Testamentseröffnung. 871
sagt ist, der Verschwender; 3) der schreibunfähige Stumme (nach Justinian's Vorschrift
nur der Taubstummgeborene); 4) das Hauskind, soweit es nicht als paterfamilias
gilt (kastrensisches Vermögen). Fernere Beschränkungen des Röm. und Kan. Rechts,
gewisse Verbrechen betreffend, sind theils nicht rezipirt theils dem heutigen Gemeinen
Recht entschwunden. So auch die Forderung Deutscher Statute, daß der auf den
Todesfall Verfügende bei voller Lebenskraft (nicht auf dem Siechbette) gewesen;
endlich die Verleihung der facultas testandi durch landesherrliches Privileg. — Zur
Umgestaltung der Testirfähigkeit veranlaßten das neuere gemeine wie partikuläre
Erbrecht das Aufkommen des Erbvertrages, die Abschwächung der väterlichen Ge-
walt, die Unbestimmbarkeit der Geschlechtsreife, die Ausbildungsmittel für Taub-
stumme. Den Fortschritt, die Unfähigkeit eines Wahnsinnigerklärten auch auf sog.
lichte Zwischenräume zu erstrecken, hat der Code civ. gemacht; das Preuß. Allg. LR.
spricht von Personen, die nur zuweilen des Verstandes beraubt sind, und beschränkt
auf diese die Testirfähigkeit in lichten Zwischenräumen. Grundsatz der neueren Rechte:
wer unter Lebenden verfügungsfähig ist, kann in der Regel auch auf den Todesfall
verfügen, soweit er nicht dessen durch Erbvertrag sich begeben hat. Unfähig sind,
außer dem wahn= oder blödsinnig erklärten Bevormundeten: 1) der Taube, Stumme
und Taubstumme, welcher sich schriftlich oder mündlich auszudrücken nicht vermag:
2) wer das vierzehnte bzw. sechzehnte oder achtzehnte Jahr noch nicht zurückgelegt
hat; 3) Mönch und Nonne nach abgelegtem Klostergelübde. Der gerichtlich erklärte
Verschwender ist bald unfähig (Sachsen), bald auf Verfügung über die Hälfte des
Nachlasses beschränkt (Preuß. u. Oesterr), bald vollkommen fähig (Zür. u. Hesf.
Entwurf). Die Unfähigkeit von Verbrechern ist nunmehr für Deutschland theils
durch Praxis, theils durch das RStraf GB. beseitigt. Das Testiren ist, wie schon
nach Röm. Recht, so auch nach heutiger Gesetzgebung ein höchstpersönlicher Akt, das
Testament Ausdruck des eigenen individuellen Willens; deshalb dabei jegliche Ver-
tretung bzw. Ergänzung durch andere Personen (Vormund, Hausvater, Ehemann)
ausgeschlossen.
Lit. u. Quellen: Glück, Bd. 33 u. 34. — Tewes, P#len g 21. Windscheid,
Lehrb., III. § 539. — Inst. 2, 12; D. 28, 1; C. 6, 22. — Preuß. Allg. ½ 12 8§§ 9 ff.,
36 ff. II. 1 § 25 (oal. Verordnung v. 2. Febr. 1810: II. 11 n 1199 ff. — Oesterr.
BGB. S5 60fl. — — Deutsches Str . 32. — Code civ. art. 25, 504, 903 ss.; 975, 1098 ss. —
Sächs. Be#B. §§ 2066 ff., 2074 ff., 2102. — Momnsen, Erbr.-Entw., 88 46 —n
Testamentseröffnung (Thl. I. S. 467). In Anlaß einer testamentarischen
Erbtheilen auferlegten Steuer (I. Julia vicesimaria, a. u. 759) war bei den Römern
solenne obrigkeitliche Eröffnung der schriftlichen, von den Zeugen versiegelten Testa-
mente und Kodizille vorgeschrieben, zerfallend in die Akte: Rekognition der Siegel,
Apertur, Verlesung (soweit nicht statthafterweise vom Testator verboten), Abschrift-
nahme, Niederlegung im Archive, Protokollaufnahme über das ganze Verfahren.
Auch nach Abschaffung jener Erbschaftssteuer erhielt sich zwar die Eröffnung, jedoch
als erforderlich im Gemeinen Rechte nur a) bei obrigkeitlich ausgenommenen oder in
obrigkeitlichem Gewahrsam verbliebenen Testamenten, b) wenn vom Testator an-
geordnet, c) auf Antrag interessirter Personen, d) wenn die durch andere Umstände
gebotene amtliche Erbregulirung ein Testament vorfindet. Im Anschluß hieran hat
die neuere Gesetzgebung zwar die Voraussetzungen verschieden, dagegen das Verfahren
bei der gerichtlichen Eröffnung (Entsiegelung) und Bekanntmachung (Verlesung)
letztwilliger Verfügungen im Wesentlichen übereinstimmend geregelt. Diefelbe erfolgt
auf Antrag der Berechtigten, event. von Amtswegen innerhalb bestimmter Frist
(Preußen 6 Wochen, Sachsen 30 Tagen) vom Tode bzw. Todterklärung des
Testators — bei gemeinschaftlichem Testament eines der Testatoren — auf dazu
anberaumtem Termin im Beisein der geladenen Betheiligten bzw. ihrer Vertreter unter
Aufnahme eines Protokolls. Die nicht anwesenden, im Testamente bedachten Personen
werden von dem sie betreffenden Inhalt amtlich verständigt.