Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

Zustellungsbeamte — Zwang. 1485 
Zustellungsbeamte sind nach den Motiven des Deutschen GVG. diejenigen 
Beamten, welche bei Zustellungen das zu übergebende Schriftstück dem Insinuaten 
zu überliefern und diese Ueberlieferung zu beurkunden haben. Als solche werden nur 
der Gerichtsvollzieher und bei Zustellungen zur Post der Postbote bezeichnet, wobei 
theils der Ueberlieferungsakt an den Insfinuaten den voraufgehenden Handlungen, ein- 
schließlich der bei Zustellungen durch die Post, vom Gerichtsvollzieher oder Gerichts- 
schreiber zu bewirkenden und zu beurkundenden Kouvertirung des zu übergebenden 
Schriftstücks entgegengesetzt, theils von der, namentlich im Civilprozeß vom Gerichts- 
schreiber zu besorgenden, öffentlichen Zustellung abgesehen ist, welche freilich auch als 
eigentliche Zustellung nicht ausgefaßt werden kann. Die Eigenschaft des Z. als 
solchen hat ihre Bedeutung für die Gültigkeit der Zustellung und der Zustellungs- 
urkunde, deren Ungültigkeit Versäumnißurtheil bzw. Verurtheilung des Abwesenden 
verhindert. Der Gerichtsvollzieher ist ferner in gewissen Fällen von der Zustellung 
kraft Gesetzes ausgeschlossen, wovon die Wirkung dieselbe ist; gleiche Ausschließungs- 
gründe bestehen für den Postboten nicht, es scheint solcher auch nicht zu bedürfen, 
weil es verschlossene Briefe sind, welche der Postbote zuzustellen hat, über deren 
Inhalt daher er kaum jemals eine Vermuthung zu hegen vermag. Zuständigkeits- 
verhältnisse äußern auch hier ihren Einfluß; bedeutsamer ist jedoch noch der Auftrag 
zur Zustellung, der bei Zustellungen durch die Post nur auf einen Postboten des 
Bestimmungsorts des Briefes lautet und der ebenso nur einem bestimmten Gerichts- 
vollzieher ertheilt wird, wenn auch jede Zustellung, welche ein Gerichtsvollzieher be- 
wirkt, bis zum Beweise des Gegentheils als aufgetragene gilt. Für Versäumniß- 
verfahren bzw. Verfahren gegen Abwesende werden auch in diesen Beziehungen etwaige 
Mängel hindernd in Betracht kommen. Im Uebrigen aber wird das Gericht bei 
solchen, wie bei den sonstigen hervorgehobenen Mängeln, in jedem einzelnen Fall die 
Bedeutung derselben zu prüfen haben, da mit der formellen Ungültigkeit der Zu- 
stellung doch die Thatsache des Empfanges des zuzustellenden Schriftstücks, die Kenntniß 
seines Inhalts und die Möglichkeit des Handelns und Verhandelns auf Grund 
desselben nicht zugleich ausgeschlossen zu sein brauchen. Vgl. die Art. Zustellung 
und Gerichtsvollzieher. 
Quellen u. Lit.: G. §§ 155, 156, 16L, 163; Mot. S. 181 ff. — Petersen in 
Busch's Zeitschr. für Deutschen Civ. Prz. Bd. I. S. 7 7 f. K. Wieding. 
Zwang Gis ac metus). Eine Handlung ist erzwungen, wenn der Mille, durch 
den sie ins Werk gesetzt wird, dadurch hervorgerufen ist, daß der Handelnde absichtlich 
durch widerrechtliche Bedrohung in die wohlbegründete Furcht vor einem verhältniß- 
mäßig bedeutendern Uebel versetzt worden war. Der Handlung des Gezwungenen 
liegt hiermach der eigene, wenn auch unfreie, Wille des Handelnden zu Grunde, 
duamvis coactus voluerit, voluit tamen. Nicht unter den Gesichtspunkt solchen 3. 
fällt die rein physische Nöthigung, bei welcher nur der Schein einer eigenen Handlung 
vorhanden ist, in Wahrheit aber der Handelnde sich nur in der Lage eines Werk- 
zeugs findet, dessen sich der Nöthigende zur Ausführung seines Willens bedient, sog. 
W“ * im Gegensatz zu der man den physischen Z. als vis compulsiva be- 
zeichnet. 
Die civilrechtliche Hauptfrage in der Lehre vom Z. ist die, ob ein erzwungenes 
Rechtsgeschäft für nichtig oder nur für anfechtbar zu erachten ist. Letzteres muß 
seit v. Savigny als die herrschende Lehre wenigstens für Rechtsgeschäfte unter 
Lebenden gelten: ein neuerer Gegner dieser Lehre ist Schliemann. Für erzwungene 
letztwillige Verfügungen ist der Streit ein lebhafterer. Wenn jedoch die Rechtsmittel 
zur Anfechtung der erzwungenen Disposition den Intestaterben und den durch ein 
früheres Testament berufenen Erben gegeben werden (v. Vangerow), so scheint die 
Erheblichkeit des Streites eine geringe. Die Berechtigung des Gegensatzes wird für 
das heutige Recht und überhaupt von Schloßmann in Frage gestellt.
	        
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