Telegraphenverträge. 863
Lit.: Reyscher. in der Zäitschr= für Deutsches Recht XIX. N. 9 u. 18. — Serafini,
Il tele afo, fais 1862. — Busch im civil. Archiv XLV. N. — Mittermaier,
ebendas. XVI. N. 1.— Cotelle, Législation française des ann de fer et de la
télégraphie, 2. 6d. hars 1867. — Mei i, Das Telegraphenrecht, 2 ibust Zürich 1873. —
Dambach, Telegraphen-Strafrecht, im Gerichtssaal Bd. XXIII. (1871) S 241 ff.; separat
erschienen Berlin 1872. — Fischer, Die Telegraphie und das Völterrecht, Leipz. 1876. —
Rousseau, Traité théorique et pratique de la correspondance par lettres, missives et
telégrammes, 2. 6d. Paris 1871. — La Iégislation télégraphique, Paris 1878. Lewis.
Telegraphenverträge. Die internationale Tendenz des Telegraphenwesens.
als des hauptsächlich in die Ferne wirkenden Verkehrsmittels hat schon in den ersten
Entwickelungsstadien desselben zu mehrfachen völkerrechtlichen Vereinbarungen geführt,
welche weit früher als die das Postwesen betreffenden Verträge eine weltumfassende
Ausdehnung erfahren. Die Geschichte der T. zeigt zunächst den Abschluß von
Einzelverträgen verschiedener Staaten, später die Verbindung der verschiedenen
Gruppen, zu welchen Gemeinsamkeit der Verwaltungsinteressen die einzelnen Staaten
zusammengeführt hatte, zu einer einheitlichen, völkerrechtlichen Gestaltung. Einerseits.
hatten Preußen, Oesterreich, Bayern und Sachsen am 25. Juli 1850 den Deutsch-
Oesterreichischen Telegraphenverein geschlossen, welchem bald die Deutschen Klein-
staaten und die Niederlande beitraten. Dieser Gruppe gegenüber standen die südlichen
und westlichen Staaten, welche durch den T. vom Dezember 1855 sich an Frank-
reich anschlossen. War trotz vielfacher Uebereinstimmung eine vollkommene rechtliche
Einigung zwischen diesen beiden Gruppen nicht gleich erzielt, so bestand doch insofern,
als einzelne der letzteren Staaten zugleich in Vertragsbeziehungen zu Staaten der
Deutsch-Oesterreichischen Gruppe getreten waren, ein gewisser, schon im T. vom
4. Oktober 1852 (zwischen Frankreich, Belgien und Preußen) erkennbarer Kontakt
dieser beiden Vereine, welcher bald noch enger werden mußte; durch den T. von
Paris vom 17. Mai 1865 verschmolzen bezeichnete Gruppen zu Einer „union télé-
graphique“, Einem consorzio telegrafico. Der allgemeine Telegraphen-
verein umfaßte zunächst nur die Europäischen Verwaltungen, dehnte sich aber bald
auch über andere aus: zunächst nur ein Verein der Staaten, nahm er auch bald die
Privatgesellschaften in sich auf. Der Pariser T. bildete den Grundstein für den
weiteren völkerrechtlichen Ausbau, welcher durch die T. vom 21. Juli 1868 (Wien),
14. Januar 1872 (Rom) und 10. (22. Juli 1875 (St. Petersburg) erfolgte.
Letzterer ist die eigentliche „charte“, das Grundgesetz des Telegraphenvereins: während
in den ersten Verträgen — ebenso wie seinerzeit im Deutsch-Oesterreichischen Verein
bis zu der von Preußen veranlaßten Redaktion des T. vom 16. November 1857 —
eine Menge Bestimmungen sekundärer Natur 2c. zu finden war, enthält der Peters-
burger T. lediglich die allgemeinen Normen, die Grundzüge des internationalen
Telegraphenrechtes. Die übrigen Bestimmungen sind in das Reglement sowie in die
Vereinbarungen über die Tarife verwiesen, und allein über diese reglementarischen und.
finanziellen Punkte wird seitdem in den Konferenzen verhandelt (zuletzt zu London
1879); diese Verhandlungen, wie die Reglements selbst treten zu den T. als völker-
rechtliche Quelle für die Gesammtheit der dem Telegraphenverein angehörigen
Staaten hinzu.
Abgesehen von Einzelheiten ist der hauptsächliche Inhalt des internationalen
T. kurz folgender (e#f. Wortlaut im Handbuch für Post und Telegraphie, Berlin 1879,
S. 224): Der Telegraphenverein umfaßt gegenwärtig alle europäischen und viele
der übrigen Staaten, sowie eine große Reihe bedeutender Privat-, insbesondere
Kabelgesellschaften. Organ des Vereins ist das Centralbureau zu Bern, das Vor-
bild des Bureaus des Weltpostvereins, mit den analogen Geschäften, wie das letztere,
betraut. Anerkannt ist jetzt der Grundsatz, daß Jeder das Recht habe den Tele-
graphen zu benutzen, während in der ersten Zeit der elektrischen Telegraphie die-
selbe lediglich als Staatszwecken dienende, die T. als rein diplomatische angesehen
wurden. Doch hat jede Verwaltung das Recht, sowol im einzelnen Falle die-