Zwischenraum zwischen Gebäuden. 1505
Fürsten braucht aber der Usurpator gar keine Rücksicht zu nehmen: ist er wirklich
im Besitze der höchsten Gewalt über das ganze Land, nicht blos über einen Theil
desselben oder seiner Bewohner, ist er also wirklich der einzige Staatsherrscher, der
frühere Landesherr vollständig depossedirt, so kommt der letztere überhaupt gar nicht
mehr in Betracht. Er hat mit dem Verluste der Staatsgewalt, in deren Besitze
seine staatsrechtliche Stellung bestand, diese letztere verloren, und nur ein moralisches
Verhältniß kann zwischen ihm und seinen früheren Unterthanen bestehen bleiben.
Mit dem Verluste der Souveränetät hat er aber auch die Möglichkeit verloren, als
völkerrechtliche Kriegspartei dem Usurpator gegenüber in Betracht zu kommen.
Von wirklicher Bedeutung kann sonach die Frage nach dem Rechtsgrunde der
Stellung des Usurpators und nach der Rechtmäßigkeit der von ihm ausgegangenen
Herrschaftsakte erst dann werden, wenn der Usurpator wieder gestürzt und der früher
verdrängte Staatsherrscher wieder eingesetzt wird, wenn also der Usurpator im eigent-
lichen Sinne des Worts nur eine Zwischenherrschaft geführt hat. Daß diese
nicht auf Grund einer Anerkennung von Seiten des Volks oder des Auslandes als
eine rechtmäßige Herrschaft angesehen werden könne, geht aus dem Vorigen hervor;
nur der Verzicht der rechtmäßigen Herrscherfamilie auf den Thron und die hierauf
folgende Erwählung oder sonstige Erhebung des Usurpators würde diesen zu einem
vollkommen legitimen Herrscher machen können. Ein solcher Verzicht pflegt aber
niemals geleistet zu werden. Wenn sonach die Gültigkeit der Herrschaftshandlungen
des Zwischenherrschers von seiner Legitimität abhängen sollte, so müßten dieselben
als null und nichtig, d. h. die Restauration des legitimen Herrschers müßte als
ein wirkliches Postliminium (ovgl. diesen Art.) angesehen werden. Dies ist aber
durchaus unzulässig: die Herrschaft des Usurpators rechtfertigt sich durch ihre Noth-
wendigkeit zur Erhaltung des Staates. Auch nach der Vertreibung des legitimen
Fürsten mußte der Staat existiren; da dieser aber nur durch die Staatsgewalt
existiren kann und diese sich in den Händen des Usurpators befand, so war der
letztere durch den Besitz der Herrschaft auch zur Herrschaft berechtigt, und ebendeshalb
müssen seine Herrschaftsakte, wenn sie nur überhaupt nach den während der 3.
geltenden Rechtsnormen gültig sind, auch von dem restaurirten Souverän als fort-
dauernd gültig anerkannt werden, natürlich unbeschadet seines Rechts, sie auf ver-
fassungsmäßigem Wege zu beseitigen. Nur die unmittelbar zur Legalisirung der
Stellung des Usurpators aufgestellten Rechtsnormen werden mit der Restauration
ipso jure nichtig, weil ohne ihre Beseitigung die Restauration überhaupt nicht
möglich wäre.
Lit.: W. Pfeiffer, Inwiefern em „#egierungshandlungen eines 0 Zwischenherrschers
für den actanen Regenten verbindlich 1818. L. Schaumann, Die rechtlichen Ber-
hältnisse des legitimen Fürsten, des zadlich 1s * dvdes unterjochten Volks, Kassel 1820. —
H. A. gavagi in der Tübinger Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, Bd. K.
S. 8 H. Zöpfl, Grundsätze des Gem. Deutschen Staatsrechts, 4. Aufl. Bd. I. 8§
5517a . — S. Brie, Die Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt. Heidelb. 1866. —
F. Brockhaus, Das Leitinitstöprinzip Leipz. 1868, S. 233 ff., 322 ff. — G. Meyer, Lehrb.
des Deutschen Staatsrechts, 87 F. Bro ckhaus.
Zwischenraum zwischen Gebäuden (Th. I. S. 501). Im Gem. Recht
ist die Pflicht des Grundstücksbesitzers, mit seinen aufzuführenden Baulichkeiten eine
bestimmte Strecke von dem Nachbargrundstück entfernt zu bleiben, nicht begründet.
Hier setzt also dieselbe eine besonders konstituirte Servitut voraus. Partikularrechtlich
dagegen finden sich derartige Bestimmungen. Dahin gehört die Vorschrift, daß ein
Neubau soweit von der Grenze des Nachbargrundstücks zurücktreten muß, daß nicht
die Dachtraufe des ersteren auf das letztere fällt, eine Beschränkung, von welcher der
Grundstücksbesitzer, abgesehen von der Bestellung einer entgegengesetzten Servitut,
durch Anlegung einer Rinne zur Abführung des Regenwassers sich befreien kann
(Reyscher, S. 6). Weiter ist dahin zu zählen die Anordnung, daß, wenn auf
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 8. Aufl. 95