann den Mangel der sachlichen Z. geltend machen, wenn er über den 
Antrag auf Voruntersuchung gehört wird, und kann die Eröffnung der Vorunter- 
suchung auf Grund des Mangels beim Gericht anfechten, wenn er nicht zuvor ge- 
hört worden ist. Die verwerfenden Beschlüsse des Gerichts unterliegen seiner sofortigen 
Beschwerde. Dagegen kann der Angeschuldigte wegen Mangels sachlicher Z. den 
Beschluß der Eröffnung des Hauptverfahrens und den diesem gleichstehenden Unzu- 
ständigkeitsbeschluß der Hauptverhandlung selbständig nicht anfechten, sondern nur 
durch Anfechtung des Endurtheils und dies auch nur wegen Ueberschreitung der 
sachlichen Z. 5) Einen Gerichtsbeschluß, welcher wegen Mangels sachlicher Z. den 
Antrag des Staatsanwalts auf Voruntersuchung verwirft oder die eröffnete Vor- 
untersuchung wieder aufhebt, und ebenso einen Beschluß des Eröffnungsverfahrens 
oder der Hauptverhandlung, welcher in Widerspruch mit dem Antrage des Staats- 
anwalts den Angeschuldigten vor ein Gericht niederer Ordnung verweist, kann die 
Staatsanwaltschaft mit sofortiger Beschwerde anfechten, das Endurtheil dagegen nicht. 
6) Ein von einem sachlich unzuständigen Gerichte gefälltes Urtheil kann durch das 
höhere Gericht nicht von Amtswegen aufsgehoben werden. — Für den Gegensatz 
reichsgesetzlich und landesgesetzlich geordneter Gerichtsbarkeit gilt im Allgemeinen der 
Grundsatz, daß der Mangel sachlicher Z., soweit nicht die Gesetze, namentlich die 
Ausführungsgesetze der einzelnen Staaten, ein Anderes vorschreiben, absolute Nichtig- 
keit nach sich zieht. Die Deutsche StrasfP O. verordnet jedoch, daß für das Ver- 
hältniß des Reichsgerichts und der Landesrevisionshöfe der Unzuständigkeitsbeschluß 
desjenigen Revisionsgerichts verbindlich sein soll, an welches die Akten eingesandt 
sind. — Wenn einem Gerichte die sachliche Z. mangelt, weil sie den Verwaltungs-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.