1486 Zwangsvergleich.
Dem Gezwungenen steht auf Grund des erlittenen Z. eine Klage, actio quod
metus causa, und eine Einrede zu; der Z. gehört außerdem zu den Restitutions-
gründen des prätorischen Edikts. Die Klage hat die Besonderheit, nicht nur gegen
den Zwingenden, sondern gegen jeden Dritten zu gehen, der in Folge des Z. be-
reichert ist, sie ist eine actio in rem scripta. Streitig ist, ob die verhältnißmäßig
größere Bedeutung des gedrohten Uebels, metus majoris malitatis, dazu nöthigt,
einen zu berücksichtigenden 3. nur bei einer gegen die Person selbst gerichteten
Bedrohung nach einer der in den Quellen angedeuteten Richtungen, Leben, Leib
und Freiheit, anzunehmen, oder ob auch andere Bedrohungen, 3. B. rücksichtlich
des Vermögens, als erheblich zu erachten (Windscheid). Ausdrücklich als un-
wesentlich bezeichnet sind Drohungen mit Infamie und Prozessen.
Das Oesterr. und Französ. Recht erklären alle erzwungenen Rechtsgeschäfte für
nichtig, das Sächsische erachtet Rechtsgeschäfte unter Lebenden in Folge Z. für an-
fechtbar, Verfügungen von Todeswegen, soweit sie erzwungen sind, für nichtig.
In der Theorie des Preuß. Rechts ist die Frage streitig. Rechtsgeschäfte unter
Lebenden konvalesziren indessen durch späteres Anerkenntniß nach gehobenem Z. ex
tunc, was für bloße Anfechtbarkeit spricht. Formelle letztwillige Verfügungen unter-
liegen der Anfechtung wegen Z. regelmäßig nicht; wenn jedoch der instrumentirende
Richter am Z. durch Mitwissenschaft betheiligt ist, so ist die Verfügung nichtig.
Dem Preuß. Recht eigenthümlich war eine Pflicht des Gezwungenen zu gerichtlicher
Anzeige von dem Z. binnen einwöchentlicher Frist nach der Hebung desselben. Ver-
säumniß dieser Anzeige erschwerte den Beweis: eine Vorschrift, die durch die CPO.
beseitigt ist.
Im Strafrecht exkulpirt Z. den Genöthigten, wenn er durch unwiderstehliche
Gewalt oder durch eine Drohung, die mit gegenwärtiger, auf andere Weise nicht
abzuwendender Gefahr für Leib und Leben des Thäters selbst oder seiner Angehörigen
verbunden war, zur That gezwungen ist. Andererseits ist Nöthigung in mehrfacher
Beziehung strafrechtswidrig, crimen vis.
Lit. u. Gsgb.: v. Savigny, System, III. § 114.— Schliemann, Die Lehre vom
Zwange, 1861. — Aarons in Schletter! s Jahrbb. VIII. S. 9 ff. — Dworzak in
aimerl's V. J. Schr. IX. Lit. S. 36 ff. — Bekker in seiner und Pözl's V.J. Schr.
III. S. 180 ff. — Schloßmann, Zur Lehre vom Zwange, 134. — Oesterr. BGB. 88
55, 565, 870, 877. — Code eiv. art. 1109—1117. — Sächs. BGB. §#§ 93, 830—832,
1593, 1625, 2078, 2083. — Preuß. Allg. LR. I. 4 88 31—51; 123 §§ 24, 25. — Ntrafes B.
88 52—240, 339, 358, 253, 114, 122, 176. Eccius.
Zwangsvergleich (v. Bar, Th. I. Suppl. S. 91) ist nach der Deutschen
KO. ein im Wege gerichtlicher Verhandlung zwischen dem Gemeinschuldner und der
Mehrheit der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger abgeschlossener und vom Kon-
kursgerichte bestätigter Vergleich, durch welchen nach Befriedigung bzw. Sicherstellung
der Massegläubiger und bevorrechtigten Konkursgläubiger dem Gemeinschuldner unter
Aufhebung des Konkurses die Disposition über seine Güter gegen Sicherstellung oder
Befriedigung aller nicht bevorrechtigten Konkursforderungen zu bestimmten Prozenten
wieder zurückgegeben wird. Die Oesterreichische KO. kennt im gemeinen Konkurse
einen „Vergleich“ nur mit freier Einwilligung der Gläubiger, einen „Zwangs-
ausgleich“ statuirt sie allein im kaufmännischen Konkurse, und regelt ihn in der
Hauptsache nach gleichen Gesichtspunkten, wie die Deutsche KO. Die letztere nun
läßt den Z. in jedem Konkurse zu, selbst bei Aktiengesellschaften, bei welchen Vor-
steher und Liquidatoren die Gesellschaft zu vertreten haben; nur bei Genossenschaften
hat sie ihn als mit der eigenthümlichen Haftung der Genossenschafter unverträglich
ausgeschlossen. Der Z. kann eine Stundung, einen theilweisen Erlaß der Forderung,
welchen aber Bürgen und andere Interzedenten des Gemeinschuldners nicht geltend
machen können, eine außergerichtliche Liquidation oder sonstige Befriedigungsweisen
festsetzen, wie die Parteien einig werden, nur sollen die Rechte für alle nicht be-