1476 Zuständigkeit.
Progesses von Amtswegen zu prüfen und die Sache eventuell an das zuständige
Gericht zu verweisen. Nach eröffnetem Hauptverfahren jedoch darf kein Gericht, in
Verrathssachen, wie Löwe ausführt, auch das Reichsgericht nicht, sich für sachlich
unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre. Er-
giebt die Hauptverhandlung, daß die Sache die sachliche Z. des Gerichts überschreitet,
so hat dasselbe seine Unzuständigkeit durch Beschluß auszusprechen und die Sache
an das zuständige Gericht zu verweisen, welcher Beschluß als Eröffnungsbeschluß
gilt. Ebenso ist zu verfahren, wenn in der Hauptverhandlung ein neues Vergehen
des Angeschuldigten ermittelt wird, welches die sachliche Z. des Gerichts überschreitet,
es sei denn, daß dieses Vergehen sich als Verbrechen qualifizire, in welchem Fall
Voruntersuchung nothwendig oder auf Antrag des Staatsanwalts oder Beklagten
gestattet ist und Aburtheilung, wie Eröffnung des Hauptverfahrens daher nicht zu-
lässig sind. 3) Negative Kompetenzkonflikte sind hiernach, wie Löwe hervorhebt,
über die sachliche Z. ausgeschlossen. Dagegen kann nach ihm ein positiver Konflikt
entstehen, wenn wegen desselben einfachen Diebstahls zum ohngefähren Betrage von
25 Mark der Amtsanwalt beim Schöffengericht und der Staatsanwalt bei der
Strafkammer die Klage erhoben haben. Dieser Konflikt, meint Löwe, lasse sich
erledigen, wenn das Gericht niederer Ordnung das Verfahren einstelle, was im
Anhalt an §§ 2 und 4 der StrasfP O. zulässig erscheine. Die letzteren Bestimmungen
beziehen sich jedoch auf zusammenhängende Strafsachen, die Einstellung des Ver-
fahrens hat ihre gegebenen Voraussetzungen und das Gericht niederer Ordnung durfte
zu einer Einstellung um so weniger geneigt sein, als dabei auch Rechte des Beklagten
in Frage stehen. Der Konflikt, welcher zwischen Reichsgericht und Land= und
Schwurgericht ebenfalls möglich erscheint, dürfte sich vielmehr wie im Civilprozeß
dadurch erledigen, daß die kollidirenden Gerichte zugleich örtlich zuständig sind, dem-
gemäß nach § 12 der Straf PO. die Prävention entscheidet, das prävenirte Gericht
die Untersuchung einzustellen und danach abzuwarten hat, ob es durch Verfügung
des gemeinschaftlichen höheren Gerichts oder durch demnächstigen Unzuständigkeits-
beschluß des prävenirenden Gerichts oder nach § 369 der StrafP O. im Berufungs-
wege zur Ausübung seiner Gerichtsbarkeit in der Sache gelangt. 4) Der An-
geschuldigte kann den Mangel der sachlichen Z. geltend machen, wenn er über den
Antrag auf Voruntersuchung gehört wird, und kann die Eröffnung der Vorunter-
suchung auf Grund des Mangels beim Gericht anfechten, wenn er nicht zuvor ge-
hört worden ist. Die verwerfenden Beschlüsse des Gerichts unterliegen seiner sofortigen
Beschwerde. Dagegen kann der Angeschuldigte wegen Mangels sachlicher Z. den
Beschluß der Eröffnung des Hauptverfahrens und den diesem gleichstehenden Unzu-
ständigkeitsbeschluß der Hauptverhandlung selbständig nicht anfechten, sondern nur
durch Anfechtung des Endurtheils und dies auch nur wegen Ueberschreitung der
sachlichen Z. 5) Einen Gerichtsbeschluß, welcher wegen Mangels sachlicher Z. den
Antrag des Staatsanwalts auf Voruntersuchung verwirft oder die eröffnete Vor-
untersuchung wieder aufhebt, und ebenso einen Beschluß des Eröffnungsverfahrens
oder der Hauptverhandlung, welcher in Widerspruch mit dem Antrage des Staats-
anwalts den Angeschuldigten vor ein Gericht niederer Ordnung verweist, kann die
Staatsanwaltschaft mit sofortiger Beschwerde anfechten, das Endurtheil dagegen nicht.
6) Ein von einem sachlich unzuständigen Gerichte gefälltes Urtheil kann durch das
höhere Gericht nicht von Amtswegen aufsgehoben werden. — Für den Gegensatz
reichsgesetzlich und landesgesetzlich geordneter Gerichtsbarkeit gilt im Allgemeinen der
Grundsatz, daß der Mangel sachlicher Z., soweit nicht die Gesetze, namentlich die
Ausführungsgesetze der einzelnen Staaten, ein Anderes vorschreiben, absolute Nichtig-
keit nach sich zieht. Die Deutsche StrasfP O. verordnet jedoch, daß für das Ver-
hältniß des Reichsgerichts und der Landesrevisionshöfe der Unzuständigkeitsbeschluß
desjenigen Revisionsgerichts verbindlich sein soll, an welches die Akten eingesandt
sind. — Wenn einem Gerichte die sachliche Z. mangelt, weil sie den Verwaltungs-