Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Zweite Hälfte. Stolgebühren - Zypaeus. (2.3.2)

874 Testamentum oorreapeotivum unb roolprooum. 
zum T.“, ist der letztere ermächtigt, unter Ausschluß der Erben alle Rechtsgeschäfte 
mit bindender Wirkung für diese vorzunehmen, welche zur Ausmittelung, Kon- 
stitninung und Vertheilung des Nachlasses nach Maßgabe des Testaments nöthig 
sind, ein Wirkungskreis, welchen ihm das Preuß. Allg. LR. Anh. § 157 zu Thl. II. 
Tit. 18 § 421 ausdrücklich beilegt. Deshalb hat der T. das Recht, den Besitz 
der Nachlaßmasse zu verlangen und zu diesem Behufe nöthigenfalls das remedium 
ex 1. ult. C. de ed. div. Hadriani toll. 6, 833 anzustellen. Ist er zur Gewahrsam 
der Erbschaft, welche er vertheilen soll, gelangt, so ist er nicht etwa Detentor im 
eigentlichen Sinne, wie Viele meinen, sondern er ist Besitzer der einzelnen Ver- 
mögensstücke, indem er sowol hinsichtlich des corpus wie auch des animus den 
Erben ähnlich, wie der Vormund den Mündel, repräsentirt. Soweit es seine vor- 
hin näher charakterisirte Stellung erfordert, muß er auch für aktiv und paffiv 
legitimirt in den die Erbschaft betreffenden Prozessen angesehen werden, d. h. also 
insoweit als diese Rechtsstreitigkeiten in den Kreis derjenigen Angelegenheiten fallen, 
welche zur Ausmittelung, Konstituirung, interimistischen Verwaltung und Konsti- 
tuirung des Nachlasses nöthig sind; andererseits aber auch nur insoweit, als das 
Recht nicht schon dem Testator selbst die Befugniß entzieht, dem eigentlich pro- 
zessualisch Legitimirten einen Anderen, d. h. hier den T., zu substituiren. Mit 
Rücksicht auf das zuerst Bemerkte erscheint er aktiv legitimirt zur Einklagung der 
Nachlaßaktiva und passiv für die Klagen der Legatare, mit Rücksicht auf das letztere 
aber nicht passiv legitimirt für die Prozesse der Nachlaßgläubiger und die erbrecht- 
lichen Klagen, wie die hereditatis petitio. Während diese Grundsätze auch für das 
Gebiet des hier äußerst lückenhaften Preuß. Allg. LR. ebenfalls zur Anwendung 
kommen müssen, schränkt sowol der Code civ. art. 1026 ss. wie auch das Sächs. 
BGB. 8§ 223 ff. den T. in den gedachten Beziehungen erheblich ein. Für das 
Verhältniß des T. zu Erben in Betreff der von ihm geführten Verwaltung (also 
z. B. Haftung für Versehen, Recht auf Erstattung der Auslagen, Rechnungslegung) 
werden analog die über die vormundschaftliche Verwaltung geltenden Grundsätze 
herangezogen werden können, und ebenso erscheint es gerechtfertigt, den T. nach 
Analogie des Vormundes wegen ungetreuer und unredlicher Verwaltung auf Antrag 
der Erben zu removiren, ein Grundsatz, den das Sächs. BG. § 2241 adoptirt 
hat, während es in der erstgedachten Beziehung (§ 2244) auf die Grundsätze vom 
Mandat verweist. 
Lit.: J. Scholz der Deitte, Ueber Tsstomentsvolhieher Altenb. 1841. — Mühlen- 
bruch, onde von Glück, XLiii. S. 0 ff. — — Beseler in der Weitschr. f Deutsches 
Recht, Bb. S. 144 ff. — sts — f prakt. Rechtswissensch., 134 ff. — 
P. Msotsn. Preuß. Anwaltszeitung, Jahrg. 1866, S. 753, 771, ge M.s in F. 
und P. Kinfchiüs, Ztschr. für Gesetzgebung 25 Rechtspflege in Preußen, Jahrzang“ 1868, 
S. 518, 656. P. Hinschius. 
Testamentum correspectivum und reciprocum. Gemeinschaftliches Testa- 
ment (test. simultanea) nennt man das von zwei oder mehr Erblassern in Einer 
Urkunde (also schriftlich, bei nur einmaliger Beobachtung der Förmlichkeiten) er- 
richtete. Nach Röm. Recht, schon wegen Unvereinbarkeit mit der unitas actus, 
grundsätzlich ungültig (die von Justinian nicht ausgenommene Nov. valent. III. 
bezog sich auf ein test. principi oblatum), zugelassen nur für Soldaten im Feldzuge, 
hat gleichwol aus der Praxis des Mittelalters diese Verbindung der Testamente 
Mehrerer in Einem Testirakte — begünstigt durch mangelhafte Scheidung zwischen 
Deutschem Erbvertrage und Röm. Testament — sich eingebürgert und in den neueren 
Gesetzbüchern (mit Ausnahme jedoch des Code civil) Aufnahme gefunden, vorwiegend 
aber nur für Ehegatten; und zwar meist so, daß die Erblasser sich gegenseitig 
(wechselseitig) zu Erben einsetzen, ein sog. t. reciprocum s. mutuum errichten. Haben 
sie obendrein auf ihr Widerrufsrecht unzweideutig verzichtet, so liegt überall kein 
Testament, sondern ein Erbvertrag vor. Entgegengesetzten Falls kann das gemein-
	        
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