Thatbestand. 875
schaftliche Testament mit wechsflseitiger Erbeinsetzung zugleich die ausdrückliche oder
stillschweigende Voraussetzung enthalten, daß der Widerruf der Erbeinsetzung seitens
des Einen auch die abseiten des Anderen angeordnete beseitigen, oder überhaupt der
rechtliche Bestand des einen Testiraktes von dem des anderen abhängig sein und
bleiben solle ((. correspectivum); für welche Voraussetzung die herrschende Meinung,
jedoch mit Unrecht, sogar eine Rechtsvermuthung aufstellt. Ist aber auch wirklich
die wechselseitige Erbeinsetzung korrespektiv gemeint, so gilt dies doch nicht ohne
Weiteres für den übrigen Inhalt des Testaments. Unzweifelhaft ist, aus dem Wesen
des Testaments selbst, daß jeder Erblasser, solange beide am Leben sind, seine eigene
Verfügung einseitig widerrufen kann; bestritten und verschieden normirt dagegen, ob
der Ueberlebende auch dann noch, wenn er bereits die Erbschaft des Erstverstorbenen
angetreten hat. Haben die Erblasser (also Ehegatten, bzw. Verlobte unter Voraus-
setzung ihrer Eheschließung) ihre beiderseitigen gesetzlichen Erben bzw. „Verwandten“
auf den Todesfall des Längstlebenden zu Erben eingesetzt, so bestimmen sich die
gesetzlichen Erben auch des Erstverstorbenen im Zweifel ex nunc, d. h. nach der
Todeszeit des Ueberlebenden (anders, wenn der Längstlebende nicht Erbe sein, sondern
nur in Besitz und Genuß des Gesammtvermögens leben sollte), und verbleibt diesen
auch bei Widerruf des Ueberlebenden der Nachlaß des Erstverstorbenen als Erb-
schaftvermächtnß
Lit. Quellen: Hartmann, Erbvertr. und gemeinsch. Testam. (1860). —
Heinzerl# im Arch. hi pratt K . X. (1875). — Tewes, Syst., § 34. — Wind-
cheid, ehtbe III. § 568. — c. 19 C. 2, 3. — Nov. Valent. III. tit. XX. c. I. — Preuß.
Ug e I 12 §614111§S48ss—codemva.rt968—OesterrBGB§§583
— Sach BGB §§ 2196 ff., 2214. — Mommsen, Erbr.-Entw., §§ 1 u, ff.
Thatbestand (ein Ausdruck, welchen Schütze heftig anfeindet, der aber
gleichwol sehr bezeichnend ist) nennen wir im Strafrecht den Inbegriff sämmtlicher
Merkmale des Verbrechens. Man muß übrigens unterscheiden: 1) Allgemeinen
und besonderen T. Unter dem ersteren versteht man die Gesammtheit der
Merkmale des Verbrechensbegriffs überhaupt und von ihm wird im allgemeinen
Theil des Strafrechts gehandelt. Jedes Verbrechen hat aber auch seinen besonderen
T., welcher es der Art nach von jeder anderen Verbrechensart unterscheidet und von
besonderen T. der einz##nen Verbrechensarten (des Raubs, Mords u. s. w.) wird
im besonderen Theil des Strafrechts gehandelt. 2) Der Gegensatz von subjektivem
und objektivem T. beruht darauf, daß sich an dem Verbrechen wie an jeder
Handlung eine subjektive (die Willens= und eine objektive (die That-) Seite unter-
scheiden läßt. Der Inbegriff aller subjektiven Merkmale (Zurechnungsfähigkeit,
Willensrichtung u. s. w.) bildet den subjektiven Thatbestand. 3) In einer eigen-
thümlichen, leicht mißzuverstehenden Weise gebraucht man das Wort T. im Straf-
Prz. Man spricht da namentlich vom Beweis des T. (etwa auch des corpus
delicti) im Gegensatz zum Beweis der Thäterschaft. Unter ersterem versteht man
dann den Nachweis, daß ein bestimmter verbrecherischer Vorgang sich ereignet habe,
mit Inbegriff auch des etwaigen Nachweises, daß der That ein gewisser Dolus oder
eine Fahrlässigkeit zu Grunde liegen müsse, aber mit Ausschluß des Beweises, daß
eine bestimmte Person als des Verbrechens schuldig zu bezeichnen sei (welchen Beweis
man ungenau Beweis der Thäterschaft nennt, da man auch Beweis der Theilnahme
mit darunter versteht). Der Unterschied hängt zusammen mit der alten Eintheilung
der Inquisition in General= und Spezialinquisition, deren erstere die Untersuchung
der That umfassen sollte, während die letztere die Richtung gegen eine bestimmte
Person hatte. Aber die Grenzen sind hier wie dort nicht festzuhalten; die Unter-
suchung der That giebt eben häufig zugleich Aufschluß über subjektive Momente,
wie wir oben schon betreffs des Beweises des T. erwähnt haben.